Über zwei Jahrezehnte hinweg war die Fernseh-Situation für deutsche Formel-1-Fans außergewöhnlich komfortabel. Wer nichts für die Übertragungen bezahlen wollte, schaute RTL, und wer sich dort an den Werbeunterbrechungen störte, ging eben zu Sky. 2018 galt diese Regel aber plötzlich nicht mehr. "Wir haben uns nicht dazu überzeugen lassen, einfach so weiterzumachen", sagte Sky-Chef Carsten Schmidt vor einem Jahr und spielte damit wohl auch auf die fehlende Exklusivität an, die man in Unterföhring schon zuvor häufig bemängelt hatte. Freuen durfte sich RTL, das fortan quasi alleiniger Rechtehalter war - zumal das kostenpflichtige Streamingangebot F1TV, das die Formel 1 kurzerhand aus dem Boden stampfte, eher stiefmütterlich behandelt wurde.

Echte Fans konnten über diesen Umweg zwar weiter alle Rennen in voller Länge sehen, bekamen aber die Kommentatoren von RTL vorgesetzt - und die schwiegen eben, wenn sich der Privatsender gerade in der Werbepause befand. Abgesehen von RTL, wo man sich nach dem Sky-Rückzieher über steigende Zuschauerzahlen freuen durfte, schien es vielerorts Unzufriedenheit zu geben über die Situation. Jean Todt, Chef des Automobil-Weltverbands FIA, schimpfte gar in einem Interview lautstark über die vielen Werbeunterbrechungen des Privatsenders. "Wenn ich ein deutscher Formel-1-Fan wäre und RTL sehen würde, sorry, dann wäre ich über die Formel 1 frustriert", so sein wenig freundliches Fazit.


Roman Steuer© Sky
Wenig später war zu lesen, dass die Formel 1 bereits an einer Rückkehr bei Sky arbeitet. Doch während zunächst noch davon die Rede war, F1 TV auf der Sky-Q-Plattform zu integrieren, stand plötzlich sogar eine Rückkehr zum bewährten Modell im Raum, auch zur Überraschung der Verantwortlichen in Unterföhring. "Erst vor einigen Wochen hat sich die Möglichkeit, die Formel-1-Rechte erwerben zu können, verdichtet. Von diesem Moment an ging alles sehr, sehr schnell", sagt Sky-Sportchef Roman Steuer im Gespräch mit DWDL.de. So schnell, dass es nicht mehr möglich war, den langjährigen Experten Marc Surer zu verpflichten, der sich in der Zwischenzeit schon an das Schweizer Fernsehen gebunden hatte.

Dennoch ist es gelungen, innerhalb kurzer Zeit einen äußerst prominenten Namen zu verpflichten: Surers Job übernimmt mit dem Saison-Start in dieser Woche Ralf Schumacher, wie der Bezahlsender jetzt ankündigte. "Mit seiner Erfahrung aus mehr als zehn Jahren in der Formel 1, wird er unsere Berichterstattung sehr bereichern", ist sich Steuer sicher. Bei mehr als der Hälfte aller Rennen werde Schumacher an der Seite von Sascha Roos sitzen, der als bewährte Stimme wieder mit dabei ist. Daneben setzt Sky auf wechselnde Co-Kommentatoren. Um wen es sich dabei handelt, will der Bezahlsender erst in den nächsten Wochen bekanntgeben.

"Es war nie so, dass wir die Formel 1 nicht mehr zeigen wollten."
Sky-Sportchef Roman Steuer

Anders als bei RTL, werden die Sky-Kommentatoren jedoch nicht vor Ort sein. Zumindest die neue Moderatorin Sandra Baumgartner, die schon seit 2011 für Sky Sport News HD im Einsatz ist und in den vergangenen Jahren den Schwerpunkt auf die Formel 1 legte, tritt dagegen zum Saison-Start die Reise nach Melbourne an, um neben der Rennstrecke auf Stimmenfang zu geben. Ergänzen will Sky seine Berichterstattung um Interviews der englischen und italienischen Sky-Kollegen - so wie das auch in der Vergangenheit bereits der Fall gewesen ist. Punkten will man darüber hinaus mit dem sogenannten "Race Control", das neben dem Rennsignal und der Timing-Page auch Bilder von On-Board-Kameras und der Boxengasse umfasst. Neu sind die Highlights, die künftig über Sky Q zum Abruf bereitstehen.

Manfred Loppe© MG RTL D / Stefan Gregorowius
Bei RTL gibt man sich mit Blick auf die Formel-1-Rückkehr von Sky betont gelassen. "Wir nehmen die neue, alte Konkurrenz sportlich und selbstbewusst hin. RTL war, ist und bleibt – ob mit oder ohne Pay-TV-Konkurrenz – die erste Adresse für alle Motorsportfans", sagt RTL-Sportchef Manfred Loppe gegenüber DWDL.de. "Nur bei uns bekommen die Zuschauer die Formel 1 kostenlos frei Haus geliefert – präsentiert von einem Team, das mit seinem Mix aus Insider-Wissen, junger Ansprache und Erfahrung konkurrenzlos ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir trotz der verlorenen Exklusivität in diesem Jahr sehr gut performen können."

Roman Steuer von Sky beteuert indes, dass man das Interesse an der Formel 1 in der Vergangenheit keineswegs verloren habe. "Es war nie so, dass wir die Formel 1 nicht mehr zeigen wollten", sagt er. "Aber Sky hatte sich vor dem Hintergrund nicht vertretbarer Investitionen entschieden, auf die Formel 1-Rechte für die Rechteperiode 2018 zu verzichten. So gesehen scheiterte es an den Rahmenbedingungen und am Vorhaben der FOM, ein eigenes Angebot zu machen." Der Wunsch, irgendwann wieder in die Übertragungen einzusteigen, sei jedenfalls groß gewesen - "wenn die Rahmenbedingungen passen".

Und das ist jetzt offensichtlich der Fall, auch wenn nicht bekannt ist, wie viel Geld der Pay-TV-Anbieter für die Rechte bezahlt. Geholfen haben womöglich auch die Zuschauer, schließlich war Formel 1 über all die Jahre hinweg abseits des Fußballs die beliebteste Sportart bei Sky. "Wir hören wir auf die Wünsche zahlreicher unserer Kunden, die die Art, wie wir die Formel 1 zeigen, im vergangenen Jahr vermisst haben", betont Steuer. Dass man die Rechte nun doch wieder nicht exklusiv hält, scheint man in Unterföhring vorerst verschmerzen zu können. "Die Situation, dass wir uns die Rechte geteilt haben, war in 22 Jahren immer die gleiche. Andere Modelle waren zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich."

Und was können die Fans sportlich erwarten? "Ich wünsche mir eine spannende Saison, in der die deutschen Fahrer eine große Rolle spielen werden. Da bin ich mir zumindest bei Sebastian Vettel nach den ersten Testergebnissen relativ sicher", sagt Sky-Sportchef Roman Steuer. Und sein RTL-Kollege Manfred Loppe ergänzt: "Wenn man sich mit diesem faszinierenden Sport auseinandersetzt, muss man einfach optimistisch sein. Das es dann im Verlauf einer langen Saison nicht immer so läuft, wie man es aus Fan- und TV-Sicht wünscht, gehört dazu. Nach den Testergebnissen in Barcelona sind wir uns alle allerdings sicher, dass wir eine der spannendsten Saisons der letzten Jahre erleben werden. So eng waren die Topteams noch nie zusammen - mit leichtem Vorteil Ferrari."

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