"Spiegel"-Journalist Claas Relotius hat vier Deutsche Reporterpreise zurückgegeben, das hat Cordt Schnibben vom Reporter-Forum der dpa mitgeteilt. Demnach habe sich der, der Fälschung überführte, Journalist per SMS beim Reporter-Forum gemeldet und sich auch entschuldigt. Relotius wurde 2013, 2015, 2016 und zuletzt Anfang Dezember dieses Jahres mit der Auszeichnung geehrt. Der "Spiegel" machte den weitreichenden Betrugsfall im eigenen Haus am Mittwoch öffentlich, Relotius soll demnach in vielen Texten Dinge hinzugedichtet und erfunden haben.

Bereits kurz nach Bekanntwerden der Fälschungen wurde dem Journalist der Peter-Scholl-Preis 2018 entzogen. Dieser wird jährlich von der Stiftung des ehemaligen "Tagesthemen"-Moderators Ulrich Wickert für die Berichterstattung über das Leid von Menschen in Krisen- und Konfliktgebieten vergeben. Beim Reporter-Forum zeigte man sich "entsetzt und wütend" über die "geradezu kriminelle Energie", mit der der "Spiegel"-Journalist, der inzwischen nicht mehr beim Magazin arbeitet, vorgegangen sei.

Der "Spiegel" arbeitete den Fall in mehreren Artikeln auf und sprach unter anderem von einem "Tiefpunkt in der 70-jährigen Geschichte des 'Spiegel'". Dass die Fälschungen an die Öffentlichkeit gekommen sind, hat das Nachrichtenmagazin Juan Moreno zu verdanken. Moreno arbeitet ebenfalls beim "Spiegel", allerdings in Berlin und nicht in der Hamburger Zentrale. Bei einer gemeinsam mit Relotius recherchierten Geschichte kamen Moreno plötzlich Zweifel.

Moreno hat sich in einem Video bei "Spiegel Online" nun noch einmal ausführlich zu Wort gemeldet und insbesondere über die Zusammenarbeit mit Relotius gesprochen. "Am Anfang waren es kleine Fehler, die mir aufgefallen sind. Kleine Dinge, die ich unglaubwürdig fand." So sei er stutzig geworden, dass sich die Mitglieder einer Bürgerwehr nicht fotografieren lassen wollten, im Text von Relotius aber "unglaubliche Dinge" behaupteten. Als er den Text schließlich im fertigen Layout sah, wunderte er sich noch mehr über das Bild von Tim Foley, Bürgerwehr-Chef aus Arizona, der namentlich nicht genannt wurde, allerdings zuvor schon medial oft aufgetreten war. Dann habe er das gemacht, "was man halt so macht als Journalist heutzutage", sagt Moreno. "Man geht ins Netz und beginnt zu recherchieren. Plötzlich fällt einem auf, dass das Bild des Hauptprotagonisten vor zwei Jahren in der ‘New York Times’ erschienen ist. Da musste ich mich setzen."

Moreno erklärt dann auch nochmal, wie er gemeinsam mit einem befreundeten Fotografen den Boxer Floyd Mayweather für ein Interview traf. Auf einem zweiten Teil der USA-Reise sei er gemeinsam mit dem Fotografen nach Arizona gefahren und habe Relotius’ Geschichte überprüft. "Ich hatte es nicht sehr leicht meine Chefs zu überzeugen, die haben mir nicht geglaubt", sagt der "Spiegel"-Journalist. Ähnliches räumte das Nachrichtenmagazin bereits bei der eigenen Aufarbeitung des Falles ein. "Egal wen ich beim ‘Spiegel’ gefragt habe, alle haben mir gesagt, er sei ein fantastischer, bescheidener und großartiger Kollege", so Moreno. Er selbst sei diesem Charme vermutlich nicht erlegen, weil er Relotius nicht so gut gekannt habe. Relotius arbeitete im Hamburger "Spiegel"-Hauptsitz. Inzwischen werde er oft gefragt, so Moreno, ob der Druck beim "Spiegel" so groß sei, immer mit den besten Geschichten zu kommen. Der Journalist sagt dazu: "Es gibt den Druck, gutes Zeug zu liefern. Aber es gibt vor allem die Verpflichtung, dass das wahr sein muss."

Update (20:20 Uhr): 2015 hat Relotius zwei Interviews im "SZ Magazin" veröffentlicht. Jetzt heißt es vom Magazin, diese weisen "Fehler auf und verstoßen gegen journalistische Standards." Der Journalist habe zugegeben, Passagen "manipuliert" zu haben. Demnach hat Relotius in einem Fall Zitate aus einer Biografie verwendet und in das Interview eingebunden. Die beiden betroffenen Interviews wurden inzwischen von der Webseite des Magazins entfernt.

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