Das große Fußballfest im eigenen Land, es hat gestern Abend begonnen, und wie! Ein Statement-Sieg mit 5 zu 1 – da sagen wir’s einfach, wie es Johannes B. Kerner bei Magenta TV sagte: „Das war schon richtig geil, oder?“ Mit dieser Steilvorlage auf dem Rasen in der Münchner Arena gab der Elder Statesman des Sportfernsehens zu später Stunde ein letztes Mal ab zu seiner Kollegin im Studio in Köln. Und wer da noch drangeblieben war zur Analyse danach, konnte an Gesicht und Stimme erkennen: An Euphorie und Freude mangelte es Laura Wontorra auch nach sechs Stunden Live-Arbeit ebenso wenig.

Bis zum 14. Juli wird das nun so weitergehen, dass sich die beiden Hauptmoderatoren von Magenta und RTL, die ja bei dieser Heim-EURO gemeinsame Sache machen, die Bälle zwischen Stadion und Studio zuspielen werden. Eine überaus interessante Paarung sind sie noch dazu.

Nicht nur, dass Johannes B. Kerner und Laura Wontorra eine besondere, private Geschichte verbindet, von der hier noch die Rede sein wird. Es spielen auf: zwei verschiedene Generationen des Sportjournalismus. Während der eine in seinem 60sten Lebensjahr im Spätherbst seiner Karriere angelangt ist, steht der anderen eine lange Zukunft noch bevor.

Wobei Laura Wontorras bisherige Vergangenheit schon auch beachtlich ist.

In den vergangenen drei, vier Jahren hat die 35-Jährige vielleicht einen der steilsten Aufstiege in der Fußballwelt hingelegt. Für RTL und Nitro begleitete sie Länderspiele und die Europa League, bis ihr 2021 die Streaming-Plattform DAZN die Top-Spiele von Bundesliga bis Champions League anvertraute. Erst am Samstag vor zwei Wochen gratulierte sie Toni Kroos zum Finalsieg von Real Madrid in Wembley.

(By the way, das ist jener heilige Fußball-Tempel, wo sich 1996 Deutschland zuletzt zum Fußball-Europameister schoss.)

Allzu viel Zeit, um sich auf die Europameisterschaft im eigenen Land intensiv vorzubereiten, blieb Laura Wontorra seither nicht. Erst in der Nacht zu diesem Freitag traf sie in Köln ein. Kurz erfrischt im heimischen Bett, erschien sie just in time um neun zur Morgenprobe im Sendestern genannten Studio in Köln-Deutz. Hinter ihr lag eine Arbeitswoche in Magdeburg, die eigentlich gar nichts mit Fußball zu tun hatte und sehr viel mit Kochen.

Denn es ist ja so: Laura Wontorra ist nicht nur Sportsfrau und ehemalige Spielerfrau (bis 2022 war sie mit dem Stürmer Simon Zoller verheiratet). Sie hat parallel auch eine Karriere in der Unterhaltung, die immer mehr Fahrt aufnimmt.

So zähmt sie unter anderem seit 2020 den Kochlöffel-Beserker Steffen Henssler in der nach ihm benannten Vox-Show „Grill den Henssler“, obwohl Kochen bis dato so gar nicht ihr Thema war. Ihre „Komfortzone“, wie sie es nennt, ist in erster Linie der Sport. Aber da sie „grundsätzlich ein sehr neugieriger, wissbegieriger Mensch“ ist, schließt Laura Wontorra nie etwas kategorisch aus: „Ich habe mir schon früh vieles zugetraut und hatte nie Angst davor, Neues zu wagen oder Fehler zu machen.“ Sagt’s und steuert ihren Wagen weiter Richtung Magdeburg.

Laura Wontorra © Luisa Esch
Auf der Seebühne in den Elbauen sollen sechs Sommer-Specials der Koch-Show „Grill den Henssler“ aufgezeichnet werden mit ihr als Moderatorin. Das hört man ihre unverwechselbare raue Stimme sagen, die leider immer mal wieder im Funkloch auf der A2 verschwindet. Nur: Was heißt Sommer? Mit Blick auf den Kalender verhält sich das Wetter derzeit ja mehr als unangemessen.

Was Laura Wontorra zum Zeitpunkt unseres Telefonats noch nicht weiß: Die mitreisenden sexy Sommerkleidchen und Manolo Blahniks, für die sie ihre Fans bei all ihrer Kompetenz als Fußballexpertin und Showmoderatorin ja auch frenetisch feiern, werden unangetastet in der Garderobe bleiben. In Magdeburg geht es 1:0 für Jeans und Thermounterwäsche aus.

Frieren für den Spaß und den Erfolg, das ist für Laura Wontorra freilich nichts Neues. Das ist sie gewohnt, seit der Vater sie und ihren zwei Jahre jüngeren Bruder Marcel schon als Kinder in die zugigen Stadien dieser Welt mitnahm und mit dem Sportvirus nachhaltig infizierte.

Muss man noch erklären, wer der Vater ist? Ja, wirklich? In aller Kürze: Sportchef von Radio Bremen, Moderator der ARD-„Sportschau“ und von „ran“ bei Sat.1, „Doppelpass“-Talker. Simply: the legend.

Wonti Junior spricht gern über Wonti Senior

Es gibt praktisch keinen TV-Talk, kein Interview, in dem „Wonti Junior“, also Laura Wontorra, nicht auf „Wonti Senior“ angesprochen wird. Wenn das nicht passiert, tut sie es eben selbst. Mit dem Vorschlag, hier in dieser „Nahaufnahme“ einmal nicht über Papa Jörg zu reden, weil es sie vielleicht langweilen oder sogar stören könnte, erntet man jedenfalls bei ihr ein Stürmchen der Entrüstung:

„Warum auch sollte es mich stören? Mein Vater war Weltmeisterreporter 1990 in Italien. Er hat mit Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann ,ran‘ bei Sat.1 und eine neue Art der Sportberichterstattung geprägt. Von ihm stammt einer der drei berühmtesten Sprüche, die bei Olympia gefallen sind: ,Flieg, Albatros, flieg.‘ Ich weiß nicht, wie viel stolzer man auf eine Journalistenkarriere sein kann. Ich empfinde es als großes Glück, ihn an meiner Seite zu haben.“

Dass sie trotz dieses biografischen Backgrounds lange partout nicht in die Fußstapfen des Vaters treten wollte und auch nicht in die der Mutter Ariane, die der allerersten RTL-Sportredaktion angehörte, damals noch in Luxemburg, hat Laura Wontorra schon oft erzählt (zum Beispiel in diesem Podcast oder zuletzt im Magazin „Stern“). Ihr Plan A war: Pressesprecherin von Werder Bremen.

Dafür studierte sie in Köln PR und Öffentlichkeitsarbeit. Zur Vorbereitung aufs Studium machte sie Praktika. Eins war im Deutschen Haus bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking, das sie als Once in a Lifetime Experience bezeichnete, und ein weiteres in der Fernsehredaktion von Johannes B. Kerner.

Schwimmübungen in Spanien

Kerner talkte damals im ZDF über alles Mögliche und war ihr gar nicht fremd. „Ich kenne Johannes, quasi seit ich auf der Welt bin“, erzählt Laura Wontorra, „er hat mir in unserem Haus in Spanien das Schwimmen beigebracht.“ Als Kollege ihres Vaters bei „ran“ gab es auch privat einen freundschaftlichen Umgang, übrigens auch mit dem „Reinhold“ (Beckmann). Dass sie jetzt an Kerners Seite die EURO begleiten darf, ist für sie eine ganz besondere Geschichte: „Von Johannes und seiner ganzen Erfahrung kann ich eine Menge lernen.“

Und natürlich ist auch der Vater ihr ein Lehrmeister bis heute. So war er es, der sie zu Plan B ermunterte, weil ja Plan A trotz mehrfacher Bewerbung beim Heimat- und Lebensverein Werder Bremen nicht aufging (mit der Begründung: Die plappert weiter, was hier intern besprochen wird, und dann erzählt Wonti Senior das am nächsten Sonntag im „Doppelpass“, nee, das machen wir nicht.) Jörg Wontorra mahnte sie also, den Beruf von der Pike auf zu lernen: Mach ein Volontariat. Und so kam Laura Wontorra 2011 zu Sky und stand 2013 erstmals als Field-Reporterin auf dem Platz.

Es war die Zeit, als Frauen im Sportjournalismus vermehrt „ausprobiert“ wurden, ob sie vor der Kamera funktionieren. Ob Praktikantin, Volontärin oder Redakteurin seit zehn Jahren, alle durften mal ran. Nicht alle machten sich gut. Aber für Laura Wontorra wie auch Esther Sedlaczek, die in der ARD die EURO moderiert, war es ein Sprungbrett in die Sportwelt, aber auch ins Showbiz.

Als „absoluten Game Changer“ in ihrer eigenen Karriere hat Laura Wontorra die sehr sportaffine RTL-Show „Ninja Warrior Germany“ bezeichnet, die sie seit 2016 moderiert. Wie sie an diesen Job kam, ist eine nacherzählenswerte Anekdote, weil sie sehr anschaulich zeigt, wie dieser „Kerl im Körper eines Mädchens“ (Verona Pooth über Laura Wontorra) auch abseits der Kameras brennt für das, was sie tut. Und die Geschichte geht so:

Laura Wontorra © Luisa Esch
Mark Land, Unterhaltungschef von RTL, hatte „Ninja Warrior“ in den USA entdeckt und immer wieder beim eigenen Sender gepitcht, traf aber zunächst auf Ablehnung. Das änderte sich, als Land in der Ecke eines Italieners in Köln-Junkersdorf eine Frau entdeckte, die sich bei Penne Arriabiata gar nicht mehr einkriegen konnte vor lauter Mitfiebern für die Handballer, deren Spiel auf den Fernsehern im Lokal übertragen wurde. Es war Laura Wontorra. Ihr lautstarkes „Nein!“ und „Nicht doch!“ überzeugte Land: Er hatte in ihr die perfekte Moderatorin für „Ninja Warrior Germany“ gefunden.

Aus ursprünglich drei Sendungen wurde mehr. Es kamen weitere Shows hinzu, besagtes „Grill den Henssler“, „Top Dog“, „DSDS“ und das RTL-„Tumspringen“. Und mit „Drei gegen Einen“ scheint Laura Wontorra gerade wieder einen schlafenden Showriesen geweckt zu haben gemeinsam mit Tim Mälzer, Elton und Knossi; die Fortsetzung ist jedenfalls schon beschlossene Sache.

Ihr zufolge sind Sportjournalistinnen und Sportjournalisten geradezu prädestiniert, um auch auf dem Shiny Floor zu glänzen, weil es keine bessere Schule für Live-Fernsehen gebe als den Sport, auch wenn Unterhaltungssendungen meist aufgezeichnet würden. Auf die große Bühne mit zehn Zentimeter High-Heels 45 Stufen herunterzulaufen und x-Millionen Menschen vor den Fernsehern einen guten Abend zu wünschen, schüchtert sie jedenfalls ebenso wenig ein, wie im vollbesetzten Fußballstadion Interviews zu führen.

Und das lerne man im Sport übrigens ja auch, ergänzt Laura Wontorra: Interviewführung. „Ob sehr wortkarger Fußballspieler oder sehr redegewandter Trainer: Da hat man eine riesige Bandbreite an Interviewpartnern, an der man wachsen kann. Und was speziell Spielshows betrifft, ist es sicher hilfreich, dass sich Sportreporter mit Punkterechnen und Schiedsrichterentscheidungen ganz gut auskennen.“ Sie ist der Meinung, dass in einer Show nicht alles perfekt sein muss: „Viel wichtiger ist mir als Moderatorin zum Beispiel, dass ich die Spielregeln so erkläre, dass sie die Zuschauer wie auch die Protagonisten im Studio auf Anhieb verstehen.“

Aber das unterscheidet die Show dann doch sehr vom Sport. Wer nicht perfekt performt, ist dem Zorn der Fans ausgesetzt. Und natürlich der „Bild“-Zeitung. Ein unabsichtlich vernuscheltes „Joa-han Löw“, wie es Laura Wontorra bei einem Länderspiel unterlief, reicht aus für eine fette Schlagzeile. Gnadenlos sind die Sportskollegen da, die sie natürlich alle von der Arbeit im Stadion kennt: Musst du aushalten, Wontorra, du bist Click-Gold bei uns, sagten sie ihr.

Aber auch familienintern wird nicht mit Wattebäuschchen geworfen. Der Vater, erzählt Laura Wontorra, ist ihr immer ein kritischer Begleiter, im Positiven wie im Negativen, weil er sie stets verbessern möchte. „Da hättest du mehr nachhaken müssen“ oder „da hättest du dich nicht so leicht abschütteln lassen dürfen“ kommt von ihm als Feedback, was man ganz sicher unterstreichen kann. Auf Gesagtes zu reagieren, sich dem Flow des Gesprächs anzupassen, anstatt gleich zur nächsten Frage zu hetzen, fällt Wonti Junior manchmal immer noch schwer. Der Senior schreibt ihr aber auch, wenn er etwas besonders gut fand: „Du hast starke Fragen gestellt.“

In den kommenden vier Wochen wird Laura Wontorra noch ausreichend Zeit haben, sich als gute Fragerin zu beweisen. Rund 20 Einsätze haben RTL und Magenta für sie eingeplant, die meisten davon im Studio, einige aber auch vor Ort auf dem Rasen. „Es ehrt mich sehr, dass mir RTL diese große Rolle zutraut, zusammen mit all den anderen tollen Kollegen, die der Sender im Sport hat“, sagt sie.

Wie es mit ihr nach der EURO weitergeht? Tja, das ist eine Frage, die sich ebenso wenig beantworten lässt wie, wer Europameister wird. Wobei: Nach diesem Auftakt gestern, da scheint plötzlich doch vieles wieder möglich, oder?

Fakt ist schon mal: DAZN hat den Vertrag von Michael Ballack, der ja nicht nur Wontorras Held aus Kindertagen ist, sondern auch ihr Sparringspartner aka Experte bei Spielen, vorzeitig verlängert (wie DWDL.de hier vermeldet hat). Über ihre eigenen Vertragsangelegenheiten hüllt sich Laura Wontorra indes in Schweigen (ebenso auf Nachfrage DAZN). Sie ist halt da ganz Profi und antwortet mit einer klassischen Fußballer-Phrase: „Wir führen derzeit gute Gespräche.“

Viel hängt davon ab, wer die Bundesliga ab der kommenden Saison 2025/26 zeigen wird. Um das wichtige Rechtepaket B ist bekanntlich ein Streit entbrannt, den ein Schiedsgericht lösen soll. Das Thema Rechtevergabe begleitet Laura Wontorra, seit sie Kind war. Alle vier Jahre ging es darum: Wo gehen die Rechte hin, wo arbeitet Papa demnächst? Jetzt ist sie auch davon abhängig.

„Hätte ich mir vor der EURO eine Entscheidung gewünscht? Ja“, antwortet Laura Wontorra mit aller Deutlichkeit, „nun ist sie ausgeblieben. Damit müssen jetzt alle gleich leben.“

Also erstmal volle Konzentration auf die EURO. Go, Germany, go!