Sie leitet das ARD-Hauptstadtstudio, will nun aber mehr und bewirbt sich um die Nachfolge von ZDF-Intendant Thomas Bellut. Bei der Wahl am 2. Juli tritt Tina Hassel gegen ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler an, der als Favorit gilt. Doch Hassel zeigt sich in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" selbstbewusst und optimistisch. "Ich weiß, was ich kann und wie gut ich bin", sagt die Journalistin, die derzeit noch das ARD-Hauptstadtstudio leitet. Es sollte normal sein, dass es bei einer solchen Position nicht nur Kandidaten aus dem eigenen Haus gebe, so Hassel. 

In dem Interview bestätigt Hassel auch, dass sie zunächst aus dem 60-köpfigen Fernsehrat angesprochen wurde und sich daraufhin um die Bewerbung gekümmert habe. Bei der Wahl muss einer der Kandidaten eine Drei-Fünftel-Mehrheit erreichen. An eine politische Einflussnahme in dem Gremium glaubt Hassel indes nicht. "Gewählt wird von selbstbewussten Fernsehräten. Und zwar das beste Konzept, mit einem hohen Quorum. [...] Die 60 Räte sind doch spätestens nach der Causa Brender noch diverser und parteiferner aufgestellt."

Dass sie als Außenseiterin im Rennen um den Posten gilt, stört Hassel nicht. "Ich bin gut darin, Dinge von angeblich aussichtslosen Posten zu drehen. Mir macht es Spaß, Dinge aufzuwirbeln", sagt sie. Ihre Leidenschaft gehöre dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seinen Aufgaben, "die in Zukunft nicht leichter werden". Hassel: "Die Öffentlich-Rechtlichen stehen unter Druck. Es gibt eine Art Wechselstimmung weg von uns, auch aus der Mitte der Gesellschaft, von den Leuten, die uns eigentlich wohlgesonnen sind. Das beunruhigt mich. Dagegen möchte ich mich mit allem, was ich zu bieten habe, angehen."

"Das öffentlich-rechtliche Fernsehen braucht mehr Mai Thi’s"

Zuletzt waren bereits die Konzepte von Hassel und Himmler durchgesickert, mit denen sie sich um die ZDF-Spitze bewerben (DWDL.de berichtete). Im "Tagesspiegel"-Interview wird Hassel nun noch etwas konkreter. "Es braucht beim klassischen Fernsehen unbedingt formatsprengende Aufschläge im linearen Programm", sagt sie und nennt Joko, Klaas und ihre Pflege-Doku bei ProSieben als positives Beispiel. "Das ist mir ganz wichtig. Das müssen wir auch hinkriegen. Ob bei ARD oder ZDF, wir brauchen eine andere Idee von Audience Flow. Und bei Online First müssen ARD und ZDF auch noch viel mehr machen."

Das am Montag von ARD und ZDF angekündigte "Streaming Netzwerk" bezeichnet Hassel als einen "ganz wichtigen Schritt", der aber noch konsequenter umgesetzt werden müsse. "Unser non-lineares Schaufenster muss viel interaktiver und kommunikativer werden. Wir müssen uns der Kritik und dem Austausch mit den Zuschauern stellen. Mediathek muss social gehen und interaktiv werden, wir brauchen einen Rückkanal dafür, wie unsere Arbeit ankommt." Als es in dem Interview um Rezo und seinen Versuch, Armin Laschet zu interviewen geht, antwortet Hassel mit einem Verweis auf Mai Thi Nguyen-Kim. "Viel flotter als Rezo ist für meinen Geschmack Mai Thi Nguyen-Kim, die Wissenschaftsjournalistin und Youtuberin, die vom WDR zum ZDF gegangen ist. Die ist flott und hintergründig. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen braucht mehr Mai Thi’s."