Als der SWR vor fast vier Monaten einen Ausblick auf seine Pläne für das Jahr 2021 gewährte, hätte man um ein Haar vergessen können, dass der Sender ein lineares Fernsehprogramm betreibt, so sehr war die öffentlich-rechtliche Anstalt darum bemüht, den Eindruck zu erwecken, wie jung, modern und non-linear man ist. Da war vom "Innovationslabor" die Rede oder vom "Haus der Talente" - und tatsächlich kann man dem Sender nicht vorwerfen, unter der Führung des neuen Intendanten Kai Gniffke die Transformation nicht voranzutreiben.

Spannende Formate wie die Instagram-Serie "Ich bin Sophie Scholl", eine Reportage-Reihe über junge Frauen mit türkischen oder kurdischen Wurzeln oder ein Talk über Themen, die 30- bis 40-Jährige beschäftigen, sind maximal weit weg von den "Fallers" oder "Sag die Wahrheit". Im linearen SWR Fernsehen muss man dagegen schon genauer hinsehen, um jüngere Formate zu finden. Hier bespielt stattdessen Andy Borg mit einer Volksmusikshow den Samstagabend oder blickt Thomas Gottschalk mit prominenten Gästen auf das Jahr zurück, in dem sie ihren 18. Geburtstag feierten.

Irgendwo zwischen Althergebrachtem und Innovativem befindet sich wohl die "Pierre M. Krause Show". Vor 18 Jahren unter dem Titel "SWR3 Ring frei" gestartet, hat sich das Format, in dem Radiomoderator Constantin Zöller zuletzt als Sidekick etabliert wurde, zu einer schönen Late-Night-Show entwickelt, die sich auf ihre feste Fangemeinde verlassen kann. Etwas mehr als 2.000 Menschen folgen bei Twitter einem Account, der sich @FreePMK nennt, was so viel bedeutet wie: Befreit Pierre M. Krause. Ihre Forderung: Der Moderator soll mit seiner Show ins Erste wechseln und endlich jene Aufmerksamkeit erhalten, die er verdient.

Die Pierre M. Krause Show © SWR/Alexander Hermes Pierre M. Krause mit seinem Sidekick Constantin Zöller.

Tatsächlich wirkt die "Pierre M. Krause Show" seit vielen Jahren im Dritten Programm einigermaßen verloren, auch wenn der mittlerweile 44 Jahre alte Moderator wohl zu den wenigen in Deutschland gehören, die wissen, wie eine echte Late-Night-Show auszusehen hat. Bewiesen hat er das nicht nur in seiner eigenen Show, sondern auch bei Harald Schmidt, zu dessen Ensemble er einige Jahre lang gehörte. Ende vergangenen Jahres durfte er dann auch eine Ausgabe der von Stefan Raab für TVNow produzierten Late-Night "Täglich frisch geröstet" moderieren, was er ganz gut machte, auch wenn es kaum ein Zuschauer wahrgenommen haben dürfte.

Doch anstelle Krause nach all den Jahren endlich auf die größere Bühne zu lassen, wirkt es beinahe, als seien er und seine Late-Night-Gabe vom SWR bei den Bemühungen, moderner zu werden, vergessen worden. In dieser Woche nun wurde bekannt, dass die "Pierre M. Krause Show" Anfang Juni überraschend eingestellt wird. Nach mehr als 600 Folgen ist Schluss für die dienstälteste Late-Night-Show im deutschen Fernsehen - und man darf davon ausgehen, dass das Ende nicht auf Wunsch des Moderators erfolgt. Der reagierte auf Instagram einigermaßen enttäuscht.

SWR und Krause "im Gespräch"

Abseits seiner Reaktion in dem sozialen Netzwerk hat sich Krause bislang nicht dazu geäußert, wie es weitergehen wird. Dabei wäre es durchaus interessant zu erfahren, wie sich Pierre M. Krause seine Zukunft vorstellt. Der SWR stellte neben einer Fortsetzung der von Krause präsentierten Formate "Kurzstrecke" und "Krause kommt" zwar bereits eine neue Sendung in Aussicht, "an der die Redaktion gemeinsam mit dem Comedian und Entertainer arbeitet", wie der Sender am Donnerstag mitteilte. Nach DWDL.de-Informationen steht allerdings noch längst nicht fest, ob es überhaupt eine neue Show mit Pierre M. Krause geben wird.

Dass die Planungen weit weniger eindeutig sind, legt auch die betont verhaltene Aussage seines Managers Tim Frieben nahe. Man sei "im Gespräch" über ein Nachfolge-Format im SWR, erklärte Frieben im Gespräch mit DWDL.de. "Konkrete Zusagen gibt es dazu von unserer Seite noch nicht." Ganz so klar, wie es der SWR am Tag zuvor per Pressemitteilung darstellte, ist die Sache also offenbar nicht. Das lässt Raum für Spekulationen, ob der bekennende Late-Night-Fan Krause, ein Kind und Verfechter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, perspektivisch womöglich an anderer Stelle sein Glück versuchen könnte.

"Ganz dringend" brauche Deutschland eine tägliche Late-Night, ließ Pierre M. Krause die Öffentlichkeit vor zwei Jahren im DWDL.de-Interview wissen, sagte aber auch: "Das Mediengeschäft ist schnelllebig, das Karussell der Programmverantwortlichen dreht sich durchgehend, die Verlockungen sind verführerisch. Aber: Ich liebe meine Arbeit. Und nichts ist unberechenbarer als die Liebe." Vielleicht findet sich ja noch jemand, der die Liebe einer täglichen Late-Night-Show mit Pierre M. Krause teilen möchte? Krause hätte es gewiss verdient.

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