"Michael Kessler - der Verschwendete", titelte das Redaktionsnetzwerk Deutschland in der vergangenen Woche und kritisierte, dass der Comedian inzwischen vornehmlich am Programmrand zu sehen ist. Auch seine neue Interview-Reihe "Sitzheizung gibt's nicht" läuft nun immer am späten Donnerstagabend bei ZDFneo. Das muss aber gar nicht so schlimm sein, im Falle dieser Sendung tut es dem Format sogar gut. Es ist kurzweilig, lustig und charmant - allerdings fehlt auch ein wenig der Erkenntnisgewinn. Deutlich wird: Sender, Produktionsfirma und Comedian wollten einen anderen Schwerpunkt setzen als bei anderen Kessler-Formaten.


Die Idee von "Sitzheizung gibt's nicht" ist schnell erklärt: Michael Kessler fährt mit jeweils einem Prominenten in einem Auto umher und tratscht mit ihnen. Tratschen passt in diesem Zusammenhang ganz gut, denn mehr ist es nicht. Es sind keine wirklichen Interviews, weil Kessler dafür nicht hartnäckig genug an einzelnen Fragen dranbleibt. Und so hält sich der Erkenntnisgewinn dann in Grenzen. Lustig ist die Sendung, die ZDFneo als "Comedy-Talk" und "Talktainment" angekündigt hat, aber allemal.

Das liegt wohl auch an den Gästen, die überwiegend dem Comedy-Fach zuzuordnen sind. So chauffiert Kessler in der ersten Folge Bastian Pastewka ("Ich freue mich sehr, dass ich dabei sein muss.") und Annette Frier, mit denen er über allerlei Banales spricht. Es geht um Namen von Friseurläden, komische Slogans von Unternehmen, die ersten Autos der Beifahrer und sonstige Anekdoten. Das ist vor allem bei Pastewka und Frier durchaus sehenswert, weil beide natürlich absolute Profis sind und gemeinsam mit Kessler gut harmonieren und sich die Bälle perfekt zuschieben. Als weitere Promis sind unter anderem Carolin Kebekus, Hugo Egon Balder, Jorge Gonzales, Cordula Stratmann, Katharina Thalbach, Bülent Ceylan, Bernhard Hoëcker und einige andere angekündigt. Es dürfte also witzig bleiben.

Dennoch könnte es manchmal gerne auch etwas tiefgründiger sein. Wenn Bastian Pastewka etwa erzählt, dass ihm schon mehrmals der Führerschein abgenommen wurde, könnte Kessler nachfragen, warum das überhaupt passiert ist. Fragen zu Aktuellem gibt es nicht: Keine Fragen zur Politik, keine Wasserstandsmeldungen zu "Pastewka", "Danni Lowinski" oder anderen Projekten. Das wäre spannend gewesen, ist bei einem außenstehenden Sender aber natürlich nicht wirklich zu erwarten. ZDFneo und die Produktionsfirma Riverside Entertainment weichen das Konzept dann zudem immer mal wieder auf: Mit jedem Beifahrer  macht Kessler auch etwas ohne Auto - eine Art Boxenstopp also. So geht er mit Pastewka essen und mit Frier in einen Schuhladen, um sich neue Schuhe zu kaufen. Letzteres wirkt etwas gestellt, wenn sich beide anfangen zu streiten, welche Schuhe sich Kessler nun kaufen soll.

Michael Kessler ist ob der lockeren Gesprächsführung dann auch eher kein Interviewer, sondern eher ein netter Kumpel, mit dem man gut plaudern kann. Dass es anders geht, haben die Österreicher in den vergangenen Jahren bewiesen. Dort lud ORF-Moderator Hanno Settele einige Male zur "Wahlfahrt" und interviewte Politiker vor wichtigen Wahlen. Das Format war für den Sender ein Erfolg und inhaltlich gab es tatsächlich auch einige interessante Beobachtungen - unter anderem war es einer Bundespräsidentschafts-Kandidatin sichtlich unangenehm, sich im Auto interviewen zu lassen. Diese Angst muss bei "Sitzheizung gibt's nicht" niemand haben, hier fühlen sich alle wohl. ZDFneo und Riverside wollten wohl auch bewusst ein etwas anderes Format als "Kessler ist…" schaffen, in dem sich der Comedian ja schon relativ ernsthaft mit bekannten Persönlichkeiten auseinandersetzt.

So ist es dann auch gut, dass es pro Folge zwei Promis gibt, die neben Kessler Platz nehmen. Das fördert die Kurzweiligkeit des Formats. Bei einem echten, tiefergehenden Gespräch könnte sicherlich auch ein Promi die Sendezeit von 30 Minuten locker füllen. In beiden Fällen macht aber ein Sendeplatz am Rand eher Sinn als zur Primetime, wo ein solches Format gleich ganz anderen Zwängen ausgesetzt ist. Von einer Verschwendung von Moderator oder Format kann zumindest bei dieser Sendung also nicht die Rede sein.

ZDFneo zeigt "Sitzheizung gibt's nicht" jeden Donnerstag ab 22:15 Uhr.