Mit gleich elf neuen Figuren auf einen Schlag präsentierte sich die RTLzwei-Vorabendserie "Köln 50667" im März 2023 rundum erneuert. Rechnet man Michelle, die wenige Wochen vor dem großen Cut einstieg, noch mit dazu, ist das Dutzend an damaligen Neulingen voll. "Erwachsener werden" war eines der Ziele, die Filmpool-CEO Vittorio Valente damals für die Daily Soap ausgegeben hatte. Etwa 15 Monate später ist klar: Der radikale Umbau sollte die Situation im Linearen sogar noch verschärfen. Die Reichweiten, die vor dem "größten Relaunch aller Zeiten" im Schnitt noch bei mehr als 200.000 zusehenden Fans wochentags in der 18-Uhr-Stunde lagen, sanken schneller. Zuletzt hielt sich "Köln 50667" nur noch bei etwas mehr als 100.000 Zuschauerinnen und Zuschauern. Auch die Quoten der 14- bis 49-Jährigen bewegten sich nach einem kurzen Hoffnungsschimmer im Hochsommer 2023 nach unten, auf teils weniger als zweieinhalb Prozent.

Marktanteil-Langzeittrend: Köln 50667

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale
ab 3 Jahren
14-49 Jahre

Dass das Format bei YouTube und auch beim Streamer RTL+ weiterhin populär war, half zwar nicht RTLzwei, immerhin aber Filmpool, die nach der Entscheidung, die Serie im klassischen TV zu beenden, einen Durchbruch beim Streamer erreichten. Mit nun 40 georderten Folgen, die fortan immer freitags und montags veröffentlicht werden, hat die Serie rund fünf Monate lang Zeit, ihren Stellenwert für RTL+ unter Beweis zu stellen. Sowohl für Filmpool als auch für RTL+ ist das Neuland.



Zwar gab es beim Streamer Ende 2020 mit "Verbotene Liebe – Next Generation" schon einmal den Versuch, mit einer ehemaligen Daily und dann zur Weekly umgemodelten Serie recht klassisches Soap-Publikum mit einer exklusiven Eigenproduktion an sich zu binden, damals war die Schlagzahl mit eben nur zehn Folgen aber weitaus geringer. Die Beauftragung von "Köln 50667" für RTL+ gilt dabei innerhalb der Branche als Testballon, ob Streaming-Anbieter es als lohnenswert einstufen werden, Versuche im Bereich Daily Soap zu wagen.

Für RTL+ dreht Filmpool Entertainment das Rad bei "Köln 50667" gehörig zurück. Von den vor 15 Monaten elf neu dazugekommenen Figuren bleiben mit Kenan, Paula und Emma gerade einmal drei. Mit Lilli, Leonie, Kevin oder Luise kommen einstige Figuren zurück. Anker wie Jan, der schon immer in der Serie mitwirkte oder Ben, der seit 2019 dabei ist, sollen den insgesamt 14-köpfigen Hauptcast ergänzen.

Die künftigen Geschichten von "Köln 50667" ziehen übrigens auch wieder zurück in die Kölner Innenstadt. Zum Relaunch Anfang 2023 war die Serie bekanntlich von dort nach Mülheim umgezogen – und führte damit gewissermaßen ihren eigenen Sendetitel ad absurdum, da dieser sich ja auf die Postleitzahl jenes Viertels bezieht, in dem auch die für die Serie so prägende "Kunstbar" beheimatet ist. Sie kehrt nun also genauso zurück, wie die "wilde Liebesgeschichte" von Leonie und Kevin. Für Drama sorgen soll ein schwerer Autounfall von Lea, die in Folge mit dem Tod ringt. Die Serienküken Emma und Paula ziehen in ihre erste WG, in der Liebeschaos ebenfalls vorprogrammiert ist.

Nicht mehr Teil des Serienkonzepts sind ebenfalls die bereits zuletzt eher wie ein Fremdkörper wirkenden "Sofa-Statements", die Filmpool einst schon in der Sat.1-Daily "Patchwork Family" probierte und die immer schon stark an "Modern Family" erinnerten. Stattdessen trällert im Hintergrund die Textzeile "I'm Coming Home" und der erste Satz der ersten RTL+-Folge lautet: "Da simmer wieder". Es ist eine Aufbruchsstimmung, die sich durch die komplette Episode der Soap zieht - zumindest in dieser kommt die Serie positiver und weniger krawallig daher als sonst. Klar ist aber auch: Anstelle von 45 Minuten haben die Autorinnen und Autoren nun nur noch rund 30 Minuten Zeit, ihre Geschichten zu erzählen.

Mit der Rolle rückwärts und der erneut veränderten Cast-Konstellation bewegt sich "Köln 50667" sehr zielstrebig wieder auf alten und einst als ausgetrampelt erachteten Pfaden. Sich jetzt inhaltlich nicht mehr dem Durchschnittsalter des RTLzwei-Publikums anpassen zu müssen, dürfte auch für das Autorenteam der Serie durchaus befreiend sein. Für das jüngere Streamingpublikum kann kompromissloser geschrieben werden, zweifelsfrei ein Vorteil für das Format. Denn genau ein solcher Kompromiss war "Köln 50667" im Jahr 2023. Die Serie zog zwar um nach Mülheim, warf aber – um nicht komplett ihren Wiedererkennungswert zu verlieren – nicht alles über Bord. Mit der Mixtur aus mehrheitlich neuen Impulsen, eben aber auch einigen alten Figuren, gewann das Format letztlich keine Fans im Linearen hinzu, stoppte zugleich aber die Abwanderung ihrer überdurchschnittlich jungen Community nicht.

 

Dass "Köln 50667" letztlich gar nicht mehr so gut ins RTLzwei-Programm passte wie noch vor fünf oder zehn Jahren, offenbarte eigentlich täglich der Blick in die genauen Verlaufskurven in den Vodafone-Haushalten, die All Eyes on Screens auswertet. Nach den Sozialreportagen, die bis kurz nach 18 Uhr laufen und auf ein etwas älteres Publikum abzielen, sackte die Reichweite regelmäßig ein gutes Stück ab. Mit der Soap aus der Domstadt bot RTLzwei also ganz augenscheinlich ein Format an, dass einem nicht unwesentlichen Teil seiner Kundschaft nicht gefiel. Naheliegend also, dass der Sender zumindest im Sommer bis nach 19 Uhr auf Sozial-Reportagen aus deutschen Brennpunkten setzen will. Damit wäre der Sender vermutlich schon im vergangenen Jahr besser gefahren. So bleibt die Erkennis, dass die vergangene Zeit verlorene Monate für "Köln 50667" waren. Ob aus diesen nun nochmals Großes erwachsen kann, wird sicherlich auch abseits der RTL+-Crew genau beobachtet.

"Köln 50667", künftig montags und freitags mit neuen Folgen bei RTL+. RTLzwei zeigt die letzte reguläre Folge der Serie kommenden Donnerstag um 18:05 Uhr.