Julian Reichelt trifft seinen ehemaligen Arbeitgeber Axel Springer demnächst womöglich vor Gericht wieder. Dieses Szenario ist jetzt um einiges wahrscheinlich geworden: Wie der "Spiegel" nämlich berichtet, hat das Medienunternehmen den ehemaligen Chefredakteur der "Bild"-Zeitung verklagt. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins will Springer die an Reichelt gezahlte, siebenstellige Abfindung zurück haben und fordert darüber hinaus noch eine Vertragsstrafe. 

Beim Berliner Arbeitsgericht sei eine "umfangreiche Zivilklage" Springers eingegangen, berichtet der "Spiegel". Eine Sprecherin des Gerichts bestätigte demnach gegenüber dem "Spiegel" den Eingang eines entsprechendes Schriftsatzes. Springer will sich zum laufenden Verfahren nicht äußern, Reichelt hat sich bislang noch nicht zur Klage seines ehemaligen Arbeitgebers geäußert - auch nicht gegenüber dem "Spiegel". 

Im Kern der Klage steht laut "Spiegel" ein zwischen Axel Springer und Julian Reichelt geschlossener Abwicklungsvertrag aus dem Herbst 2021. Den schlossen damals beide Seiten im Zuge der vielen Vorwürfe, die gegen Reichelt aufkamen und die das Vertrauen zwischen Chefredakteur und Unternehmensführung nachhaltig beschädigten. Reichelt verließ den Konzern daraufhin und gründete sein eigenes Medien-Start-up. 

In dem Abwicklungsvertrag sind laut "Spiegel" neben einer Abfindung in Millionenhöhe für Reichelt auch Pflichten geregelt, an die sich der langjährige Chefredakteur der "Bild" halten sollte. Bei Springer glaubt man nun aber offenbar, dass sich Reichelt nicht an die Abmachungen gehalten habe. Neben Vereinbarungen zur Vertraulichkeit und zur Herausgabe und Löschung interner Daten soll Reichelt damals auch einem Abwerbeverbot zugestimmt haben. Nach seinem Abgang bei Springer holte er dann aber einige ehemalige Weggefährten in sein Start-up. Ob die Vorwürfe stimmen, wird wohl bald schon ein Gericht entscheiden. 

In der Angelegenheit rund um Julian Reichelt machte auch Springer-Boss Mathias Döpfner keine gute Figur. Im Zuge eines Compliance Verfahrens wurde Reichelt zunächst von seinen Aufgaben freigestellt, später aber wieder zurückgeholt. Wenige Wochen später musste Reichelt im Zuge weiterer Enthüllungen gehen. Döpfner sah darin ganz offenkundig so etwas wie eine Verschwörung und verteidigte Reichelt sehr lange. Es wurden auch Chat-Nachrichten öffentlich, in denen Döpfner Reichelt als einen der letzten und einzigen Journalisten in Deutschland beschrieb, "der noch mutig gegen den neuen DDR Obrigkeitsstaat aufbegehrt". Reichelt wies die gegen ihn erhobenen Vorwürfe des angeblichen Machtmissbrauchs immer wieder zurück und tut dies bis heute. 

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