Einen solchen Fall hat die deutsche Fernsehbranche noch nie erlebt: Vor mehr als eineinhalb Jahren hat die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) den Sendern Family TV und blizz die Lizenz entzogen, das hinderte Senderchef Timo C. Storost trotzdem nicht daran, weiter zu machen. Immer wieder legte der 29-Jährige Beschwerden und Berufungen ein und lange sah es so aus, als wären die Medienhüter in der ewig andauernden Justiz-Posse machtlos. Im Januar folgte im Rahmen einer stundenlangen Liveshow sogar ein groß angekündigter Relaunch der beiden Sender, die inzwischen tm3 und tm3+ heißen, aber natürlich nichts mit dem früheren tm3 zu tun haben. Doch damit ist jetzt wirklich Schluss: Während tm3+ schon seit einigen Tagen nicht mehr sendet, war auch der Hauptkanal mittlerweile die meiste Zeit on Air. 


Am Dienstag hat am Amtsgericht Augsburg nämlich ein Strafprozess gegen Storost stattgefunden, der das Ende des kleinen Medienunternehmens bedeutet, das sich der Selfmade-Senderboss in den vergangenen Jahren aufgebaut hat, obwohl schon seit Jahren Zweifel angebracht waren - berechtigterweise, wie man heute weiß. Storost musste sich wegen Betrugs in mehreren Fällen, Urkundenfälschung und vorsätzlicher Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit verantworten. Das Ergebnis: Drei Freiheitsstrafen, die allesamt zur Bewährung ausgesetzt wurden. Außerdem hat das Gericht einen Wertersatz in Höhe von 194.000 Euro angeordnet. Eine große Summe, erst recht für einen Mann, der nie einen Beruf gelernt hat.

Dieses Mal wird Storost nicht in Berufung gehen, das bestätigte er noch am späten Dienstagabend gegenüber DWDL.de. Der Richterspruch ist das Ergebnis eines Deals, den sein Anwalt Moritz Bode zuvor ausgehandelt hatte. Die Freiheitsstrafen belaufen sich in den drei Fällen konkret auf ein Jahr und sechs Monate, wobei hier eine Vorverurteilung (Freiheitsstrafe von vier Monaten) mit einbezogen wurde. Die zweite Freiheitsstrafe beläuft sich auf zehn Monate, auch hier wurde eine vorherige Freiheitsstrafe von sieben Monaten mit einbezogen. Und die dritte Freiheitsstrafe gilt für ein Jahr. Laut "Augsburger Allgemeine", die am Dienstag vor Ort war, war der Angeklagte zuvor schon wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt worden.

"Haarscharf" an Haft vorbeigeschrammt

Wie die Augsburger Tageszeitung weiter berichtet, erklärte der zuständige Richter noch einmal sehr eindringlich, dass Storost mit dieser Verurteilung nur "haarscharf" an einer Haftstrafe vorbeigeschrammt sei und jetzt nicht nur ein Damoklesschwert über ihm schweben würde, sondern "eine große Machete an einem seidenen Spinnenfaden". Der Angeklagte selbst entschuldigte sich demnach am Ende des Prozesses und kündigte an, am Monatsende den Betrieb seiner Sender einzustellen. Das bestätigte er auch noch einmal auf DWDL.de-Nachfrage: Am 31. März sei Schluss. Die verschiedenen von Storost betriebenen Gesellschaften sind bereits in der Insolvenz oder stellen bald einen entsprechenden Antrag. Vor Gericht sagte Storost laut "Augsburger Allgemeine" auch, er wolle für sich selbst einen Insolvenzantrag stellen.

In einem langen Statement hat sich Storost gegenüber DWDL.de ausführlich zum Aus seiner Sender geäußert. Dieses hätte nichts mit dem aktuellen Strafverfahren oder den Streitereien mit den Medienanstalten zu tun, beteuert Storost, der erstaunlicherweise selbst in den Stunden seiner bittersten Niederlage noch den Senderchef und Kommunikator mimt. "Die Entscheidung erfolgt aus persönlichen, gesundheitlichen und finanziellen Gründen", sagt er. So leide er seit 2016 unter einer Herzkrankheit, kürzlich sei zudem ein Burn-Out festgestellt worden. Durch die negative Presse in den vergangenen Wochen habe er zudem keine Neukunden gewinnen können. Storost spricht aber auch recht offen über eigene Fehler, die er gemacht hat und bilanziert: "Ich muss mich jetzt in erster Linie um meine Gesundheit kümmern, Abstand von alldem gewinnen, was die letzten Jahre um mich herum positives, wie negatives passiert ist." Am Ende teilt Storost aber auch noch einmal gegen ehemalige Weggefährten und Kritiker aus. In den kommenden Tagen wolle er außerdem "die ganze Geschichte über diese Fernsehbranche und all meine Erfahrungen und Erlebnisse" erzählen. Dann werde er alles richtigstellen, so Storost. 

"Ich muss mich jetzt in erster Linie um meine Gesundheit kümmern."
Timo C. Storost

Seinen ehemaligen Geschäftspartnern dürfte das nichts bringen, sie werden wohl auf ihren Forderungen sitzen bleiben. Und diese Forderungen haben es ganz schön in sich. Die "Augsburger Allgemeine" schreibt von einem Schuldenberg von weit über einer Million Euro. So hätten sich inzwischen alleine Einspeiseentgelte bei Kabel- und Satellitenbetreibern von rund 500.000 Euro aufgetürmt, die nicht bezahlt worden seien. Einem anderen Unternehmen soll Storost für Media-Dienstleistungen sogar 700.000 Euro schulden. Auch erworbene Lizenzen wurden demnach nicht immer bezahlt. Schon in der Vergangenheit hatte Storost Probleme, weil er Produktionen ausstrahlte, von denen er gar keine Rechte besaß. Und auch als er jüngst zahlreiche Gäste zu besagter Liveshow nach Dortmund lud, blieb so manche Rechnung unbezahlt.

Wegen der vielen Rechtsstreitigkeiten war das Programm zuletzt ohnehin arg ausgedünnt worden. Laut der Webseite von tm3 zeigte man nur noch ein Automagazin sowie eine Pannenshow zur besten Sendezeit, den Rest des Tages bestritt man mit Teleshopping. Nun also das Aus des Senders, der sich in den vergangenen Monaten und Jahren auf Biegen und Brechen doch noch immer irgendwie auf dem Schirm hielt - auch mit freundlicher Unterstützung manch großer Unternehmen, die mit Teleshopping-Fenstern in Storosts Kanälen auftauchten oder dem Sender selbst dann noch bei der Verbreitung halfen, als sich längst erahnen ließ, dass bei Family TV oder tm3 nicht alles mit rechten Dingen zugehen konnte.

"Die ungewöhnlich hartnäckige Weigerung von Herrn Storost, sich rechtskonform zu verhalten, stellt den Rechtsstaat - und verständlicherweise auch die Geduld der Öffentlichkeit - auf die Probe", erklärte die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) zuletzt gegenüber DWDL.de. Nach mehr als eineinhalb Jahren haben die Medienhüter doch noch ihr Ziel erreicht - tm3 wird abgeschaltet.

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