Lange ist es her, dass RTL zuletzt im Besitz der Bundesliga-Rechte war. 25 Jahre nach der letzten "Anpfiff"-Sendung gibt’s nun also das Comeback – wenn auch nicht im Hauptprogramm, sondern beim Männersender Nitro. Der verspricht seinen Zuschauern fortan jeden Montagabend nichts weniger als "100 % Bundesliga" und hat dafür einiges investiert: Ein giftgrünes Studio mit Publikum, eine Band, eine Bar und mit Thomas Wagner und Laura Wontorra ein ebenso sympathisches wie fachkundiges Moderatoren-Duo sollen das Projekt zum Erfolg führen.

Dass die Auftakt-Sendung stellenweise daherkam wie eine Generalprobe war vor allem dem Umstand geschuldet, dass der Ball in der 2. Liga drei Wochen früher rollt als im Oberhaus. Aus diesem Grund mussten in der gut zweistündigen Sendung dann auch nur neun – oder besser gesagt: wegen einer Absage acht – Spielzusammenfassungen untergebracht werden und keine 18, wie das schon bald der Fall sein wird. Dennoch wäre Nitro gut beraten gewesen, zumindest ein bisschen stärker auf die Tube zu drücken.

So verstrich nämlich eine geschlagene Viertelstunde, bis die ersten Bilder des Spieltags gezeigt wurden. Die hatten dann auch schon drei Tage auf dem Buckel. Wer etwas frischere Ausschnitte sehen wollte, musste sich noch länger gedulden: Fast 40 Minuten nach Beginn der Show widmete sich Nitro dem Klassiker Nürnberg gegen Kaiserslautern vom Sonntag, ehe kurz nach 23 Uhr endlich die Zusammenfassung vom abendlichen Topspiel zwischen Düssseldorf und Braunschweig den Weg in die Sendung fand.

Wer so lange ausharrte, wurde aber zumindest mit einem ausführlichen Spielbericht belohnt, souverän kommentiert von Marco Hagemann ("Das war richtig Moll und nicht nur Dur" über den Platzverweis von Braunschweigs Quirin Moll). Dazu kamen ausführliche Interviews aus dem Stadion. Wenig innovativ, dafür aber informativ. Nach knapp einer Stunde wurde "100 % Bundesliga" seinem Namen somit erstmals wirklich gerecht. Zuvor dominierte dagegen noch ein (etwas zu) wilder Themen-Ritt, der die Premieren-Ausgabe stellenweise unnötig unstrukturiert wirken ließ.

100 % Bundesliga© Screenshot Nitro

Hier der neue Sportdirektor der Bayern, dort eine Diskussion über den Transfer-Wahnsinn und dazwischen auch immer wieder Talk mit Max Eberl. Der Fohlen-Manager erwies sich aber zumindest als dankbarer Gast – und zwar nicht nur, weil er als Gladbacher an der Studio-Bar ein Kölsch bestellt, für das zunächst gar kein Glas vorhanden war. Routiniert spult Eberl seine Antworten ab, gibt sich offen, freundlich und humorvoll. Die hohe Schlagzahl an Themen und die Ausführungen des Experten Steffen Freund verhindern jedoch ein tiefgründiges Gespräch, und nach der Hälfte der Show war Eberl dann auch schon wieder verschwunden.

Dafür näherte sich Nitro nun tatsächlich seinem Versprechen und erhöhte die Dosis der Zusammenfassungen, sodass gegen Mitternacht tatsächlich sämtliche Partien in flotten Beiträgen mal mehr, mal weniger intensiv beleuchtet wurden – angereichert durch Einschätzungen von Freund und Hagemann. Ob die Fans ernsthaft auf eine Sendung dieser Art gewartet haben, sei mal dahingestellt. Zumindest aber hat sich Nitro alle Mühe gegeben, eine ansehnliche Show auf die Beine zu stellen, der es zwischen allerlei Vertrauten zumindest stellenweise gelang zu überraschen.

Vor allem zum Schluss hin drehte "100 % Bundesliga" noch einmal mächtig auf – mit interessanten Tabellen wie jener, welcher Verein während der Sommerpause die meisten Reise-Kilometer absolvierte, oder mit einer meinungsstarken Rubrik in 100 Sekunden. Auf diese Weise stellt sich nach zwei Stunden ernsthaft das Gefühl ein, alles Nötige über den Spieltag zu wissen. Bleibt abzuwarten, ob das auch dann der Fall sein wird, wenn doppelt so viele Partien behandelt werden müssen. Zum Start hat sich Nitro jedenfalls schon mal äußerst wacker geschlagen. Aber es war eben bloß eine Art Generalprobe. Der wahre Wahnsinn steht erst noch bevor.