New Producers Network © New Producers Network
Unter dem Namen New Producers Network haben sich acht Produktionsfirmen, die vorrangig fürs Digitale produzieren, zusammengetan. Die Unternehmen wollen sich so künftig besser untereinander austauschen und perspektivisch auch nach außen hin mit einer Stimme sprechen. Zu den Gründungsfirmen gehören Hyperbole TV, Kooperative Berlin, Labo M, sendefähig, HitchOn, Richtig Cool, K2H und Drive Beta.

Sie alle arbeiten vorrangig nicht für lineare TV-Sender, sondern allen voran für Mediatheken, Social-Media-Plattformen wie TikTok oder Youtube und hier speziell auch für Funk. Die größte Verbindung zur linearen TV-Welt hat mutmaßlich die K2H von Louis Klamroth, bei der auch Florida Entertainment investiert ist und die zuletzt einige neue Formate im Fernsehen angekündigt hat. Etwa Wahlduelle im ZDF oder die "ProSieben Bundestagswahl-Show". Auch die KanzlerkandidatInnen-Interviews bei ProSieben wurden von K2H produziert. Andere bekannte Formate der beteiligten Produktionsfirmen heißen unter anderem "Shapira Shapira" oder "13 Fragen" (Hyperbole TV), "Y Kollektiv" (sendefähig), "On Mai Way" (Drive Beta), "Stern Crime - Der Podcast" (Kooperative Berlin), "Deutschland3000" (Labo M), "Lästerschwestern Podcast" (Richtig Cool) und "Bosetti will reden!" (HitchOn). 

HitchOn ist eine Social-Media-Agentur, die sich zuletzt schon mit der Studio Hamburg Production Group zusammengetan und ein Joint Venture gegründet hat (DWDL.de berichtete). Beim New Producers Network behalten alle Unternehmen ihre Eigenständigkeit, dieser Zusammenschluss ist eine Art Produzentenallianz, in der man Themen voranbringen will, für die die einzelnen Unternehmen wohl zu klein wären. 

Masterclass startet im September

Man wolle einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch gewährleisten, heißt es von den ProduzentInnen. Das gilt sowohl innerhalb der verschiedenen Unternehmen, aber auch darüber hinaus. Dazu hat man Masterclasses angekündigt, mit denen man sich an Medienhäuser und Sender richtet. Ab dem 1. September will man einmal wöchentlich zu einer solchen Masterclass laden - und das vorerst sechs Mal. Nachgehen will man dann, gemeinsam mit den Auftraggebern, den Fragen, wie man Zielgruppen besser verstehen kann, welche Formate die User wirklich Nutzen, wie man Diversity fördert, wie Youtube-SEO funktioniert und was die Sender sonst noch wissen müssen bei der Produktion von digitalen Projekten. Die Masterclass ist offen und kostenfrei, die Anzahl der TeilnehmerInnen jedoch begrenzt. 

Martje Friedrich © Labo M Martje Friedrich
"Es gibt inzwischen eine große Offenheit bei den Sendern, wenn es um digitales Produzieren geht. Aber mit vielen Redaktionen, mit denen man sich unterhält, fängt man von vorne an", sagt Martje Friedrich, Formatentwicklerin und Digitalstrategin bei Labo M, im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Auch deshalb habe man die Masterclass entwickelt. Hier kann man einmal kompakt Wissen an Redaktionen vermitteln und idealerweise profitieren alle ProduzentInnen davon in der Zukunft. "Wir suchen einen Erfahrungsaustausch und wollen gemeinsam klüger werden", ergänzt Drive-Beta-Geschäftsführer Hannes Jakobsen. Zu Beginn hoffe man erst einmal, dass sich noch mehr Unternehmen dem New Producers Network anschließen, so Jakobsen. Man sei hier auch schon in Gesprächen. 

Gesellschaftspolitische Verantwortung?

Neben dem Erfahrungsaustausch will man aber auch in den Bereichen Aus- und Weiterbildung zusammenarbeiten. Konkret ist noch nichts, gegenüber DWDL.de sagen die InitiatorInnen des Networks aber, dass man derzeit überlege, ein Traineeship oder ein Volontariat aufzulegen, bei dem junge Menschen verschiedene Stationen durchlaufen. Auch hier sieht man sich gemeinsam in einer stärkeren Position als allein. 

Hannes Jakobsen © DRIVE beta/Vicky Janke Hannes Jakobsen
Außerdem kündigen die Produktionsfirmen gegenüber DWDL.de auch an, sich zu bestimmten gesellschaftspolitischen Themen äußern zu wollen, hier wolle man Verantwortung tragen und "einen Beitrag zur Gestaltung der Medienlandschaft und digitalen Öffentlichkeit leisten", heißt es. Da geht es dann um so Themen wie Hate Speech auf den digitalen Plattformen, die für viele der Unternehmen der wichtigste Distributionskanal sind. Bedenken, die Unternehmen würden nicht an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen, wischen sie beiseite. "Bei allen Plattformen gibt es mittlerweile ein Bewusstsein dafür, dass es teilweise große Probleme gibt, mit denen man umgehen muss", sagt Hannes Jakobsen. 

"Ohne Funk wäre die Medienlandschaft für das Publikum zwischen 20 und 30 Jahren eine komplett andere."
Markus Heidmeier, Geschäftsführer Kooperative Berlin

Die Unternehmen können sich auch vorstellen, in die Debatte rund um die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen einzugreifen und hier pro ARD und ZDF zu argumentieren. Vor allem für Funk finden die ProduzentInnen lobende Worte. "Funk hat sehr in die Anstalten hinein gestrahlt und ohne Funk wäre die Medienlandschaft für das Publikum zwischen 20 und 30 Jahren eine komplett andere", sagt Markus Heidmeier, Geschäftsführer der Kooperative Berlin, gegenüber DWDL.de. Man habe nun die Chance, sich in einem Netzwerk auszutauschen und eine Stimme zu entwickeln. Einzeln sei man kleine Rädchen in einem großen Getriebe, so Martje Friedrich. 

Markus Heidmeier © Kooperative Berlin Markus Heidmeier
In den bisherigen Interessensvertretungen habe man sich bislang nicht wiedergefunden, sagt Markus Heidmeier. "Das war die Initialzündung für die Gründung des New Producers Networks." Und es ist ja auch irgendwie logisch: Während bei den traditionellen Produktionsfirmen und ihren Verbänden beispielsweise das Thema Film- und Fernsehförderung nach wie vor sehr wichtig ist, haben die Digitalproduzenten ganz andere Themen, die sie umtreiben. Hier stehen die Kommunikation mit den Plattformen und den Influencern oder auch die noch oft noch immer neue Produktionsweise im Mittelpunkt von Diskussionen. Bei Labo M, Drive Beta & Co. muss man auch stärker als bei klassischen Produktionsfirmen die Distribution mitdenken - das wiederum erfordert exakte Kenntnisse der verschiedenen Plattformen samt ihrer Vor- und Nachteile. Als Alternative zur Produzentenallianz will man sich aber nicht bezeichnen, es gehe vor allem um den Erfahrungsaustausch und das gemeinsame Lernen, betonen die ProduzentInnen. "Wir wollen keine Tarifpartei werden, sondern erst einmal konstruktiv Wissen teilen", sagt Heidmeier. 

Eine neue Produzentenallianz?

Sarah Kübler © HitchOn/Sandra Zaitsev Sarah Kübler
Ein Vergleich mit der Produzentenallianz oder anderen Verbänden würde auch schon deshalb hinken, weil das New Producers Network noch ein relativ loser Zusammenschluss der Unternehmen ist. Noch gibt es keine Gesellschaft, in der alle Firmen ihre Expertise und Wissen einbringen, geschweige denn ein wie auch immer geartetes Führungsgremium. In Gründung ist derzeit ein Verein. "Wir wollten schnell ins Tun kommen und uns nicht direkt mit administrativen Dingen beschäftigen", sagt Sarah Kübler, Geschäftsführerin von HitchOn. Das komme später, wenn alle das Gefühl hätten, "dass es funktioniert". 

Eins jedenfalls ist sicher: Die "jungen Wilden" sind in den vergangenen Jahr nicht nur wichtiger, sondern auch größer geworden. Einige der Produktionsfirmen beschäftigen schon heute mehr als 50 Mitarbeitende. Im Gespräch mit DWDL.de betonen Sarah Kübler, Martje Friedrich, Markus Heidmeier und Hannes Jakobsen unisono, dass das Verständnis bei den Sendern gegenüber den Digital-ProduzentInnen gestiegen sei. Inzwischen müsse man nicht mehr so oft wie noch in der Vergangenheit erklären, weshalb ein Youtube-Format eben doch nicht viel günstiger sei als ein vergleichbares Format fürs lineare Fernsehen. Es gebe bei den Sendern eine große Öffnung und Akzeptanz, heißt es. "Inzwischen ist bei allen anerkannt, dass digitale Arbeit keine Modeerscheinung ist. Das war vor fünf Jahren noch anders", sagt Markus Heidmeier. Die gestiegene Akzeptanz will man nun nutzen, um künftig verstärkt mit einer Stimme zu sprechen, um so Themen, die alle Firmen umtreiben, besser als bislang zu adressieren.