Eigentlich will Bundeswehrarzt Alex Rode nach einem Auslandseinsatz bloß kurz in Köln bei der Jubiläumsfete seiner Eltern vorbeischneien, aber wie das RTL-Serienleben so spielt, sorgen ein paar unvorhergesehene Ereignisse für einen unvorhergesehenen Karriere-U-Turn: Schon auf dem Weg zur Butze seines Bruders fällt Alex ein Patient quasi auf den Kühler. Per spontan herbeigefunktem Bundeswehrhubschrauber geht’s ab in die nächste Klinik, in der überraschenderweise Rodes Ex, die er vor fünfzehn Jahren fast mal geheiratet hätte, leitende Oberärztin ist. Und die trotz Rumgezicke dafür verantwortlich ist, dass der Draufgänger-Doc seinem nächsten Auslandseinsatz abschwört, um sich auf die freie Stelle in der neuen Unfallchirurgie seines Vertrauens zu bewerben. Und mal zu gucken, ob das mit Dr. Laura Seifert nicht vielleicht doch noch mal was wird.

Jan Hartmann („Sturm der Liebe“) spielt den Hauptprotagonisten der neuen RTL-Arztserie „Lifelines“ wie einen ins Positive gewendeten Dr. House – mit guter Laune statt Gehstock und losem Mundwerk statt Miesepetrigkeit, aber ähnlich großer Leidenschaft für Alleingänge, unkonventionelle Methoden und medizinische Genauigkeit.



Damit verstößt der Top-Chirurg zwar permanent (und wissentlich) gegen die Krankenhaus-Regeln, kriegt nachher aber doch immer irgendwie verziehen. Weil’s ja irgendwie auch doof aussähe, jemanden zu entlassen, der die Wegsterbequote der Klink so konsequent niedrig hält. Dafür darf man im Zweifel auch mal ein bisschen laut werden.

„Schaffen Sie das mal zwei Minuten ohne Scheiße zu bauen?“, pampt Dr. Rode den Patienten an, der gerade von der Brücke gehopst ist und sich direkt wieder selbst von der Intensivstation entlassen will. Einem schmierigen Anwalt, der seiner Tochter die notwendige Knochenmarkspende verweigert, poliert er fast die Kauleiste, um ihn zum Grübeln zu motivieren. Am Ende ist’s aber doch immer die medizinische Herausforderung, die Dr. Rode am meisten reizt. Und die notfalls per Differenzialdiagnose beim Engtanz mit der Ex ausdiskutiert wird, bevor beide gemeinsam ins Krankenhaus stürmen.

Lifelines© MG RTL D / Frank Dicks


Vermutlich tut man den Machern von „Lifelines“ nicht Unrecht, wenn man annimmt, dass sie große Fans von Dr. Gregory House gewesen sein müssen, bevor der vor sechs Jahren seine Serienkarriere an den Nagel hängen musste. Zumindest erinnert die Herangehensweise des Serienneuzugangs nicht nur wegen des einzelgängerischen Hauptprotagonisten, sondern auch wegen der (leicht) verschachtelten Patientengeschichten immer mal wieder an den US-Serienklassiker – nur halt konsequent gutlaunig adaptiert für die Sehgewohnheiten des RTL-Stammpublikums, das sich dienstagabends inzwischen lieber leicht unterhalten lassen möchte anstatt die Psychospielchen eines Vicodin-abhängigen Mediezingenies zu verfolgen.

Schon im knallbunten Vorspann operiert Dr. Rode einem Äpfelchen einen Smiley in die Schale. In den Episoden geht’s nachher nicht nur um den Klinikalltag, sondern auch die permanente Fast-Romanze mit Laura, die zufälligerweise auch noch die Freundin des Typen ist, der Alex’ kleinem Bruder die Wohnung über seinem Restaurant vermietet hat. (In die Alex kurzfristig mit einzieht.) Das ist zweifellos der Punkt, an dem man das erste Mal das Gefühl hat, der ganze Action-Arzt-Schlamassel könnte selbst für RTL-Verhältnisse ein bisschen zu dick aufgetragen sein. (Noch dazu, wenn sich die beiden Exe mit plumpen Dialogen necken: „Operieren ist besser als Sex. Dauert auch länger“, sagt sie. Und er: „Kommt drauf an.“)

Am Ende geht das aber in Ordnung, weil Dr. Rode so lässig zwischen Arztkittel und Lederjacke und die Erzählung so temporeich zwischen Notarzteinsatz und Privatflirt wechselt, dass die Serie trotz zahlreicher Holprigkeiten ihr Ziel erreicht: sie unterhält. Ein großer Wurf ist RTL mit „Lifelines“ gewiss nicht gelungen. So einen Dr. House mit guter Laune sieht man aber ja auch nicht alle Tage. Heißt: OP gelungen, nächster Patient bitte.

RTL zeigt "Lifelines" dienstags um 20:15 Uhr in Doppelfolgen.