Jetzt stellen Sie sich bitte Mal folgendes Szenario vor: Sie arbeiten bei einer Produktionsfirma, nennen wir sie "Fernsehmacher". Sie produzieren jede Woche mehrere Ausgaben einer Talksendung mit Markus Lanz, die inzwischen als wichtigste politische Gesprächssendung im Land gilt. Darüber hinaus produzieren Sie bzw. haben in der Vergangenheit Formate wie "Die Küchenschlacht", "Die große Grillshow", "Lafer!Lichter!Lecker!", "Topfgeldjäger", "Wer is(s)t besser?", "Born to cook" und - natürlich - "Lanz kocht" umgesetzt. 

Ihre Kernkompetenz liegt also in den Bereichen Talk und Kochen. Und nun haben Sie die grandiose Idee für ein neues TV-Format. Eine neue Kochshow soll es sein, weil das ja immer gut funktioniert. Das merken Sie auch, als Sie das fertige Konzept an einige potenzielle Abnehmer übermittelt haben. Plötzlich melden sich mit RTL und dem Ersten gleich zwei Sender, die zuschlagen und die Sendung umsetzen wollen. 

So oder so ähnlich muss es wohl passiert sein in den vergangenen Monaten bei den Fernsehmachern, die von Markus Heidemanns geführt werden. Doch was machen, wenn zwei Sender die gleiche Sendung kaufen? Ganz einfach: Sie schrauben hier und da noch ein wenig am Konzept, machen für den einen Sender einen Familien-Wettstreit und das andere Konzept verkaufen Sie als geniale TV-Verlängerung einer Online-Marke. Schwupps - und schon haben Sie beide Sender am Haken. 

Blöd nur, wenn beide Sendungen dann innerhalb kürzester Zeit nacheinander starten. So werden die offenkundigen Ähnlichkeiten doch allzu sichtbar. 

Sie merken schon: Es geht um das vor zwei Wochen gestartete "Familien-Kochduell" im Ersten und das neue "Chefkoch TV", das am Montagvormittag seine Premiere bei RTL gefeiert hat. Die Ähnlichkeiten beider Sendungen sind frappierend: In beiden Formaten kochen Personen eine Woche lang um die Wette, am Ende gibt es einen Sieger. Während Das Erste auf zwei Familien setzt, die gegeneinander antreten, sind es bei RTL vier Einzelpersonen. Im Mittelpunkt beider Sendungen steht außerdem die Tatsache, dass die Gerichte günstig nachzukochen sein müssen. 

Mehr als eine Werbeveranstaltung

Christine Strobl hatte das im Vorfeld des "Familien-Kochduells" auch betont, in der Sendung selbst musste Moderator Steffen Henssler gleich mehrfach darauf hinweisen, wie günstig die Gerichte seien (Hier geht’s zur kompletten TV-Kritik). Im Fall der neuen RTL-Sendung findet sich dieser Anspruch bereits im Titel des Formats: "Chefkoch TV - Lecker muss nicht teuer sein". Und so müssen die vier teilnehmenden Hobby-Köchinnen und Köche jeden Tag ein bestimmtes Preislimit einhalten. 

Moderator Alexander Herrmann spricht bei "Chefkoch TV" auch viel darüber, wie günstig die Gerichte nachzumachen sind. Auch die Teilnehmenden müssen ihren Senf dazu abgeben. Daneben verweist der Moderator immer mal wieder auf das Online-Angebot von Chefkoch, eine allzu große Werbeveranstaltung ist die Show aber nicht, was freilich auch an Herrmann selbst liegt, der dem Format mit seiner unprätentiösen Art sehr gut tut.

Herrmann kam, sah und rührte

Als Herrmann ganz am Anfang die Zuschauerinnen und Zuschauer begrüßt und kurz darauf bemerkt, dass einige Teilnehmer bereits angefangen haben mit den Vorbereitungen, ohne dass ein offizieller Startschuss gefallen ist, schimpft er wie ein Rohrspatz, löst die ganze Situation aber mit einem Augenzwinkern auf. Herrmann beschränkt sich während der Kochzeit auch nicht auf nichtssagende Gespräche mit den Kandidatinnen und Kandidaten. Geht er von einer Kochstation zur nächsten, schnappt er sich sofort einen Löffel und hantiert im Essen der Köchinnen und Köche herum. Das sehen nicht alle der Teilnehmenden so gerne. Sie alle nehmen zwar dankbar die Tipps des Profis an, aber als er einer Frau seine Hilfe anbietet antwortet die trocken: "Du kannst mir helfen, in dem du mich jetzt verlässt." 

Chefkoch TV © RTL / Markus Hertrich Sarah Henke und Tarik Rose beurteilen die Gerichte der Teilnehmenden, das ist aber leider etwas zäh.

Während der Prozess des Kochens dadurch durchaus unterhaltsam ist, zieht sich die Bewertung durch die Jury viel zu sehr in die Länge. Sarah Henke und Tarik Rose müssen jeweils vier Gerichte kosten, sich ausgiebig darüber unterhalten und dann auch noch Punkte verteilen. Das nimmt rund ein Drittel der Sendezeit ein. Weil sich Henke und Rose am Ende auch ziemlich einig sind in der Bewertung der Gerichte, fehlen hier Überraschungen. Etwas kurios auch, dass es oft und lange um das Preislimit (am Montag: 4,49 Euro) ging, aber überhaupt nicht aufgelöst wurde, wie viel die jeweiligen Gerichte nun eigentlich genau gekostet haben. 

Am Ende bleibt festzuhalten: "Chefkoch TV" ist eine recht klassische Kochshow, die sehr durch ihren Moderator getragen wird. Die Sendung ist eine gelungene Verlängerung einer bestehenden Online-Marke, könnte so aber auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk laufen. Vom Pepp eines "Hensslers Countdown" ist nicht viel zu spüren. Im direkten Vergleich mit dem "Familien-Kochduell" hat das RTL-Format die Nase jedoch vorn, weil alles ein bisschen schneller, lockerer und unterhaltsamer ist. Großer Gewinner der Kochshow-Offensiver sind aber ohnehin die Hamburger Fernsehmacher, die wohl auch künftig Appetit auf Essen im Fernsehen haben. 

RTL zeigt "Chefkoch TV" ab sofort immer werktags ab 11 Uhr.