Bei der letzten Anhebung des Rundfunkbeitrags war es Sachsen-Anhalt, das aus der Reihe tanzte und die Erhöhung um mehrere Monate verzögerte. Alle Landtage hatten bereits grünes Licht gegeben und waren so der KEF-Empfehlung gefolgt, in Sachsen-Anhalt stellte sich die regierende CDU jedoch quer und verhinderte eine Abstimmung über das Gesetz, obwohl Ministerpräsident Reiner Haseloff den Staatsvertrag zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags damals bereits unterzeichnet hatte. Nun ist es wieder Haseloff, der sich mit deutlichen Worten gegen eine weitere Erhöhung des Rundfunkbeitrags ausspricht. 

In einem gemeinsamen Interview mit ARD-Programmdirektorin Christine Strobl in der "Zeit" sagt der Ministerpräsident unter anderem, dass die Parlamente höhere Beiträge nicht mittragen würden. Dass man zuletzt vom Bundesverfassungsgericht zurückgepfiffen wurde, stört Haseloff ganz offensichtlich nicht, der CDU-Mann sieht die Sache auch ganz anders. Das Gericht habe lediglich gesagt, dass Sachsen-Anhalt die Erhöhung nicht alleine habe aufhalten dürfen. "Beim nächsten Mal wird es nicht nur im Parlament von Sachsen-Anhalt schwierig werden, davon können Sie ausgehen. [...] Ich sehe keine Mehrheit."

Künftig wolle er seine Unterschrift erst leisten, nachdem das Parlament in Sachsen-Anhalt zugestimmt habe, erklärt Reiner Haseloff. Tatsächlich hatte das Bundesverfassungsgericht 2021 entschieden, dass eine Abweichung von der KEF-Empfehlung möglich sei, aber nur in ganz bestimmten Situationen. Es müssten wohl alle Bundesländer geschlossen gegen eine weitere Erhöhung des Rundfunkbeitrags stimmen - unklar ist, ob das ein realistisches Szenario ist. ARD, ZDF und Deutschlandradio hatten zuletzt ihren Finanzbedarf für die nächste Beitragsperiode angemeldet. Dabei nannten sie zwar keine konkreten Zahlen, jedoch Steigerungsraten in bestimmten Bereichen, die deutlich unter der aktuellen Inflation liegen (DWDL.de berichtete). 

ARD und ZDF betonen, dass man dadurch ohnehin weiter kräftig sparen werde müsse, Haseloff und andere Politiker lehnen weitere Beitragserhöhungen jedoch grundsätzlich ab. "Ich brauche da keine komplizierte Rechnung. Der Beitrag darf nicht steigen", sagt Haseloff im Interview jetzt noch einmal sehr deutlich. Jeder Wunsch nach einer Erhöhung sei ein "falsches Signal". 

In dem Interview mit der "Zeit" beschwert sich Reiner Haseloff auch über die Anzahl an Krimis bei den Öffentlich-Rechtlichen. "Das ist ja reine Mathematik! In Deutschland geschehen pro Jahr im Schnitt 250 Morde. Die Öffentlich-Rechtlichen bringen es auf deutlich über 1000." Den Alltag in der Bundesrepublik würde das nicht widerspiegeln, so der CDU-Politiker. Dem entgegnet Strobl, dass der Krimi ein "dankbares Format" sei, weil es eine klare Dramaturgie habe, innerhalb derer sich Lebenswelten erzählen lassen könnten. 

Haseloff kritisiert auch ganz grundsätzlich die hohen Ausgaben bei ARD und ZDF für Unterhaltungsformate. In Richtung Strobl fragt der Ministerpräsident: "Ich frage mich einfach, warum Ihre ARD trotz der gesellschaftlichen Stimmung einen höheren Finanzbedarf angemeldet hat. Wollen Sie den Unterhaltungs-Etat etwa weiter steigern?" Genau dort sieht Haseloff finanzielle Spielräume. "Unterhaltung macht um die 40 Prozent Ihres Programms aus. Das ist eine Zahl, die ich im Kopf haben muss, wenn ich dann mal wieder den Füllfederhalter zücken soll, um eine Unterschrift für eine Beitragserhöhung zu leisten. Da wird mir die gesellschaftliche Wirklichkeit die Feder führen!"

Christine Strobl bezeichnet es derweil als "bizarr, mit welchem schlechten Ruf der Begriff ‘Unterhaltung’ belegt werden soll". Wenn alles, was gern gesehen wird, für Haseloff Unterhaltung sei – "auch die Serien ‘Weißensee’ oder ‘Charité’" – ja, dann lande man bei über 40 Prozent. "Aber das ist weniger als in anderen Ländern. Und die Nutzerinnen und Nutzer schätzen das. Fiktion wird im Angebots-Nutzungs-Vergleich stärker genutzt als Information, ist also in diesem Sinne beliebter". Auch die ständigen Diskussionen um Schlagershows im Ersten stören Strobl offensichtlich. Es werde immer so getan, als laufe jeden Abend eine solche Show, so sei es aber nicht. "Es gibt im Ersten fünf, sechs solcher Shows im Jahr. Und wieso auch nicht? Gerade das ältere Publikum, das bei Florian Silbereisen gern einschaltet, würde doch sonst fragen: Warum soll ich noch Beitrag zahlen?"

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