"TV-Branche fordert Ausfallfonds vor Produktions-Neustart". Es war Mai, als man bei DWDL.de diese Schlagzeile lesen konnte. Inzwischen wissen wir: Der Produktions-Neustart wurde ohne einen solchen Ausfallfonds durchgeführt. Über den Sommer und angesichts niedriger Corona-Infektionszahlen geriet das Thema fast ein Stück weit aus dem Auge. Zwar wurde ein staatlicher Ausfallfonds geschaffen - allerdings wurde er auf Kinofilme und High-End-Serien beschränkt. Der Großteil der TV-Produktionen war davon gar nicht erfasst - und spätestens seit im Herbst die Infektionszahlen wieder zu steigen begannen, wurde immer mehr Produzenten der Branche zunehmend mulmig.

Zwar gaben mehrere Bundesländer früh zu erkennen, dass sie bereit wären, sich an einem solchen Fonds zu beteiligen, auch die Sender und Produktionsfirmen gaben zu Protokoll, dass sie sich beteiligen wollen. Doch die Monate gingen ohne Abschluss ins Land. Im Oktober war dann zu hören, dass man auf der Zielgeraden sei, Anfang November berichtete die "FAZ" schon über Details - doch auch dieser Monat ging ohne Einigung zu Ende. Nun, nach dem Start eines erneuten "harten Lockdowns", Rekord-Infektions und -Todeszahlen legen die Länder und Sender den Produzenten doch noch den so sehnlich erwarteten "Ausfallfonds II" unter den Weihnachtsbaum. "Da die Fernsehproduktion für einen überwiegenden Teil der Produktionsfirmen in Deutschland das tragende finanzielle Standbein ist, war es allerhöchste Zeit, dass Länder und Sender eine gemeinsame Lösung für das existenzbedrohende Risiko Covid-19-bedingter Produktionsausfälle finden. Gerade angesichts hoher Infektionszahlen und eines erneuten Lockdowns in Deutschland kommt der Ausfallfonds II keine Sekunde zu früh", erklärt Alexander Thies, Vorsitzender der Produzentenallianz.

Unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen haben sich insgesamt neun Bundesländer, Sender und Produzenten auf die Modalitäten geeinigt. 57,5 Prozent der Ausfallkosten übernehmen demnach die Länder, 32,5 Prozent die Sender und Streaming-Dienste, 10 Prozent bleiben für Produzenten als Selbstbeteiligung. Der Fonds sichert Produktionen ab, die seit dem 1. November 2020 gedreht werden. Er läuft vorerst bis Ende Juni 2021. Anträge können ab dem 4. Januar 2021 gestellt werden. Neben Fiction-Produktionen können unter anderem auch Dokumentationen, Shows und Unterhaltungssendungen sowie Animationsprojekte Ausfalkosten geltend machen. Die Ausgleichsleistung ist dabei bei maximal 800.000 Euro gedeckelt, wobei es hier Unterschiede je nach Genre gibt. Bei einer Corona-bedingten Drehunterbrechung muss der Produzent die zu erwartenden zusätzlichen Aufwendungen gegenüber dem Sender geltend machen. Die Ausgleichszahlungen erfolgen dann, so wie auch beim Ausfallfonds I, über die Filmförderungsanstalt FFA.

Allerdings gilt all das nur für Produktionsfirmen, die ihren Hauptsitz in einem Bundesland haben, das sich auch an dem Fonds beteiligt. Das sind Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Einer solchen Lösung verweigert haben sich dementsprechend Baden-Württemberg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Thüringen. Thies von der Produzentenallianz bezeichnete es als "bedauerlich", dass sich auch Länder wie Baden-Württemberg und Niedersachsen trotz beträchtlicher Produktionsstandorte nicht beteiligt haben. "Wir hoffen, dass in diesen Ländern in den kommenden Wochen noch ein Anschluss an die Ausfallsicherung in Erwägung gezogen wird."

Insgesamt geben die sich beteiligenden Länder 43 Millionen Euro, allein 16 Millionen kommen aus Nordhrein-Westfalen. Der in NRW für Medien zuständige Staatssekretär Nathanael Liminski sagt dazu: "TV- und Streaming-Produktionen erfreuen sich stark wachsender Beliebtheit – nicht erst in den vergangenen Monaten. Auch deshalb sollen sie die gleiche Absicherung erhalten wie der Kinofilm. Der neue Ausfallfonds II ist eine gute Nachricht für Filmschaffende: Produktionsunternehmen erhalten nun die dringend benötigte Sicherheit für Dreharbeiten in Zeiten der Corona-Pandemie. Es freut mich, dass es gelungen ist, gemeinsam mit den Sendern ein solches Programm zu entwickeln. Nordrhein-Westfalen ist Fernsehstandort Nummer eins in Deutschland. Deshalb beteiligt sich das Land mit insgesamt 16 Millionen Euro so stark wie kein anderes Land am Ausfallfonds II. Gemeinsam mit den Sendern geben wir damit den Produzenten die notwendige Absicherung und tragen gleichzeitig dazu bei, dass die Sender auch weiterhin im gewohnten Umfang Programminhalte bei den Produktionsunternehmen beauftragen können."

MDR-Intendantin und ARD-Filmintendantin Karola Wille: "ARD und ZDF begrüßen die Einrichtung des Ausfallfonds II und danken den Ländern für ihr Engagement. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben seit Beginn der Pandemie mit umfangreichen Maßnahmen und erheblichen finanziellen Mitteln ihre Auftragsproduzentinnen und -produzenten verlässlich unterstützt. Das gemeinsame Engagement von Ländern, Sendern und Produktionswirtschaft in dieser herausfordernden Zeit ist ein wichtiges Signal." Henning Tewes erklärt für die Mediengruppe RTL Deutschland: "Seit dem ‚Runden Tisch Fernsehen‘ im Mai haben Sender und Produktionsunternehmen in vertrauensvollen und intensiven Gesprächen nach Gemeinsamkeiten und Lösungen für die herausfordernden Bedingungen in unserer Branche gesucht – und diese immer wieder auch gefunden. Wir Sender haben uns dabei klar zu unserer Verantwortung bekannt. Unser besonderer Dank geht an die Vertreter der Länder für die konstruktiven Gespräche in den vergangenen Wochen, an deren Ende ein Ergebnis steht, das sich sehen lassen kann."

Mehr zu den Details gibt's bei der FFA.

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