Als die privaten Sender dazu übergingen, Realität nicht mehr zu zeigen, sondern sie in sogenannten Doku-Soaps zu inszenieren, war Daniela Katzenberger eine der Ersten, die aus den Banalitäten ihres recht braven Lebens ein gefilmtes Album anfertigen ließ. Das kam auf Anhieb so gut an, dass sich sogar die Medienwissenschaft für das Starlet aus der Pfalz interessierte. "Hohle Idole" hieß eine Studie aus dem Jahr 2012, und schon der Titel implizierte, dass sie Katzenbergers TV-Tun eher weniger mit Wertschätzung für Können und Qualifikationen verband.

Aus heutiger Sicht muss man sagen: Blödsinn! Wer sich schon so lange mit einem eigenen Format in der Primetime hält, kann doch nicht ganz so doof sein, oder?

Vor 15 Jahren begann auf Vox die Erzählung, die erstmals Daniela Katzenbergers Namen im Titel trug. Das nächste Kapitel öffnet sich am 6. Juni am selben Sendeort. Es zeigt eine wie gewohnt sehr blonde und in ihrem Humor und Sprachwitz sehr direkte Frau, aber mit ungewohnter Wut im Bauch.

"Richtig pissig" sei sie, entfährt es ihr in ihrer Doku-Soap bei den Schminkvorbereitungen für den Deutschen Fernsehpreis, wenn sie sehe, wie die anderen Reality-Formate wie "Promis unter dem Sonnenschirm" (ja, das sagt sie exakt so) regelmäßig Preise abräumten und sie nicht einmal nominiert werde. "Und wir verprügeln uns nicht mal!" 

Da ringt also jemand in der eigenen Branche um Anerkennung, die die Fans schon lange nicht verwehren, im Gegenteil. Waren es früher die linearen Quoten, sind es heute eher die digitalen Abrufe, die für ungebremstes Interesse sprechen. Daniela Katzenberger produziert Streaming-Gold und zugleich verlässlich Schlagzeilen für "Bild" & Co.

Aber so richtig ernst genommen wird sie im big business media offenbar immer noch nicht. Dabei ist die einstige Kellnerin aus Ludwigshafen-Oggersheim zur respektablen Geschäftsfrau gereift. Die Marke "Daniela Katzenberger" sicherte sie sich gleich in 50 Kategorien. Café Katzenberger, Katzenberger Kosmetik, Katzenberger Schlüpper, Katzenberger Socken, Katzenberger Klo: Es gibt fast nichts, was sich die inzwischen 38-Jährige versilbern lässt.

Und doch kommen nach der Fernsehpreis-Episode Zweifel auf, ob sie hinter ihrem in Variation schon oft gesagten Satz tatsächlich noch steht: "Es gibt nichts Geileres, als unterschätzt zu werden."

Ist dem so? Ist unterschätzt zu werden immer noch geil, wenn andererseits Wertschätzung in Form von Preisen nach so vielen Jahren im Geschäft mit der Selbstinszenierung und personifizierten Nachvollziehbarkeit immer noch fehlt? Oder schätzt man sie inzwischen richtig ein?

"Das unterschätzt werden ist weniger geworden, aber immer noch da", antwortet eine nachdenklich gestimmte und zugleich herzerfrischend sympathische Daniela Katzenberger, als man sie per Video in ihrem TV-bekannten mallorquinischen Wohnzimmer erreicht. "Die Leute denken jetzt nicht mehr, dass ich richtig dumm bin. Sondern: Die ist immer noch dumm, aber sie macht’s richtig."

Sie finde das "auch gar nicht schlimm", sondern "sogar mega", versucht sie glaubhaft zu machen, "denn der Erfolg spricht ja für mich." In der TV-Branche habe sie so viele Leute, die über sie geschimpft hätten, kommen und gehen sehen. "Die sind weg. Ich bin immer noch da." Altersweisheit spricht aus ihr, wenn sie anmerkt, dass man heutzutage schnell berühmt wird. "Aber die Königsdisziplin ist, sich da oben zu halten. Abgestürzt bist du schnell."

Wie man oben bleibt, hat Robert Geiss, so was wie der Elderstatesman unter den Geschöpfen des Reality-Fernsehens und zeitweilig Daniela Katzenbergers Senderkollege, als sie noch bei RTLzwei unter Vertrag war, hier auf DWDL.de einmal in den Satz gekleidet: "Wer sich nicht neu erfindet, ist nach 50 Folgen erledigt." Damit kann sie nichts anfangen: "Neu erfinden? Das klingt so, als ob man was erfinden muss. Ich erfinde mich nicht. Ich lebe einfach." Ihr Erfolgsrezept sei, dass sie sich nie weiterentwickelt habe. "Das Grundgerüst ist immer gleich."

 

"Die Leute denken jetzt nicht mehr, dass ich richtig dumm bin. Sondern: Die ist immer noch dumm, aber sie macht’s richtig."

 

Na fast. Es stimmt schon, dass Daniela Katzenberger von ihrer vielfach gelobten Authentizität und Ehrlichkeit, die ihr zum Erfolg reichten, nichts eingebüßt hat. So lobte Frauke Ludowig (und die muss es als Fachfrau für Promi-Inszenierung wissen) in einer Vox-Doku über den Realitystar im vorigen Jahr: "Daniela Katzenberger spielt keine Rolle. Daniela Katzenberger ist ein Mensch. Und der Mensch ist genauso, wie er ist: einfach wahrhaftig."

Als wir sprechen, kommt Daniela Katzenberger frisch vom Sport, der, ehrlich gesagt, lange nicht zu ihren Leidenschaften gehörte. Katzenberger-Fans wissen, dass die Enddreißigerin quasi unter die Fitness-Influencer gegangen ist und nicht mehr nur mit Schminkpinsel und Skalpell an ihrem Äußeren hantiert. Ihren Versuch, Body-Building-Königin in Las Vegas zu werden, hat Vox in der nun anlaufenden Staffel natürlich dokumentiert. Und auch ihre sentimentale Reise zurück in die Vergangenheit, zur kleinen Wohnung in der Pfalz, wo die damals Anfang Zwanzigjährige groß träumte.

Daniela Katzenberger © RTL Daniela Katzenberger bei einer Bodybuilding-Competition

Es sei "ein schöner Schmerz" für sie gewesen, sich vor Ort zu erinnern, erzählt Daniela Katzenberger. "Wie krass, dass sich deine Träume erfüllt haben", dachte sie, "stell dir vor, du wärst eine Gescheiterte?" Es gebe viele Leute, die "extrem geil auf Fernsehen sind", aber "an ihren Träumen kaputtgehen". Für sie hingegen war Fernsehen erstmal nur "Mittel zum Zweck".

Ihr großer Traum war, sich für den amerikanischen "Playboy" nackig zu machen, so wie ihr Vorbild (und Fast-Ebenbild) Pamela Anderson. Als die Produktionsfirma 99pro media im Frühjahr 2009 für das Vox-Format "Auf und davon" Willige suchte, die in den USA als knapp bekleidete Kellnerin bei der Restaurantkette Hooters ihr Glück versuchen, kam das der Blondine aus Ludwigshafen-Oggersheim wie gerufen. Flüge, Hotel, alles vom Fernsehen bezahlt? Ist ja toll. Und in den Drehpausen würde sich doch sicher eine Gelegenheit ergeben, beim "Playboy"-Casting vorbeizuschauen?

Diese Idee fand wiederum Vox sehr toll und disponierte um. Mit Kamerabegleitung ging es direkt zum Tor von Hugh Hefners Häschen-Villa. Aufgemacht hat da keiner. Machte nichts. Das Bunny-not-to-be bekam für den zweiwöchigen Drehblock gerade mal 200 Euro Gage, fand aber dennoch Geschmack am Fernsehmachen und die Fernsehzuschauer an ihr.

"Große Brüste, große Klappe, eigene Sendung."

Die Quoten gingen rasant in die Höhe, noch höher als Daniela Katzenbergers Augenbrauen. Und die waren ja schon extrem hoch, seit sie sich die haarigen Balken abrasierte und neue auf die Stirn tätowieren ließ, ihr signature piece der Anfangsjahre im TV. Bei dieser kosmetischen Veränderung blieb es nicht. Die erste Brust-OP (es folgte eine weitere) war für den neuen Stern am Reality-Himmel so was wie die Eintrittskarte in die Primetime. Oder wie man auf Katzenbergerisch sagt: "Große Brüste, große Klappe, eigene Sendung."

Das "Phänomen Daniela Katzenberger" (hier und hier beschrieben) war geboren. Alle wollten "die Katze" und Vox ganz besonders. Erst dokumentierten die Kölner die Eröffnung des Café Katzenberger auf Mallorca in der Auswanderer-Doku-Soap "Goodbye Deutschland". Ab 2010 schenkten sie ihr mit "Daniela Katzenberger – natürlich blond" die Format-Selbstständigkeit.

Drumherum probierte sich der Realitystar auch auf anderen Feldern. Es gab bei Vox auch Ausflüge ins Casting-Genre ("Katze sucht Katze"). Sie trällerte sich in die Hitparade. Bauer Media spendierte ihr ein eigenes Print-Magazin und Oliver Berben sogar eine Hauptrolle in der SWR-Krimikomödie „Frausche und die Deiwwelsmilsch“. Richtig erfolgreich war das alles nicht. Nur ihr Buch-Erstling konnte mit dem Doku-Soap-Erfolg mithalten: Als die Autobiografie "Sei schlau, stell dich dumm" in der "Spiegel"-Bestsellerliste auf Platz 1 stand, wusste Daniela Katzenberger, dass sie "mehr als drei Fans" da draußen hat. Und dass Oggersheim niemand mehr mit Helmut Kohl verbindet, sondern mit ihr.

Und im Hintergrund all dieser Aktivitäten zog jedes Mal Bernd Schumacher die Strippen.

Der TV-Produzent aus Leipzig, der bis 2020 die Geschäfte der 99pro media führte, gilt als Daniela Katzenbergers Entdecker. "Miezenmacher" taufte ihn eine Zeitung. Dass Schumacher sie zur Katze geformt habe, bestreitet Selbige allerdings vehement: "Bernd hat mir nur die Leiter hingestellt. Alles, was mich bekannt gemacht hat, war schon da."

Quatsch vor der Kamera machen, daran fand die ausgebildete Kosmetikerin schon Gefallen, als sie noch in Ludwigshafen in der Kneipe ihrer Mutter Iris Klein kellnerte und nebenbei für TV-Magazine schräge Produkte wie Zahnbleaching-Automaten und Handy-Höschen testete.

Die Fernsehbranche hat ihr zufolge übrigens viel gemein mit der Gastronomie: "Die Theke war meine Bühne, davor standen meine Zuschauer. Der Trinkgeldausschnitt hat immer funktioniert, in beiden Branchen", lacht Daniela Katzenberger und drückt dabei ihre besten Stücke zur Veranschaulichung zusammen. Wie schön!

Auf dieses "Material" richtete Bernd Schumacher jedenfalls sein ganzes Produktionshaus aus. Die 99pro media wurde eine einzige Daniela-Katzenberger-Vermarktungsmaschine mit angeschlossenem Management. Bis 2014 entstanden parallel zu Werbeaufträgen 75 Doku-Soap-Folgen in sieben Staffeln. Und trotzdem hatte die Hauptperson, von der alle gut lebten, das Gefühl, "immer nur der Azubi" zu sein, der nie aufmuckt und aus Solidarität mit den Kameraleuten zu den Jobs in der Holzklasse mitfliegt. In ihrem Satz "Ich hätte gerne früher gewusst, was ich wert bin" schwingt mit, dass es mit der Wertschätzung für ihre Leistung auch in finanzieller Hinsicht nicht so gut bestellt war wie allgemein gedacht.

 

"Die Königsdisziplin ist, sich da oben zu halten. Abgestürzt bist du schnell."

 

Zum Bruch mit 99pro media kam es, als sich 2014 eine private Veränderung anbahnte. Lucas Cordalis, prominenter Sohn und Sänger, wurde Daniela Katzenbergers Lebenspartner und Vater ihrer im August 2015 geborenen Tochter Sophia. Vox, gerade im programmstrategischen Umstrukturierungsprozess, ging diesen neuen Lebensabschnitt nicht mit. Und so war die bekannteste Blondine Deutschlands im vierten Monat schwanger – und stand beruflich vor dem Aus. Auch die 99pro media musste ohne Vox-Auftrag Mitarbeiter entlassen.

In der Not bat die werdende Mutter ihren Gatten in spe, er solle mal bei diesem Rainer Laux von Endemol anfragen, ob der nicht auch Verwendung für sie habe. Lucas Cordalis stand seinerzeit in Gesprächen für eine Teilnahme bei Endemols "Promi Big Brother". Produzent Laux hatte eine bessere Idee. Daniela Katzenbergers Bewerbungssatz "Ich bin sendungslos und schwanger" folgte vier Tage später "der fetteste Vertrag von RTLzwei".

Wie fett er war, ist natürlich Vertragsgeheimnis. In die Verhandlungen ging die Arbeitsuchende mit dem Selbstbewusstsein: "Ich bin die fucking Daniela Katzenberger, jetzt komme ich an die Reihe!" Der Plan ging auf. Dann ging es richtig ab. Sehr wahrscheinlich auch finanziell.

Geburt, Verlobung, Hochzeit, Umzug nach Mallorca – bei RTLzwei war das alles und zum Teil sogar live zu sehen. Scheinbar grenzenlos ließ die Katze die Leute überall rein in ihr Leben und Herz. Dass ihr Kind dabei mitgehangen, mitgefangen war, missfiel dem Schwiegervater Costa Cordalis, der in einer Zeit berühmt geworden war, als Stars noch ein Mysterium waren. Die Schwiegertochter, darauf angesprochen, verteidigt sich: "Die Zeiten haben sich geändert." Heute habe jeder Depp ein Handy mit Kamera. Man werde fotografiert und ins Internet gestellt. "Wer denkt, dass man das verhindern kann – Bullshit. Deshalb zeige ich Sophia, wie sie bei uns ist."

Worauf Daniela Katzenberger keinen Einfluss hatte: in welchem Umfeld das bei RTLzwei passierte.

Die Gründe für die Trennung von RTLzwei

Spricht man sie auf die Gründe für ihren Abgang in München-Grünwald und die Rückkehr 2024 nach Köln zu Vox an, druckst sie herum: RTLzwei sei "ein netter Lebensabschnittsgefährte" gewesen, aber irgendwann habe es "nicht mehr gepasst". Am Geld, beteuert sie, lag es nicht. RTLzwei habe "alles gegeben", um sie zu halten. Woran dann? Ach, seufzt sie, wie solle sie das erklären. Vielleicht so: "Sag mir, wer dich umgibt, und ich sage dir, wer du bist. Und damit meine ich nicht die Geissens."

Zwischen den Leuten, die ihre Aschenbecher an die Wand schmeißen, und den Leuten, die nach Geschlechtsteilen ihre Dates auswählen, kommt die lustige Familiendoku Daniela Katzenberger? Nee, das war für sie "nicht mehr eine schöne runde Sache". Da wollte sie lieber wieder die rote Vox-Kugel schwingen.

Es ging, husch husch, zurück ins familientaugliche Körbchen und erklärt auch, warum man Daniela Katzenberger in all den Jahren – anders als ihre engsten Familienmitglieder – nie gesehen hat, wie sie im Dschungel hungert, mit Promis unter Palmen liegt oder mit anderen Realitystars um was auch immer kämpft.

An Angeboten mangelt es nicht, doch die Katzenberger lehnt solche Ensemble-Formate bisher strikt ab, weil sie ein "krasses Alleinstellungsmerkmal" hat: "Ich habe eine eigene Sendung, da platze ich vor Stolz."

Dennoch würde sie nie nie sagen. Man weiß ja nicht, was passiert. "Das Finanzamt kann ein launischer Drecksack sein", sagt sie. Aber abgesehen davon, dass durch die Wälder laufen für sie der schlimmste Albtraum ist: Durch ihre Familie kenne sie die "Psychotricks" des Formats: "Die lassen die Leute nicht schlafen. Die geben den Leuten nichts zu essen. Ich kann schlecht damit umgehen. Hunger macht böse. So eine Daniela Katzenberger will keiner sein. Ich würde mir so viel mehr kaputt machen als das, was ich nachher auf dem Konto habe. Geld macht nicht immer glücklich."

Katzenberger ist noch nicht auserzählt

Und so macht sie es sich vorerst weiter bequem in ihrer Doku-Soap. Vox würde sich zwar wahnsinnig gerne noch ein weiteres Format mit ihr wünschen. So war es auch angekündigt. Doch ihre Erfahrung sagt ihr, dass es nicht funktioniert: "Die Leute wollen mich sehen, wie ich daheim staubsauge. Aber sie wollen mich nicht als Moderatorin und auch nicht als Schauspielerin." Das sei für sie eine "echt schmerzhafte Erfahrung" gewesen und habe sie "lange traurig gemacht".

Gänzlich auf Experimente verzichten will die Katze dennoch nicht. Drei Anfragen erreichen sie jedes Jahr zuverlässig: Dschungelcamp, "Let’s Dance" und "Playboy". Oder wie sie katzenbergert: "Ich habe die Auswahl zwischen Tieren, Tanzen und Titten."

Das Einzige, was sie davon momentan reizen würde, wäre die RTL-Tanzshow. Denn jetzt habe sie die Fitness und Ausdauer, "wo es echt Bock macht". Und der "Playboy"? Mit dem hat sie die Abmachung getroffen: Bitte erst ab 40, lasst mir noch meine 38.

Sagt’s und verabschiedet sich ins freie Wochenende. Am Montag wird wieder gedreht, Stoff für die dritte Doku-Soap-Staffel bei Vox. Das Leben der Daniela Katzenberger: Es ist noch nicht auserzählt.

Vox zeigt ab 6. Juni acht neue Folgen von "Daniela Katzenberger", jeweils freitags um 20:15 Uhr im Doppelpack. Jeweils sieben Tag vor der TV-Ausstrahlung stehen die Folgen bei RTL+ zum Abruf bereit.