Eine Ausgabe der ARD-Sendung "Reschke Fernsehen", ausgestrahlt im Februar dieses Jahres und vom NDR verantwortet, beschäftigt aktuell die Gerichte. In der Ausgabe mit dem Titel "Julian Reichelt und die Frauen: ‘Bumsen, belügen, wegwerfen’" wurde über die zahlreichen Vorwürfe gegen den ehemaligen "Bild"-Chefredakteur berichtet, die Reichelt stets zurückgewiesen hat und das bis heute tut. Die Sendung ist bis heute verfügbar in der ARD-Mediathek. 

Nun haben Reichelt und sein Anwalt Ben Irle vor dem Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung erwirkt, die dem NDR einige Äußerungen, die im Rahmen der Sendung gefallen sind, untersagt. Von Irle heißt es, elf Passagen und damit "wesentliche Teile der Berichterstattung" seien untersagt worden. Zuvor habe man vor dem gleichen Gericht bereits eine Gegendarstellung wegen der Berichterstattung des NDR erwirkt. Der nun erwirkte Beschluss würde den "frei erfundenen Vorwurf des Machtmissbrauchs" untersagen. Der NDR habe in "eklatantem Ausmaß die Grundsätze einer zulässigen Verdachtsberichterstattung missachtet und sorgfaltswidrig mit erheblichem Belastungseifer voreingenommen zu Lasten meines Mandanten berichtet".

Nach Angaben von Reichelts Anwalt sei es dem NDR untersagt worden, einen zentralen Vorwurf, nämlich den des "Sex on Demand", zu wiederholen. Ben Irle spricht auch hier von einem Vorwurf, der "frei erfunden" sei. "Auch weitere Behauptungen, die Julian Reichelt etwa ein Bedrängen und Umwerben mit Komplimenten von Mitarbeitern, Drogenkonsum am Arbeitsplatz oder die Einstellung von Mitarbeitern aus rein privatem Interesse vorwerfen, wurden als rechtswidrig untersagt", heißt es in einer Pressemitteilung, die die Anwaltskanzlei des ehemaligen "Bild"-Chefredakteur am Dienstag versendete. 

Beim NDR sieht man die ganze Sache jedoch völlig anders. Zwar räumt der Sender gegenüber DWDL.de ein, dass das Landgericht Hamburg einige Äußerungen aus der Sendung vorläufig verboten habe, grundsätzlich habe das Gericht die Berichterstattung über angeblichen Machtmissbrauch aber als zulässig eingestuft. Die zentralen Punkte der Berichterstattung halte das Gericht für zulässig, heißt es. Demnach dürfe man auch weiterhin darüber berichten, dass Reichelt seine Machtposition als Chefredakteur eingesetzt habe, um vor allem Praktikantinnen und Volontärinnen nahe zu kommen.

Der aktuelle Beschluss des Landgerichts Hamburg sei noch nicht formal zugestellt worden, heißt es vom NDR gegenüber DWDL.de. "Der Norddeutsche Rundfunk wird Widerspruch dagegen einlegen", so eine Unternehmenssprecherin. Gut möglich also, dass sich beide Parteien auch weiter vor Gericht streiten werden - und um die Deutungshoheit der jeweiligen Entscheidungen ringen. Die Darstellung von Reichelt-Anwalt Ben Irle, der davon spricht, dass das Landgericht Hamburg den "frei erfundenen Vorwurf des Machtmissbrauchs" untersagt habe, bezeichnet der NDR jedenfalls als "unwahr".