Keine halbe Stunde war vergangen, da weinte Detlef D! Soost bereits dicke Krokodilstränen. So ergriffen war der Mann, der einst die No Angels trainierte, von seiner eigenen Leistung auf Kufen. Drei Monate, nachdem Soost seine ersten Tippelschritte auf dem Eis absolvierte, legte er als erster Starter von "Dancing on Ice" eine ganz ansehnliche Leistung hin -  glücklicherweise ohne sich selbst hinzulegen. Und mit den Tränen löste er gewissermaßen das Versprechen ein, das er den Zuschauern kurz zuvor gegeben hatte: Nämlich zu zeigen, dass in seinen harten Schalte "ein extrem weicher Kern" stecke.

Es sollte nicht die einzigen Tränen an diesem Sonntagabend bleiben: Die frühere "Big Brother"-Moderatorin Aleksandra Bechtel, die sich ebenso wie Soost dem eisigen Promi-Wettbewerb stellt, heulte schon im Training und zwischenzeitlich hatte selbst die am Ende ausgeschiedene Désirée Nick Tränen in den Augen. Die Lästerzunge, von einem Muskelfaserriss geplagt, sorgte aber auch für die meisten Lacher und hatte nach ihren ersten Gehversuchen auf dem Eis gleich den passenden Vergleich parat: "Das ist eigentlich wie auf dem Klo", jammerte sie mit Blick auf ihre Körperhaltung und schickte einen verzweifelten Hilfeschrei hinaus in die Welt: "Lasst mich in Ruhe sterben", flehte die Nick, wurde jedoch nicht erhört und beeindruckte stattdessen mit einem waschechten Spagat.

Gestorben war dafür schon einmal "Dancing on Ice", jene Tanzshow, die wie eine frostige Version von "Let's dance" daherkommt und ihren Ursprung ebenfalls in Großbritannien hat. Dreizehn Jahre ist es, dass sich RTL an eine Adaption wagte - und auch wenn man in Köln heute ganz gewiss mit den Quoten von damals überaus glücklich wäre, gab es einst nur eine einzige Staffel. Jetzt also das Comeback in Sat.1, wo man auf der Suche nach einer großen Show für den presitgeträchtigen Sonntagabend war und vermutlich mit einiger Glückseligkeit vernahm, dass die englische Neuauflage von "Dancing on Ice" im vorigen Jahr auf große Resonanz gestoßen war.

Dancing on Ice

Bei der Adaption überließen Sat.1 und die Produktionsfirma ITV Studios Germany daher nichts dem Zufall und bauten das prächtige Bühnenbild nahezu unverändert nach. Tatsächlich ist die Inszenierung der eigentliche Star von "Dancing on Ice", denn ganz egal, wie gut oder schlecht die Darbietungen der prominenten Eiskunstläufer auch war - im Fernsehen kam dank fantasievoll bespielter LED-Wand und farbenfrohen Projektionen der großen Eisfläche fast jeder Auftritt blendend rüber.

Ein Hingucker der ersten Show war direkt das Opening, bei dem das Ensemble von Holiday on Ice mit großen Fahnen durchs Studio raste, auf denen die Konterfeis der tanzenden Stars prangte - wobei dieser Begriff zumindest bei manchen Teilnehmern etwas zu hoch gegriffen sein dürfte. Aber da unterscheidet sich "Dancing on Ice" nicht von anderen Shows dieser Art. Und damit nichts schiefgeht, hat man neben Schlagzeilen-Lieferantin Sarah Lombardi, die ihre Schlittschuhe standesgemäß mit Alessio-Schriftzug versah, auch noch einen der Kellys zur Musik der Kelly Family tanzen lassen, was sogleich für die nächsten Tränen des Abends sorgte - bei John Kellys Frau im Publikum und bei vielen anderen im Studio auch.

Dancing on Ice

Generell hat Sat.1 vieles richtig gemacht: Die Jury um Katarina Witt, die einst schon beim ProSieben-Pendant "Stars auf Eis" die Punkte verteilte, machte ihre Sache gut und konte angesichts einiger gelungener Auftritte häufiger loben als tadeln. Dazu kommt, dass Marlene Lufen und Daniel Boschmann souverän durch die Show führten, nachdem sich die anfängliche Aufregung gelegt hatte. Vor allem Boschmann deutete mit einigen seiner Moderationen an, dass in ihm durchaus ein Entertainer schlummert. Wie schön, dass Sat.1 nach dem schleppenden Start von "Endlich Feierabend" weiter an ihn glaubt.

Jetzt muss sich nur noch herumsprechen, dass Sat.1 mit "Dancing on Ice" eine wirklich sehenswerte Show auf die Beine gestellt hat - eine wahre Wohltat, verglichen mit dem Garagen-Finale von "The Voice Senior", das zur zwei Tage zuvor ausgestrahlt wurde. Mehrere Wochen hat der Sender jetzt Zeit, seinen Zuschauern die Eiszeit schmackhaft zu machen. Helfen könnte, dass sich durch die Nähe zu "Let`s dance" zwar sehr vieles sehr vertraut anfühlt, "Dancing on Ice" aber trotzdem eigene Akzente setzt. Und das liegt gewiss nicht nur an den Tränen von Detlef D! Soost.