Wer glaubt, Probleme mit seiner eigenen Familie zu haben, sollte unbedingt bei "Your Family or Mine" reinschauen. Sie werden binnen kürzester Augenblicke vergessen sein. Die heute auf RTL Passion startende US-Sitcom strotzt nämlich von Verwandten, die man nicht einmal seinem schlimmsten Feind wünschen würde. Tatsächlich steckt die TBS-Produktion dank den schwachen Drehbüchern und unermüdlichen Klischee-Fettnäpfchen voller Figuren, die zusammen eines der schmerzhaftesten Familientreffen aller Zeiten auf die Beine gestellt haben.

Zentraler Punkt dieses Treffens sind Oliver (Kyle Howard, "Royal Pains") und Kelli (Kat Foster, "Bad Teacher"). Das junge Paar ist glücklich verheiratet und zusammen mit ihren beiden kleinen Töchtern bilden sie die scheinbar perfekte Bilderbuchfamilie. Doch als sie eines abends eine Babysitterin engagieren, um sich mal eine Auszeit zu gönnen, lernen wir ihr grausame Stammbaumkonstellation kennen. Bei Olivers Eltern soll nämlich der Laptop abgegeben werden, mit dem sie die Babysitterin per Nanycam überwachen können. Der Besuch dauert länger als gedacht, als die gesamte Mannschaft plötzlich vor dem Laptop sitzt und beobachtet, was bei Oliver und Kelli zu Hause vonstatten geht.

Teil dieser Mannschaft sind Oma Ricky (JoBeth Williams, "Hart of Dixie") und Opa Louis (Richard Dreyfuss, "Parenthood"). Liest sich der Cast auf den ersten Blick zwar vielversprechend, ist es erschreckend zu sehen, was unpassende Autoren damit anstellen können. Aus der liebevollen JoBeth Williams wurde eine diktatorische Dame, die mit ihrer strengen Art jedes Kind und jeden Enkel nachhaltig verstört. Als Ausgeburt der Schwiegermutterhölle verachtet sie die Partnerwahl ihres Sohnes. Dreyfuss wurde netter inszeniert. Dafür hat sein Charakter jedoch eine unangenehme und zu stark ausgeprägte Vorliebe für jugendliche Pornografie.

Der Rest der Familie kann ebenfalls keine Sympathiepunkte sammeln. "Your Family or Mine" fragen sich Kelly und Oliver schon im Serientitel. Bitte, keine davon, ist die einzig richtige Antwort. Dass das Konzept an sich jedoch gut funktionieren kann, verrät die Sitcom "Sabri Maranan". Diese kommt aus Israel und diente als Adaptionsvorlage. Dort herrscht logischerweise ein jüdisch-belasteter Humor. Dennoch zeigen die angenehm geschriebenen Figuren, dass mit etwas mehr Feingefühl auch in der amerikanischen Version ein Familientreffen hätte entstehen können, dem gerne beigewohnt wird. 

So erschafft "Your Family or Mine" jedoch eine Situation, in der man den Fernseher einfach auslassen möchte, damit stattdessen lieber mit der eigenen Schwiegermutter darüber gesprochen werden kann, wie froh man eigentlich ist, sie zu haben. Weitere Gefühle werden in einem selbst nicht ausgelöst. Die Sitcom bleibt flach und vor allem harmlos.

In Perfektion umgesetzt wurde die hier angedeutete Familienkonstellation sowieso schon in "Modern Family". Die Mockumentary von ABC heimste zu Recht allerhand Emmys ein, weil sie es geschafft hat, eine Dynamik in Szene zu setzen, die auf der einen Seite an die eigene Familie erinnert und auf der anderen zum Träumen darüber anregt, wie es wäre, wenn die eigene Familie tatsächlich genau so wäre, wie die Dunphys und Co. Ummantelt wurde dies mit Comedy-Autoren, die wissen, wie Pointen gesetzt werden müssen.

"Your Family or Mine" hat jedoch ein Gimmick, das sie von den anderen Sitcoms dieser Art absetzt. In jeder Episode wird einem anderen Familienteil ein Besuch abgestattet und ein Gefühl der festgefahrenen Unterhaltung kommt somit zu gewiss keinem Zeitpunkt auf. Dass das aber nicht ausreicht und das sich die Autoren zur zweiten Staffel noch bessern, glaubte wohl nicht einmal die Produktionsseite. "Your Family or Mine" wurde nach den ersten zehn Episoden direkt wieder gecancelled und ist somit eine Mini-Sitcom, die niemandem weh tut, aber auch schnell vergessen ist.

"Your Family or Mine" ist ab heute jeden Freitag um 20:15 Uhr bei RTL Passion zu sehen.