Der Rechtsstreit zwischen Axel Springer und dem ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt wird die Gerichte auch in den kommenden Wochen und Monaten beschäftigen. Ein Schlichtungsversuch vor dem Arbeitsgericht Berlin am Freitag ist jedenfalls gescheitert. Das ist aber auch nicht sonderlich überraschend, nachdem sich beide Seiten zuvor mit Vorwürfen überhäuft hatten.

 

Bereits Ende April wurde bekannt, dass Springer juristisch gegen Reichelt vorgeht. Der Verlag will vom ehemaligen "Bild"-Chef die Abfindung zurück und fordert zudem eine Vertragsstrafe. Die Abfindungssumme soll bei rund zwei Millionen Euro liegen, in Summe fordert Springer rund 2,2 Millionen Euro von Reichelt. Im Kern geht es in dem Streit um Vereinbarungen eines Abwicklungsvertrags, an die sich Reichelt nach Meinung von Springer nicht gehalten haben soll. Dabei geht es um die angebliche Nicht-Löschung von Daten und einem vereinbarten Abwerbeverbot.

Im Mittelpunkt des Streits steht etwas überraschend auch Holger Friedrich, Herausgeber der "Berliner Zeitung". Ihm hatte Reichelt offenbar Chats und Dokumente angeboten, was der in der Rechtsabteilung von Axel Springer anzeigte. "Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der private Informationen von exponierten Personen öffentlich werden", erklärte Friedrich vor einigen Wochen sein Handeln (DWDL.de berichtete). 

Reichelt bzw. dessen Anwälte können derweil kein Fehlverhalten ihres Mandanten erkennen. In Bezug auf die angeblich erfolgten Abwerbungen, etwa beim früheren Leiter der "Bild"-Parlamentsredaktion, Ralf Schuler, heißt es, dieser habe lange vor dem Beginn seiner Tätigkeit im Unternehmen von Julian Reichelt in einem Brief unter anderem an Mathias Döpfner erklärt, die politische Ausrichtung der Berichterstattung sei der Grund für seinen Weggang. Zu den angeblich vertraulichen Springer-Dokumenten, die Reichelt weitergeleitet haben soll, sagen die Anwälte, es habe sich dabei nur um private Unterlagen bzw. Chats gehandelt - also kein Material aus dem Hause Springer oder "Bild". 

Reichelts Anwälte kritisieren zudem, Axel Springer hätte in ihrer Klagebegründung "relevante Umstände" nicht benannt. Wenn der Verlag behaupte, Reichelt sei seiner angeblichen Löschungspflicht in Bezug auf bestimmte Daten nicht nachgekommen, würde Springer gleichzeitig verschweigen, dass man dem ehemaligen "Bild"-Chef "ausdrücklich untersagt" habe, "Papierunterlagen und elektronische Daten zu löschen". Ein entsprechender "Document Hold" sei Reichelt gegenüber im August 2022 ausgesprochen worden.