Die Wrabetz-Ära beim ORF geht zu Ende: Der Amtsinhaber, der seit 2006 amtierte und es in der Vergangenheit auch mehrfach schaffte, unmöglich scheinende Mehrheiten im Stiftungsrat zu organisieren, wurde am heutigen Dienstag nicht erneut gewählt. Seine Nachfolge tritt stattdessen zum 1. Januar 2022 Roland Weißmann an, der sich neben Wrabetz auch gegen ORF1-Channel-Managerin Lisa Totzauer, ORF-Technik-Vizedirektor Thomas Prantner und Harald Thoma als einzigem externen Bewerber durchsetzte. 24 von 35 Stimmen entfielen letztlich auf Weißmann, sechs mehr als nötig. Wrabetz gab in seinem Vortrag vor dem Gremium die Wahl bereits verloren, wie berichtet wird.

Roland Weißmann galt als Wunschkandidat der ÖVP und wurde vielleicht auch deshalb nicht müde zu betonen, wie wichtig für ihn ein unabhängiger ORF sei. "Unsere Objektivität und Unabhängigkeit hebt uns von den kommerziellen Mitbewerbern ab, im Digitalen stärker denn je", betonte er etwa bei seiner Präsentation am Montagabend im ORF. Gerade weil er von der Kurz-Mehrheit gewählt wurde, wird er besonders daran gemessen werden, wie sehr er versuchte Einflußnahme durch die Politik abwehren kann.

Gewählt wurde er offenbar maßgeblich von ÖVP-nahen Stiftungsräten, aber auch den Grünen. Hier gab es im Vorfeld Berichte, dass den Grünen dafür zwei Direktorenposten versprochen worden waren. Thomas Zach, Leiter des ÖVP-nahen "Freundeskreises" im Stiftungsrat, kommentierte nach der Wahl: "Der neue ORF-Generaldirektor Roland Weißmann verbindet journalistische, programmwirtschaftliche und digitale Kompetenz und er ist vor allem ein Teamplayer – genau das braucht der ORF für seine Zukunft."

Bei seiner Bewerbung für den Posten des ORF-Generaldirektors stellte er das Versprechen eines "Kulturwandels" in den Mittelpunkt und versprach, den ORF digitaler, jünger und diverser aufzustellen. Dafür benötige der ORF allerdings auch "mehr digitale Bewegungsfreiheit", derzeit sind dem Sender an vielen Stellen gesetzlich die Hände gebunden. Wachsen soll der ORF nach seiner Vorstellung jedenfalls mit neuen digitalen Angeboten, für die man anders produzieren müsse als fürs Lineare. Um hier auch jüngere anzusprechen, brauche man zudem mehr jüngere Mitarbeiter im ORF. Zugleich wolle er künftig besser die "Pluralität der Gesellschaft abbilden" und "verschiedenste Lebensrealitäten zeigen". Als weiteren Schwerpunkt nannte er - wie auch alle seine Mitbewerberinnen und Mitbewerber - eine starke regionale Verankerung.

Weißmann kennt den ORF bestens, ist er doch seit 26 Jahren in unterschiedlichen Positionen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Österreichs tätig. Begonnen hat er seine Karriere dort im aktuellen Dienst im ORF-Landesstudio Niederösterreich. Seit 2012 verantwortet er als Chefproducer Fernsehen das größte ORF-Programmbudget, 2017 wurde er obendrein Vize-Finanzdirektor – ein Posten, der wohl nur für ihn geschaffen wurde, nachdem die SPÖ verhinderte, dass er Finanzdirektor wurde. 2020 bekam er dann auch noch die Verantwortung für orf.at und den ORF-Player übertragen.

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