Foto: Holtzbrinck VerlagDer Verkauf des Nachrichtensenders N24 durch ProSiebenSat.1 brachte das Thema in den letzten Monaten wieder aufs Tapet, wie wichtig den privaten Sendern heute Nachrichten noch sind und ob man sie durch Vorgaben nicht zwingen müsste, gewisse Standards einzuhalten. Geht es nach dem ehemaligen "Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert, könnten sich RTL, Sat.1 und Co. die Nachrichten allerdings gleich ganz sparen. "Also, ob ich nun auf RTL oder ProSieben Nachrichten sehe oder nicht - für mich ist das nicht wichtig", so Wickert in einem großen Interview mit "sueddeutsche.de". Was dort zu sehen sei, sei ohnehin "sehr bunt und sehr krawallig". "Meinetwegen müssen die Privatsender keine Nachrichten senden", so Wickert weiter.

Auch an der Tatsache, dass ProSiebenSat.1 seine Nachrichten aus Renditegründen nicht mehr selbst produziert und den Nachrichtensender N24 verkauft hat, kann er nichts schlechtes finden, im Gegenteil: "Das war das Beste, was man machen konnte, weil der neue Eigentümer Stefan Aust (...) wirklich ein hervorragender Nachrichtenjournalist ist und mit dem Aufbau von Spiegel TV bewiesen hat, dass er von Qualitätsfernsehen etwas versteht". Mit seiner Hilfe werde sich N24 "zum Positiven hinentwickeln", ist sich Wickert sicher.

Ein besseres Zeugnis als im vergangenen Jahr, als er mit Aussagen wie "Wer gut informiert sein will, kann auf die Nachrichten von ARD und ZDF nicht setzen" kräftig vom Leder zog, stellt er nun den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF aus - und hält sich dafür selbst für mitverantwortlich: "Diejenigen, die über Themengewichtung und Sondersendungen zu politischen Ereignissen entscheiden, denken seit der Kritik mehr darüber nach, welche Themen sie in welcher Form platzieren. Und das finde ich prima", so Wickert. Als positive Beispiele führt er die stundenlange Live-Übertragung der Bundespräsidentenwahl im Ersten an oder auch den Umgang mit Kachelmann, der in der "Tagesschau" nicht thematisiert worden sei. Dafür gebe es schließlich Sendungen wie "Brisant".

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Ein bisschen Kritik am ehemaligen Arbeitgeber gab es allerdings auch diesmal: In Bezug auf die Verpflichtung von Günther Jauch sagte Wickert: "Was ich bedaure ist, dass in der ARD zu wenige Moderatoren aufgebaut werden, aus denen später mal Jauchs oder Harald Schmidts werden könnten. Heute wird zu häufig nur nach Leuten gesucht, die nur gefällig sind". Er selbst hat unterdessen keine Ambitionen auf einen Polittalk á la Will, Illner oder Jauch. "Ich bin eher der Mann für lange Einzelinterviews", so Wickert.