Dieser Rechtsstreit droht teuer zu werden: Der Skandal um den inzwischen rausgeworfenen ehemaligen "Bild"-Chef Julian Reichelt hat ein juristisches Nachspiel in den USA, wo eine ehemalige Mitarbeiterin der "Bild", die zeitweise eine Affäre mit Reichelt hatte und dann fallen gelassen wurde, Klage auf Schadensersatz eingereicht hat. Die "Zeit" berichtet online aus der Klageschrift und führt auf, dass gegen "Bild" sowie den US-amerikanischen Ableger Axel Springer Services insgesamt elf Vorwürfe erhoben werden.

So habe sich der Verlag nach Ansicht der Klägerin der sexuellen Belästigung, Vergeltungsmaßnahmen, unfairer Entlohnung sowie Beihilfe zu Belästigung schuldig gemacht haben. Die Klage gibt nach Angaben der "Zeit" den Fall Reichelt noch einmal ausführlich aus Sicht der ehemaligen Mitarbeiterin wieder, führt dabei Details aus, die der beschuldigte Reichelt zuvor schon und auf Anfrage von "Zeit" erneut bestreitet.

Für Axel Springer wird die Klage ein unternehmerisches Risiko, weil in der Vergangenheit ähnlich gelagerte Klagen vor US-Gerichten oft zu hohen Schadensersatzforderungen führten, denen nicht selten stattgegeben wurde. Das liegt an einer noch wesentlich strengeren Auslegung des Umgangs von Vorgesetzten und ihren beruflich unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Dieser Umstand machte die Affäre Reichelt schon zum Bremsklotz für Springers Ambitionen in den USA, wo das deutsche Medienhaus nach dem Investment in Business Insider 2015 vergangenes Jahr auch das US-Medienunternehmen Politico übernommen hat. Die jetzt eingereichte Klage wird die Aufmerksamkeit auf den Fall nochmal erhöhen und es nicht leichter machen, ein Schmuddel-Image von sich zu weisen.

Zur Klage vor einem US-Gericht kam es jetzt, weil die Journalistin als Versuch eines Neuanfangs nach der Affäre mit Reichelt im Oktober 2019 in die USA zog. Wie die "Zeit" aus der Klageschrift wiedergibt, hätten sie die Gerüchte der Affäre jedoch auch bis nach Kalifornien verfolgt, wo sie im Januar 2020 eine hochrangige Managerin von Springer in San Francisco erfolglos um Hilfe gebeten habe. Kurz darauf sei ganz im Gegenteil ihr Vertrag nicht verlängert worden.

Die jetzt klagende Ex-Mitarbeiterin zählt zu jenen Frauen, die im vergangenen Jahr im Rahmen einer Compliance-Untersuchung ihre Erfahrungen mit Julian Reichelt zu Protokoll gegeben hatten. Daraufhin hatte Springer den damaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt zunächst kurzzeitig freigestellt aber dann wieder zurückgeholt. Erst als die "New York Times" erneut mit mehr Details über das Wirken von Reichelt berichtete, flog dieser raus bei Springer. Er wies die Vorwürfe stets zurück, auch diesmal auf erneute Anfrage von "Zeit". Bei Axel Springer will man die US-Klage jetzt zunächst prüfen und "zu gegebenem Zeitpunkt dazu Stellung nehmen."