Mit ihrem Eilantrag gegen die Nicht-Verabschiedung der Erhöhung des Rundfunkbeitrags durch den Landtag in Sachsen-Anhalt sind die öffentlich-rechtlichen Sender zwar gescheitert - allerdings nur, weil sie die Eile nicht begründet haben. Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus. Und Sachsen-Anhalt hat dann nicht nur die Sender gegen sich, sondern auch alle übrigen Bundesländer, die sich vor dem Verfassungsgericht gemeinsam vertreten lassen. "Ziel muss es sein, eine stabile Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu erreichen", erklärte Oliver Schenk, Chef der Staatskanzlei Sachsens, in einem Interview mit der "FAZ". Eine solche bedarfsgerechte Finanzierung steht den Sendern verfassungsrechtlich zu.  Vor einer Neuberechnung des Rundfunkbeitrags unter Einbeziehung der Corona-Lage warnt Schenk: "Wer die vorgesehenen 18,36 Euro in Frage stellt, geht das Risiko ein, eine höhere Empfehlung zu erhalten, weil auch die Öffentlich-Rechtlichen von der Pandemie betroffen sind, sei es durch höhere Produktionskosten oder geringere Werbeeinnahmen. Hinzukommen dürfte eine zunehmende Zahl von Befreiungen oder Ermäßigungen."

In früheren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach geurteilt, dass die Länder nur in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen von der KEF-Empfehlung abweichen dürften. Das heißt aber nicht, dass die Länder keinen Einfluss hätten - nur eben an anderer Stelle. Es liegt nämlich in der Hand der Politik, den Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen zu bestimmen und damit einen Rahmen festzulegen, der dann womöglich in der Folge auch zu geringeren Beiträgen führen könnte. "Die Landtage müssen bei der Definition der Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in unserer Gesellschaft eine aktivere Rolle spielen, um so mit ihrer demokratischen Legitimation Einfluss auf diese Diskussion zu nehmen", wiederholt Schenk nochmal eine eigentlich seit langem bekannte Erkenntnis.

Es gehe nun darum, sich schnell über eine Reform des öffenltich-rechtlichen Rundfunks zu verständigen, wofür es auch nötig sein könnte, das bisherige Einstimmigkeitsprinzip zu kippen. "Es gab bereits Ende 2019 sehr weitgehende Überlegungen, die aber nicht von allen Ländern getragen worden sind", so Schenk. Würde auch weiterhin eine Mehrheitsentscheidung nicht ausreichen, drohten "notwendige Veränderungen und innovative Ideen an Partikularinteressen zu scheitern". Nötig sei nun ein "großer Wurf", ein "weiter so" reichte nicht mehr.

Seine Vorstellungen von einem "großen Wurf" skizziert Schenk unter anderem damit, dass die öffentlich-rechtlichen Sender mehr Flexibilität - etwa in der Frage des richtigen Ausspielungsweges oder dem Ausbau der Mediathken - ermöglicht wird, aber auch auf eine stärkere Unterscheidbarkeit zu den privaten Anbietern gedrungen werde. Von den Anstalten sei "mehr Mut und Innovationskraft erforderlich, um die Angebote für alle sozialen und Altersgruppen attraktiv zu machen", so Schenk. "So sollten auch um 20.15 Uhr bereits kulturelle Highlights, Dokumentationen oder auch Sendungen mit regionalen Schwerpunkten gezeigt werden und nicht erst um Mitternacht."

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