"Free vs. Pay" lautete am Mittwoch das Thema des sogenannten "Content-Gipfels" bei der ANGA COM - versehen mit dem Untertitel "Wie entwickelt sich der Wettbewerb?". Eine zweifelsohne spannende Frage, die man sich derzeit wohl vor allem in Unterföhring stellt. Dort sitzen sowohl Sky Deutschland als auch ProSiebenSat.1 und neuerdings sollen, wie Reuters gerade lancierte, beide Seiten die Gespräche über eine mögliche Übernahme des Pay-TV-Anbieters wieder aufgenommen haben (DWDL.de berichtete)

Und auch wenn kaum mit einer zufriedenstellenden Antwort gerechnet werden konnte, so war es dann doch mindestens schade, dass Panel-Moderator Klaus Goldhammer in Köln die Chance verpasste, die ProSiebenSat.1-Managerin Nicole Agudo Berbel auf die jüngsten Gerüchte anzusprechen. Stattdessen sprach sie über den Ausbau des Streamingdienstes Joyn, den "klaren Fokus" auf AVoD und die Herausforderung "durch geschicktes Windowing die Inhalte so auszusteuern, dass sie auch den Werbekunden Spaß machen".

Von Sky war dagegen kein Vertreter beim "Content-Gipfel" anwesend - dafür schickte der Konkurrent DAZN seinen SVP Production & Editorial, um über das verstärkte Engagement des Sport-Streamers im Free-Segment zu berichten. Dieser Bereich sei ein "zusätzliches Businessmodell", sagte Bracher und verwies dabei vor allem auf die Champions League der Frauen, deren Spiele DAZN schon zuletzt kostenlos auf YouTube streamte und inzwischen beim neuen FAST-Channel DAZN Rise for free anbietet. 

Dass DAZN, das in der jüngeren Vergangenheit nicht zuletzt mit gesalzenen Preiserhöhungen Schlagzeilen machte, einige seiner Inhalte kostenlos anbietet, mag wie ein Widerspruch klingen. Doch für Bracher ist das Angebot nur folgerichtig. "Es ist eine Wette in die Zukunft, aber wir glauben daran, dass der Frauensport maximale Visibilität braucht, um massiv wachsen zu können", sagte er auf der ANGA COM. Will heißen: Mit den kostenlosen Frauen-Champions-League soll den Fans der Sport schmackhaft gemacht werden, um irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt damit auch hinter der Bezahlschranke Geld damit verdienen zu können.

Ordnung für den "Wust an Content"

Doch als größte Herausforderung für die Zukunft sieht Michael Bracher die Auffindbarkeit der Inhalte. In der Theorie könne man 800 Live-Events pro Monat übertragen und dazu noch unzählige Magazine und Hintergrundberichte zeigen. Doch das sei "ein Wust an Content", der für die Zuschauerinnen und Zuschauer zunehmend zum Problem werde. Deshalb habe eine gute Recommendation höchste Priorität. Die Empfehlungen müssten "as soon als possible" so aufgestellt sein, dass die Angebote nicht mehr von Menschen gesteuert werden, sondern "tailormade", also handverlesen je nach persönlichem Interesse des jeweiligen Nutzers.

Doch über allem schwebt freilich die Frage nach der Refinanzierung - egal ob Free oder Pay. Und so überrascht es kaum, dass in allen Bereichen immer mehr Partnerschaften geschlossen werden. "Ich glaube, dass Partnerschaften der Schlüssel für die Zukunft sind", erklärte Arnim Butzen, SVP Business Unit TV & Entertainment bei der Telekom Deutschland. Dabei gehe es auch darum, "die lokale, regionale Medienlandschaft zu sichern und ein Stück weit der wachsenden Konkurrenz aus dem internationalen Ausland die Stirn zu bieten".

Tatsächlich habe alleine Google in den vergangenen zehn Jahren rund 200 Milliarden Euro zusätzliches Werbegeld eingenommen, rechnete WeltN24-Geschäftsführer Frank Hoffmann auf dem "Content-Gipfel" vor. "Da weiß man, wo der Konkurrent sitzt", sagte er und nutzte zugleich die Gelegenheit, an die Politik zu appellieren. "Da würde man sich mehr Regulierung mit Augenmaß wünschen." Hoffmann bezog sich dabei vor allem auf die Diskussion, Lebensmittel-Werbung im Free-TV zu verbieten. Sollte das geschehen, gehe das Geld in andere Kanäle und werde dem TV-Werbemarkt entzogen. Das aber brauche man, um die Programme zu machen. "Das ist extrem gefährlich, weil es die Basis für unsere Berichterstattung ist. Ich kann nur hoffen, dass die Diskussion nicht zulasten der Demokratie geht."

Für Tanja Hüther, die das ARD-Distributionsboard leitet, sind solche Sorgen eher nachrangig. Ihr geht es nicht zuletzt darum, die Weichen zu stellen für eine Verlagerung der Bewegtbild-Nutzung vom Linearen zum Streaming. Ob TikTok für die junge Zielgruppe so etwas wie die neue ARD sei, wollte Moderator Klaus Goldhammer von ihr wissen. Hüther schüttelte den Kopf: "Wenn TikTok die neue ARD ist, dann ist das aus meiner Sicht faktisch das Ende des dualen Rundfunksystems." 

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