Die Causa Julian Reichelt hat den Vorstand der Axel Springer SE in dieser Woche erneut eingeholt: Ein Bericht der "Financial Times" zeichnete nicht nur ein fatales Bild, wie die Springer-Führung mit den Vorwürfen gegen Reichelt umgegangen ist, sondern wirft erneut auch ein übles Licht insbesondere auf den Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner. Im vergangenen Herbst war bereits eine SMS bekannt geworden, in denen er sich in einem "neuen DDR-Obrigkeitsstaat" wähnte und Reichelt als "einzigen Journalisten, der noch mutig dagegen aufbegehrt" titulierte, während er andere Journalistinnen und Journalisten pauschal als "Propaganda-Assistenten" verunglimpfte.

Döpfner entschuldigte sich damals mit einiger Verzögerung für diese Aussagen und betonte, sie seien in privatem Umfeld und ironisch und überspitzt formuliert gewesen. In dem in dieser Woche veröffentlichten Bericht der "Financial Times" ist nun aber zu lesen, dass ähnlich gelagerte Aussagen auch in anderen privaten Gesprächen gefallen seien. So sei Springer die letzte "Bastion der Unabhängigkeit" - was im Gegenzug erneut eine Herabwürdigung aller anderen Verlage und Redaktionen darstellt. Das ist insofern bemerkenswert als dass Döpfner als Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger an der Spitze von deren Verband steht und sie vertreten soll.

Die Funke-Gruppe, die sich auch im Herbst schon kritisch zu Döpfner geäußert hatte, erneuerte gegenüber dem "Spiegel" nun ihre Kritik an Döpfner. Bereits im Herbst habe man festgestellt, dass die Äußerungen und das Verhalten Döpfners dem Amt eines BZDV-Präsidenten "nicht angemessen" seien und eine fatale Wirkung auf die Öffentlichkeit und Journalistinnen und Journalisten habe. "Die neuesten Berichte über die Vorgänge bei Axel Springer haben uns in unserer Auffassung leider bestärkt. Eine Einordnung von Herrn Döpfner liegt uns auch vier Tage nach der Veröffentlichung des Financial-Times-Artikels nicht vor. Um den Verband und die Branche, die er vertritt, zu schützen, halten wir nach wie vor eine Neuaufstellung der ehrenamtlichen Strukturen für unerlässlich."

Am Montag findet nun ohnehin eine Delegierten-Versammlung des BDZV statt, in der es um die Neuausrichtung des Verbandes - im Raum steht auch der Vorschlag einer Fusion der verschiedenen Verlegerverbände - gehen soll. Es ist wahrscheinlich, dass Döpfner sich dann erneut für sein Verhalten und seine Aussagen rechtfertigen muss. Man darf gespannt sein, ob er dann weniger schmalllippig sein wird als zuletzt gegenüber der eigenen Belegschaft: In einem Schreiben, aus dem "Medieninsider" zitierte, hieß es zwar, dass der "FT"-Bericht ein "irreführendes Bild" zeichne, doch Lust auf öffentliche Aufklärung, wie es wirklich abgelaufen ist, hat die Springer-Führung offenbar nicht: "Wir haben nach langer Diskussion – auch wenn es schwerfällt – beschlossen, uns zum Compliance-Verfahren nicht mehr detaillierter zu äußern."

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