Sollte man in Unterföhring davon geträumt haben, Sat.1 wieder ein Stück weit Richtung Zweistelligkeit treiben zu können, so hat man sich bitter getäuscht. Die zurückliegende Saison war für den Privatsender in gleich mehrerlei Hinsicht eine enttäuschende: In sieben von neun Monaten lag Sat.1 unter dem Vorjahreswert und in gleich fünf Monaten schaffte man nicht mal mehr acht Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen. Die Gründe für die schlechte Performance sind vielfältig, doch am augenscheinlichsten ist die große Schwäche am Vorabend. Dort hat man sich inzwischen zwar komplett von der Scripted-Reality-Farbe getrennt, doch ab 18:00 Uhr stürzen die Quoten regelmäßig ins Bodenlose. 

Auch nach Monaten haben die Sat.1-Zuschauer keinerlei Gefallen am Tandem aus "Endlich Feierabend" und "Genial daneben – Das Quiz" gefunden, an schlechten Tagen erzielen das Magazin und die Show nur Werte um drei Prozent. Selbst kleine Sender wie Nitro und ZDFneo liegen nicht selten vor Sat.1. Man kann Sat.1 nicht vorwerfen, hier keinen langen Atem bewiesen zu haben - doch belohnt wurde das nicht. Am gestrigen Dienstag wurde nun bekannt, dass zumindest für "Endlich Feierabend" Ende Juli Schluss ist.

Das Problem: Was immer Sat.1 derzeit am Vorabend startet, es wird kaum wahrgenommen. Bestes Beispiel dafür war die Soap "Alles oder nichts", die der Sender zu Jahresbeginn nach nur 50 Folgen aus dem Programm nahm, als die Marktanteile bei weniger als zwei Prozent lagen. Auch eine Weihnachts-Doku und eine Erfinder-Show brachten nicht den gewünschten Erfolg. Dass Sat.1 in der Bilanz nicht noch schlechter dasteht, hat man ein Stück weit der Konkurrenz aus Köln zu verdanken. Seit RTL am Nachmittag fast komplett auf Scripted Reality verzichtet, steigen die Quoten von "Auf Streife" und "Klinik am Südring", sodass zumindest hier vorerst kein Handlungsbedarf besteht. Hinzu kommt das "Frühstücksfernsehen", das weiterhin hervorragend läuft.

Verlassen kann sich Sat.1 zudem am Wochenende auf Formate wie "The Biggest Loser", "Das große Backen" oder "Hochzeit auf den ersten Blick". Doch das war's dann auch beinahe schon mit den Stützpfeilern. Selbst "The Voice of Germany" geriet in der zurückliegenden Saison in eine ernstzunehmende Krise und hielt sich zwischenzeitlich nur mit Mühe im zweistelligen Marktanteils-Bereich. Die latente "Voice"-Müdigkeit wirkte sich zudem auf die Ableger der Musikshow aus, zu denen inzwischen neben "The Voice Kids" auch "The Voice Senior" zählt. Die Senioren-Castingshow legte zwar einen guten Start hin, blieb zum Ende hin aber ebenso einstellig wie die jüngste Kids-Staffel. Das peinliche Finale, das ohne Coaches und große Bühne auskommen musste, machte die Sache nicht besser.

Wenig Erfolg für Serien- und Show-Neustarts

Auch der Wunsch, mit "Dancing on Ice" neuen Schwung in den Sonntagabend zu bringen, erfüllte sich allenfalls bedingt. Dass die aufwendig produzierte Show ausgerechnet in der Dschungelcamp-Zeit lief, erschwerte das Unterfangen zusätzlich. Durchwachsene Quoten gab's in aller Regel auch für die Shows am Mittwoch, der Neustart "Top Chef Germany" fiel zudem komplett durch. Und auch die Show-Offensive am Freitagabend ist trotz mehrerer Neustarts vorerst verpufft. Bülent Ceylans "Game of Games" geriet ebenso zur Enttäuschung wie "Big Blöff" und auch die neue Balder-Show "Was für ein Jahr" konnte mit den ersten beiden Folgen noch nichts reißen.

Damit nicht genug: "Die Martina Hill Show" erwies sich nach gelungenem Start ebenfalls als Flop. Wie gut, dass sich Sat.1 auf Luke Mockridge verlassen kann, dessen Shows weiterhin funktionieren – sofern er denn auch selbst eine zentrale Rolle darin spielt. Die Parcours-Show "Catch!" holte gute Quoten, als Mockridge selbst teilnahm, geriet später aber unter die Räder, als er nur noch abseits des Spielfelds zu sehen war. Hier müsste Sat.1 im Falle einer Fortsetzung also nachbessern.

Und dann waren da auch noch die Serien: Während die US-Produktionen inzwischen fast durchweg einstellige Marktanteile verzeichnen, versagten die beiden Eigenproduktionen "Einstein" und "Der Bulle und das Biest" auf ganzer Linie und erhalten daher auch keine Fortsetzung. Einmal mehr muss Sat.1 in diesem Segment also wieder bei Null beginnen. Etwas besser schlugen sich zumeist die zuletzt vom Dienstag auf den Montag geschobenen Spielfilme – zweistellige Marktanteile blieben aber auch hier die Ausnahme. Meistgesehener Film war der Auftakt zur neuen "Julia Durant"-Reihe, doch auch der blieb letztlich bei kaum mehr als acht Prozent Marktanteil in der Zielgruppe hängen.

Entsprechend bitter fällt das Saison-Fazit aus: Die bestehenden Baustellen haben sich vergrößert und Neues hat Sat.1 - anders als die Kollegen bei ProSieben - kaum etablieren können. Das Fragezeichen, was das Publikum bei Sat.1 sehen möchte, ist angesichts dessen größer denn je. Wie heißt es so schön: Eine wahrhaft herausfordernde Ausgangslage für den Herbst.