Die herbstliche Festivalsaison kommt Sam Davis und Kim Fatheuer bestens zupass. Ihre ARD-Serie "Schneller als die Angst" und ihr ZDF-Film "Bring mich nach Hause" wurden vom Filmfest Hamburg ausgewählt, ihre ZDF-Miniserie "Mord in der Familie – Der Zauberwürfel" feiert beim Film Festival Cologne Premiere. "Bring mich nach Hause", das am 25. Oktober mitsamt einer Doku zum Thema Patientenverfügung im ZDF läuft, darf wiederum beim FernsehfilmFestival Baden-Baden auf eine Auszeichnung hoffen, so wie das 2020 von Sat.1 gesendete Magersuchtsdrama "Aus Haut und Knochen".

Pünktlich zum zehnten Geburtstag ihrer Produktionsfirma Rowboat kommt die breit gestreute Anerkennung besser als jede Party. Zumal sie allesamt Produktionen zuteil wird, die in Zeiten der Pandemie entstanden sind. "Wir hatten insgesamt 236 Drehtage unter Corona-Bedingungen, aber glücklicherweise nicht einen einzigen Drehabbruch. Lange schlaflose Nächte hatten wir natürlich trotzdem", so Fatheuer im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Und Davis ergänzt: "Alle Mitwirkenden vor und hinter der Kamera haben Mut bewiesen und sind ein seelisches Investment eingegangen, unter diesen erschwerten Bedingungen die Produktionen durchzuziehen. Daraus resultiert ein noch intensiveres Erlebnis, als wir es sonst am Set haben."

Während der Pandemie und durch die schlaflosen Nächte ist das deutsch-amerikanische Produzenten-Ehepaar nach eigenem Bekunden zu Hobby-Baristas geworden. Durch die Kaffeemühle im Hause Davis/Fatheuer kommt inzwischen nur noch eine sorgsam austarierte Mischung von Bohnen aus drei verschiedenen Kölner Röstereien. Ähnlich selektiv scheint sich das Portfolio von Rowboat zu gestalten, jener Kölner Produktionsfirma, die der frühere RTL-Film- und Endemol-Fiction-Chef Davis gemeinsam mit Beta Film gegründet hatte und die 2011 ihren Betrieb mit dem später preisgekrönten Medizin-Drama "Das Wunder von Kärnten" aufnahm. Ein International Emmy Award gleich fürs Debüt wies die Richtung.

"Gemeinsam mit unserem Gesellschafter Beta Film hatten wir von Anfang an einen klaren Fahrplan", erinnert sich Davis. "Wir wollten in die Königsklasse der 90-Minüter für die Primetime und dort hohe Qualität mit guten Quoten verbinden. Das ist uns gelungen und hat die logische nächste Stufe nach sich gezogen, nämlich verstärkt in Reihen und Serien hineinzuwachsen." Seit sieben Jahren und mittlerweile 14 Filmen liefert Rowboat zusammen mit der österreichischen Graf Film die Krimireihe "Die Toten vom Bodensee", eine Koproduktion von ZDF und ORF. Zwischen 2016 und 2020 kamen vier Staffeln der ZDF-Krimiserie "Professor T." hinzu – von Rowboat frühzeitig aus einem belgischen Original adaptiert und von Beta Film anschließend als Format in 30 weitere Länder verkauft.

Bring mich nach Hause © ZDF/Hannes Hubach Nominiert: "Bring mich nach Hause" mit Silke Bodenbender, Hedi Kriegeskotte und Anneke Kim Sarnau (v.l.) läuft auf Festivals
Wie Beta-Film-Patriarch Jan Mojto sich das konzerninterne Zusammenspiel mit seinem wachsenden Geflecht aus Produktionstöchtern vorstellt, lässt sich an Rowboat geradezu idealtypisch ablesen. Einerseits spricht Davis von maximaler kreativer Freiheit und Entrepreneurship, andererseits greift er gern auf Netzwerk und Vertriebserfahrung zurück, um Stoffentwicklungen möglichst frühzeitig auf ihr internationales Potenzial zu prüfen. So wächst man Hand in Hand, füllt die Vertriebspipeline und macht sich zusehends ein Stück unabhängiger von reinen Auftragsproduktionen der Sender, bei denen keine Rechte zurückbleiben. "Wenn man einen so international ausgerichteten Weltvertrieb als Gesellschafter hat, liegt es natürlich nahe, verstärkt Koproduktionen anzustreben, wo diese Sinn machen", so Davis. "Gleichzeitig ist die beste kreative Lösung immer die, bei der so wenige Stimmen wie möglich ein Projekt prägen."

Mord in der Familie – Der Zauberwürfel © ZDF/Wolfgang Ennenbach Familiendrama meets Crime: "Mord in der Familie" mit Heiner Lauterbach, Petra Schmidt-Schaller und Matthias Koeberlin (v.l.)
Aus diesem Blickwinkel dürfte "Mord in der Familie – Der Zauberwürfel" das Beste aus beiden Welten verbinden. Davis und Fatheuer haben den Stoff nach einem frühen Commitment von Beta Film mit der schwedischen Drehbuchautorin Linda Ung auf Englisch entwickelt. Der Mord am Sohn eines mächtigen Bauunternehmers und das dahinter stehende Familiendrama werden auf zwei Zeitebenen erzählt, wobei hier – anders als sonst in deutschen Krimis üblich – die vorangegangene Familiengeschichte den Erzählkern bildet und die Mordermittlungen nur in kurzen Flash-Forwards gezeigt werden. Unter der Regie von Michael Schneider drehte zwischen Januar und März ein prominentes Ensemble um Heiner Lauterbach, Matthias Koeberlin und Petra Schmidt-Schaller. Das ZDF zeigt den "Zauberwürfel" gegen Jahresende in zwei 90-Minütern, die Mediathek und die internationalen Käufer bekommen viermal 45 Minuten.

Über Rowboat

  • Sam Davis und die Beta Film gründeten 2010 die Rowboat Film- und Fernsehproduktion mit Sitz in Köln. Davis hält heute noch 40 Prozent der Anteile und ist Geschäftsführer. Die produzentische Arbeit teilt er sich mit seiner Ehefrau Kim Fatheuer.

Anfang 2022 folgt an drei Abenden im Ersten um 21:45 Uhr sowie vorab als Sechsteiler in der ARD-Mediathek "Schneller als die Angst" mit Friederike Becht und Felix Klare in den Hauptrollen. Die junge Zielfahnderin Sunny Becker (Becht) jagt den brutalen Frauenmörder André Haffner (Klare) nach dessen Flucht aus dem Maßregelvollzug und wird gleichzeitig mit ihren eigenen Dämonen konfrontiert. Florian Baxmeyer inszenierte die Produktion für Degeto und MDR nach den Büchern von Klaus Arriens und Thomas Wilke. Fragt man das Produzentenduo, dann atmen beide Crime-Shows einen internationalen Appeal, den Davis als US-Amerikaner mit in den binationalen Mix bringt: etwas mehr Adrenalin und Pathos als im deutschen Durchschnittskrimi, ein etwas anderer Blick auf Heldenfiguren, die 'larger than life' sein dürfen.

Ihre permanente Vermischung von Familien- und Berufsleben konstruktiv zu managen, haben Davis und Fatheuer in zehn Jahren Rowboat nach eigenen Angaben gelernt, zumal sie die professionelle Zusammenarbeit zuvor bereits in Festanstellung bei Endemol erprobt hatten. "Wenn ich für eine Idee brenne, sie bei Sam aber nicht zündet, oder umgekehrt, dann haben wir beide diesen unbedingten Ansporn, den anderen zu überzeugen", erklärt Kim Fatheuer. "Das hilft oft dabei, Stoffe in einem sehr frühen Stadium zu schärfen. Wenn wir uns gegenseitig nicht von etwas begeistern können, wird es vermutlich schwer, Dritte davon zu begeistern." Schmunzelnd führt Sam Davis den Gedanken seiner Frau fort: "Das ist wie bei einem Ehepaar, das abends auf dem Sofa sitzt und um die Hoheit über die Fernbedienung ringt. Um sich auf eine gemeinsame Sendung zu einigen, muss der eine den anderen mit guten Argumenten überzeugen. Das Bild passt auch insofern, als wir uns immer als erste Zuschauer unserer Produktionen verstehen." 

Und was ist, wenn die wechselseitigen Überzeugungsversuche scheitern? Vorprogrammierter Ehekrach? "Dass einer von uns abends patzig am Esstisch sitzt, wenn wir uns mal nicht einigen konnten, kommt ab und an vor", so Fatheuer. "Wir lassen dann meist am nächsten Tag den Autor oder Regisseur den Ausschlag geben."

Mehr zum Thema