Es ist schon kurios: Noch am Sonntag mussten Bundesliga-Fans fürchten, dass das Montagsspiel zwischen Werder Bremen und Bayer Leverkusen überhaupt nicht zu sehen sein wird – und dann wird die Partie plötzlich auf gleich zwei Plattformen übertragen. Neben DAZN überraschte Amazon nur wenige Stunden vor dem Anpfiff mit der Ankündigung, sich kurzfristig mit der DFL auf eine vorerst einmalige Kooperation verständigt zu haben. Und so feierte Prime Video also kurzerhand seine Bundesliga-Premiere, die manch einer schon als Bewerbungsschreiben für die bald anstehende Rechtevergabe sieht.

Gemessen an den Umständen machte Amazon seine Sache durchaus gut, wenngleich es an manchen Stellen noch ein wenig hakte und der Kommentator die Tore mit einigem Zeitverzug bejubelte. Dass in der Kürze der Zeit überhaupt eine Übertragung mitsamt halbstündigem Vorlauf im Studio zustande kam, ist jedoch bemerkenswert. Allerdings setzte der Streamingdienst mit Moderatorin Anna Kraft und Matthias Stach am Mikrofon auch auf erprobtes Personal. Und an dieser Stelle wird es interessant, denn eigentlich stehen die beiden in Diensten von Eurosport, das sich derzeit bekanntlich im Clinch mit der Bundesliga befindet.

Tatsächlich unterstützte nach DWDL.de-Informationen zu weiten Teilen ausgerechnet Eurosport die Live-Übertragung für Amazon, womit die unglückliche Bundesliga-Geschichte von Eurosport um ein kurioses Kapitel reicher ist. Mit der Weigerung, die letzten Rate an die DFL zu überweisen, hatte die Eurosport-Mutter Discovery das Übertragungs-Chaos rund um das Rechte-Paket, das neben den Montagsspielen unter anderem auch die Partien am Freitagabend umfasst, erst ausgelöst. Dieses hatte man eigentlich zu Beginn der Saison an DAZN sublizenziert – doch ohne die Discovery-Zahlung drohte auch das DAZN-Bild schwarz zu bleiben.

DFL-Chef Christian Seifert ließ bereits durchblicken, dass es so weit nicht kommen würde. Man sei DAZN die Übertragung schuldig, sagte er und klang damit eher nach einem barmherzigen Samariter als einem knallharten Geschäftsmann. Dass kurzerhand auch noch Prime Video mitmischt, dürfte allerdings so gar nicht nach dem Geschmack von DAZN gewesen sein, das dringend exklusive Inhalte bräuchte, um die nicht durch lange Verträge gebundenen Kunden bei der Stange zu halten respektive zurückzugewinnen. So mancher Fußball-Fan, der für das Abendspiel einen Zehner bezahlt hätte, wird kurzfristig jedenfalls auf sein Prime-Abo ausgewichen sein.

Auch dieses neuerliche Chaos dürfte in erster Linie auf das komplexe Vertragswerk von Discovery zurückzuführen sein. Amazon scheint nämlich zu Beginn der Rechteperiode keinen ganz schlechten Deal mit den Kollegen ausgehandelt zu haben, immerhin sah sich Discovery in den vergangenen Monaten dazu gezwungen, über seinen bei Prime Video angebotenen Sender Eurosport 2 Xtra die von DAZN produzierten Bundesliga-Spiele zu zeigen – ein reichlich absurdes Modell.

Weil sich Discovery jetzt aber selbst um die Rechte brachte, wäre Eurosport nicht mehr in der Lage gewesen, Amazon das zugesicherte Produkt zu liefern – sodass auf die Schnelle eine kreative Lösung gefunden werden musste, die in der Eurosport-Produktion für Prime Video mündete. Man möchte nur ungern in der Haut des Discovery-Anwalts stecken, der aus diesem Vertragssalat ein für alle Seiten zufriedenstellendes Ergebnis zaubern muss. Endgültig gelöst ist das Dilemma aber noch nicht, denn wer am kommenden Wochenende das Freitagsspiel und die frühe Sonntagspartie übertragen wird, steht noch in den Sternen. Gut möglich, dass erneut Kreativität gefragt sein wird.

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