Schon im Oktober 2019 hat der Privatsenderverband Vaunet seine Prognose für das Jahr angepasst und ging seither von rückläufigen Umsätzen in der klassischen Fernsehwerbung aus. Und auch 2020 wird der TV-Werbemarkt unter Druck bleiben, das zeigte zuletzt eine Umfrage der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM). Und auch eine Befragung der großen TV-Vermarkter von DWDL.de zeigt: Nahezu alle stellen sich auf ein ungemütliches Jahr ein. 

Thomas Wagner© ProSiebenSat.1
Das betrifft vor allem ProSiebenSat.1, wo allein die TV-Werbeumsätze im dritten Quartal 2019 um sechs Prozent sanken. Endgültige Zahlen für das abgelaufene Jahr gibt der Konzern am 5. März im Rahmen seiner Bilanzpressekonferenz bekannt. Thomas Wagner (Foto), Vorsitzender der Geschäftsführer des ProSiebenSat.1-Vermarkters SevenOne Media, spricht gegenüber DWDL.de von einem "herausfordernden" Jahr in Sachen TV-Werbung, sagt aber auch, dass man das digitale und smarte Werbegeschäft habe ausbauen können. "Daran sieht man: Wir haben auch im Werbegeschäft die Chance, die leicht sinkenden Erlöse aus linearer TV-Werbung durch das digitale & smarte Werbegeschäft immer besser auszugleichen." 2020 werde man die Bündelung von reichweitenstarken Vermarktungsprodukten über die Gattungsgrenzen hinweg vorantreiben. Bei der konjunkturellen Entwicklung sowie dem privaten Konsum erwartet Wagner einen eher negativen Trend, das wirke sich dann auch auf das Unternehmen aus. 

Zuletzt musste sich SevenOne Media bzw. ProSiebenSat.1 auch scharfe Kritik von der OWM anhören. Dort sprach man vor dem Hintergrund des ehemaligen Arbeitgebers von Max Conze von "geldgeilen Staubsaugervertretern". Hintergrund: SevenOne erhöhte seine Preise für kurze TV-Spots recht kurzfristig. Gegenüber DWDL.de sagt Wagner jetzt noch einmal, dass die Kommunikation nicht optimal gewesen sei. In der Sache bleibt er aber dabei. "Erstmals seit 18 Jahren hat SevenOne Media eine Preisanpassung für Kurzspots vorgenommen. Der Preis bei der nachfragestärksten Spot–Länge von 20 Sekunden hat sich dadurch um gerade mal 1,9 Prozent erhöht", so Wagner. 

Paul Mudter© IP Deutschland
Auch IP Deutschland hatte zuletzt mit sinkenden Umsätzen im Bereich der klassischen TV-Werbung zu kämpfen. Geschäftsleiter Paul Mudter (Foto) sieht sich mit der Ad Alliance im Rücken dennoch "bestens aufgestellt". Man habe sogar Marktanteile ausbauen können. Man betrachte den Werbemarkt inzwischen nicht mehr isoliert für einzelne Gattungen, sagt Mudter. "Kampagnenplanung wird immer ganzheitlicher und wir bieten die gesamte Klaviatur – das ist es, was uns am klarsten von internationalen Playern unterscheidet." Auch für 2020 ist Mudter optimistisch. Werbekunden würden immer genauer hinschauen, in welchen Umfeldern ihre Werbung platziert sei. "Hier sind wir mit unserem Portfolio in einer sehr komfortablen Position, in diesem Jahr noch erweitert um das Dienstleistungsmandat für die Vermarktung des Media Impact-Portfolios, und erwarten, dass sich das auch in unserer Entwicklung widerspiegelt." 2020 wird auch das erste volle Jahr des SevenOne/IP-Joint-Ventures d-force sein, beide Unternehmen wollen damit das Thema Addressable TV pushen. 

"Werbetreibende werden versuchen, noch kurzfristiger und unverbindlicher mit Budgets zu agieren."
Sky-Vermarktungschef Jacques Raynaud

Jacques Raynaud© Sky Deutschland
Recht deutliche Worte findet Sky-Vermarktungschef Jacques Raynaud (Foto), der Sky Media nach dem Abgang von Thomas Deissenberger inzwischen alleine leitet. "Das Jahr 2019 hielt eine ganze Reihe an Herausforderungen bereit", sagt er. Das habe verschiedene Gründe: Konjunkturelle, Unsicherheiten rund um den Brexit oder Sorgen wegen des Handelsstreits zwischen China und den USA. Trotz der Negativ-Entwicklung des Marktes sei Sky Media dennoch gewachsen. "Das Jahr 2020 wird ähnlich herausfordernd wie 2019. Werbetreibende werden versuchen, noch kurzfristiger und unverbindlicher mit Budgets zu agieren." Dennoch erwarte man auch in diesem Jahr eine positive Entwicklung. "Zunächst bedienen wir aus technischer Sicht alle Verbreitungswege, die man braucht, um dem aktuellen Sehverhalten gerecht zu werden. Zum anderen bieten wir großartigen Content, der werbliche Inhalte zusätzlich emotionalisiert."

"Aktuell gehen wir für den Gesamtmarkt von weiter leicht sinkenden Nettoumsätzen aus."
Stephan Karrer, Geschäftsführer El Cartel Media

2019 hat sich auch El Cartel Media neu aufgestellt, so schied etwa Geschäftsführer Andreas Kösling aus und wechselte zur Ad Alliance. Die Geschicke des RTLzwei-Vermarkters leitet inzwischen Stephan Karrer. Er spricht gegenüber DWDL.de von einem "zufriedenstellenden Jahr". Karrer: "Anders als gerne behauptet wird, ist TV quicklebendig. Wir und andere Sender gestalten die Medienzukunft aktiv mit. Mit neuen Werbeformen und technischen Innovationen zeigt die Branche, dass sie die erste Adresse für moderne Bewegtbildwerbung ist und bleibt. Wir können also selbstbewusst auftreten." Karrer kritisiert, dass es bei Google und Facebook noch immer an "transparenten und nachvollziehbaren Leistungsdaten" fehle. Man selbst könne den Reichweitenverlust im TV mittlerweile über digitale Kanäle "gut kompensieren". 

Stephan Karrer © El Cartel Media
Eine Prognose für 2020 sei schwierig, sagt der Chef von El Cartel Media. Zu unsicher seien viele Einflussfaktoren. "Aktuell gehen wir für den Gesamtmarkt von weiter leicht sinkenden Nettoumsätzen aus. Wir als El Cartel Media trauen uns ein gutes Jahr zu, denn wir sind inhaltlich klar positioniert und in der Vermarktung breit aufgestellt", so Stephan Karrer (Foto). Sehr zufrieden zeigt man sich auch bei Visoon Video Impact, das neben den Viacom-Sendern auch noch Welt und Zee.One vermarktet. Man habe die Ziele für 2019 erreicht, sagt Geschäftsführer Franjo Martinovic. Besonders im zweiten Halbjahr sei es gut gelaufen. "Damit ist unsere Strategie aufgegangen, sehr fokussiert auf die aktuellen Kundenbedürfnisse zu reagieren – mit einer sehr präzisen Zielgruppenaussteuerung und einer smarten Angebotsbündelung in Kombis, die die Komplexität für Werbungtreibende und Agenturen spürbar reduzieren."

Franjo Martinovic© Visoon
Befragt nach den Gründen für das grundsätzlich schwierige Jahr für die TV-Werbung sagt Franjo Martinovic (Foto), man bekomme von den Kunden immer wieder das Thema Fragmentierung zu hören. Es gebe inzwischen viele Angebote und damit auch "eine Erhöhung von Komplexität und Granulierung der Zielgruppen". Das mache die TV-Planung aufwendig und herausfordernd. "Dazu kommt die immer wiederkehrende Diskussion über das stark rückläufige Mediennutzungsverhalten von TV, die in der Pauschalität, wie sie häufig geführt wird, so nachgewiesenermaßen einfach nicht zutrifft."

Lesen Sie auf Seite 2: Auch die Öffentlich-Rechtlichen sind von Werberückgängen betroffen, können 2020 aber auf sportliche Großereignisse hoffen.