Das Spinoff zu „The Big Bang Theory“ machte zunächst einmal allen Angst. Fans der enorm erfolgreichen Sitcom waren skeptisch, ob hinter der Idee wirklich eine kreative Idee oder nur Opportunismus steckte. Und die, die nie große Fans von Sheldon Cooper und Co. waren, befürchteten mehr vom Gleichen; in Deutschland mehr noch als in den USA. Schließlich bestritt ProSieben zeitweise ein Drittel seines gesamten Programms einzig und allein mit „The Big Bang Theory“.



Genauso nervös sind im vergangenen Mai auch Programmeinkäufer aus aller Welt zu den LA Screenings gefahren. Bei der jährlichen Programmpräsentation der Hollywoodstudios präsentierte Warner Bros. neben anderen Serien auch die mit Spannung erwartete Pilotfolge von „Young Sheldon“. So unterschiedlich wie die Erwartungen waren, so unterschiedlich fielen auch die Reaktionen aus. Zwei Erkenntnisse einten jedoch alle: Diese Comedy ist anders als „The Big Bang Theory“ - und Iain Armitage die perfekte Besetzung für die Serie.

Chuck Lorre auf auch für ihn neuen Pfaden

Folgt Chuck Lorre bei „The Big Bang Theory“ mustergültig den Regeln einer amerikanischen Sitcom, wie er es schon bei vielen anderen getan hat, so ist „Young Sheldon“ auch für den Fernsehveteranen weitgehend Neuland: Statt mit Multi-Camera vor Publikum im Studio wurde die neue Comedyserie als Single-Camera-Comedy produziert. Das ermöglicht, wie auch anderen Vertretern dieses Genres, etwa „Modern Family“, weitaus mehr Spielraum für Geschichten und eine stärkere Entwicklung.

Natürlich erleben wir das Leben der Coopers im Texas der 80er Jahre vornehmlich in ihrem eigenen Haus bzw. Sheldons ganz eigenen Schwierigkeiten im Schulalltag. Aber an Ausflügen der Coopers mangelt es in der ersten Staffel nicht. So stößt der junge Sheldon immer wieder auf neue Situationen, die entweder ihm oder den Menschen um ihn herum furchtbar unangenehm sind. Egal ob in groß oder klein: Sheldon Cooper bleibt ein Klugscheißer mit speziellen Prinzipien. Dargestellt von einem 9-jährigen Schauspieler, noch dazu einem so großartigen Talent, sorgt es jedoch für die nötige Wärme.

Young Sheldon© ProSieben/Warner


Im Kern ist „Young Sheldon“ eine Familien-Comedy mit mehr Herz als es die Pilotepisode erahnen lässt. Dem Titel der Serie und den Erwartungen entsprechend, fokussiert sich die Serie anfangs stark auf den jungen Sheldon. Im Laufe der ersten Staffel bekommen Schwester und Bruder, seine Eltern aber insbesonders seine Großmutter Meemaw deutlich mehr Tiefe. Die Großmutter wird dann auch zum wunderbaren Konterpart. Während die Eltern mit viel Herz und fast so viel Ratlosigkeit ihrem kleinen Genie gegenüber stehen, lernt Sheldon von Meemaw, wie das Leben funktioniert.

Anderer Stil, mehr Entwicklung

Ihre Lektionen sind dabei oft um die Ecke gedacht und schießen mehr als einmal übers Ziel hinaus. Sie und Ihre Bauernschläue ist der dringend nötige Ausgleich zum Streber Sheldon, dessen Genie sonst nur durch seine Phobien gemaßregelt wird. Für Überraschungen im weiteren Verlauf der Staffel sorgt u.a. ein Gastauftritt von Tesla-Gründer Elon Musk. Man erahnt die Spielfreude, mit der die Produzenten und Autoren arbeiten können, weil sie nicht immer wieder zur gleichen Ausgangsposition zurück müssen. „Young Sheldon“ hat mehr zu erzählen und wird sich - schon allein durch das sichtbare Altern des jungen Hauptdarstellers - in den kommenden Staffeln stetig verändern.

Manche Fans von „The Big Bang Theory“ wird der Stil irritieren. Mit dem bekannten Sheldon Cooper als Off-Erzähler seines früheren Lebens und einem, dem späteren Sheldon treuen Portrait seiner jungen Jahre bietet die neue Serie genügend Anknüpfungspunkte, aber setzt eben nicht auf die für Sitcoms so wichtigen Punchlines. Der Stil ist ein anderer. Das ist gut für alle, die bislang nie viel von „The Big Bang Theory“ gesehen haben, wohl aber durch den enormen Erfolg der Serie den Charakter des Sheldon Coopers kennen. Und „Young Sheldon“ funktioniert wunderbar für sich allein und wirkt trotz kleinem Star erwachsener.

Die vielen Talente des Iain Armitage

Und niemand hätte die Hauptrolle besser spielen können als Iain Armitage. Sie halten das für eine steile These? Sie lässt sich belegen. Denn Iain Armitage ist auf seine eigene Weise ein Sheldon Cooper. Im Alter von nur sechs Jahren startete er 2014 mit Hilfe seiner Eltern einen YouTube-Kanal für Theaterkritiken ("Iain Loves Theatre"). Dort spricht er Rezensionen von gerade gesehenen Broadway-Stücken in die Kamera und führt Interviews mit Theatermachern. Stets akkurat gekleidet mit Hemd und manchmal sogar Fliege. Und das ist wohlgemerkt Iain Armitage privat und nicht die Rolle des Sheldon Cooper.

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Rückblickend wirken diese unglaublich frühe Karriere als Theaterkritiker, die Vorliebe für Hemd und Fliege sowie sein Hobby des Steptanz wie eine gelebte Bewerbung für die Rolle des „Young Sheldon“. Die Grenzen zwischen dem fiktionalen Sheldon Cooper und realen Iain Armitage sind mitunter fließend. Hat man einmal einige seiner YouTube-Videos gesehen, ist „Young Sheldon“ noch faszinierender. Und es dürfte klar sein: Von Iain Armitage werden wir noch viel hören. Im vergangenen Jahr spielte er auch schon bei der HBO-Miniserie „Big Little Lies“ mit, die Emmys und Golden Globes abräumte.

ProSieben zeigt "Young Sheldon" montags um 20:45 Uhr nach "The Big Bang Theory".