Wer Deutschland kommendes Jahr beim Eurovision Song Contest vertreten wird, ist in diesen Zeiten sicherlich nicht die wichtigste und drängendste Frage. Und doch stand sie bei der jüngsten Runde der ARD-Intendanten weit oben auf der Agenda - schließlich gab es tatsächlich einiges an Redebedarf, nachdem der NDR die Nominierung von Xavier Naidoo nach massiver Kritik kleinlaut wieder zurückzog. ARD-Programmdirektor Volker Herres übte daraufhin öffentliche Kritik am Alleingang des NDR und bemängelte, dass die anderen ARD-Anstalten gar nicht vorher konsultiert worden waren.

Auf der ARD-Pressekonferenz am Mittwoch nahm Lutz Marmor stellvertretend für den NDR dann auch nochmal die Schuld auf sich: "Wir brauchen nicht drum herumreden: Der NDR hat mit der Nominierung von Xavier Naidoo einen Fehler gemacht." Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber, der die Entscheidung maßgeblich zu verantworten hatte, war bei der Pressekonferenz nicht anwesend, aber gleichwohl Thema. Volker Herres attestierte ihm nach der zuvor öffentlich geäußerten Kritik "großes Engagement und große Leidenschaft", sowohl was den ESC als auch den Unterhaltungsbereich im Allgemeinen angeht. Hinsichtlich der Naidoo-Frage sagte er: "Wo leidenschaftlich gearbeitet wird, geht auch mal was schief." Schreiber genieße aber weiter seine volle Wertschätzung und sein volles Vertrauen.

Stellt sich nun die Frage, wie man nach dem Debakel um die Naidoo-Nominierung weiter verfahren will. "Es gibt eine Tendenz, wieder zum Wettbewerb zurückzukehren und das Publikum entscheiden zu lassen", so der NDR-Intendant und ARD-Vorsitzende Lutz Marmor. Das ist jedenfalls der derzeitige Planungsstand beim NDR - nach der scharfen Kritik innerhalb der ARD will man nun aber zunächst die Meinung der anderen ARD-Anstalten bzw. der Programmdirektion des Ersten einholen. Ursprünglich wollte der NDR auf eine solche Abstimmung verzichten, um einen wirklich großen Namen zum ESC schicken zu können. Abgestimmt werden sollte zuletzt lediglich noch über den Song.

Offen ist noch die Frage, wie man sich mit Xavier Naidoo nach der einseitigen Absage der Zusammenarbeit durch die ARD einigen wird und ob daraus irgendwelche Verpflichtungen finanzieller Art entstanden sind, wie hier und da schon spekuliert wurde. Laut NDR-Fernsehdirektor Frank Beckmann habe es aber in jedem Fall noch keinen schriftlichen Vertrag mit Xavier Naidoo gegeben, sondern lediglich mündliche Vorabsprachen über Eckwerte. Was daraus folgt, müssten aber Juristen klären.

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