Der Start von DWDL.de lief sehr bescheiden. Wir waren erst am Abend des 20. Novembers fertig und gingen schnell noch wie versprochen online. Das hat uns gefreut, nur mitbekommen hat es natürlich erst einmal niemand. Eine weitere Website im Internet. Na, super. Mit denkbar nichtssagendem Namen und ohne jede Werbung fiel das Feedback zum Start natürlich enttäuschend aus. Genauer gesagt: Das Feedback fiel aus. Damit war zu rechnen, aber gehofft hatte man natürlich etwas Anderes. So aber waren in der ersten Woche weniger als 50 Leser pro Tag dabei. Was für ein Vergleich zu den über 30.000 pro Tag heute.

Neben einigen Usern in TV-Foren waren unter diesen Besuchern meist private Freunde, Kollegen oder Familie. Es würde an dieser Stelle toll klingen, wenn man schreiben würde, die hätten uns Mut gemacht. Doch im Jahr nach dem Sterben der New Economy und der sehr plötzlich endenden Euphorie für jegliche Art von Geschäftsmodellen im Internet, gab es nur ein Mindestmaß familiär-freundschafticher Unterstützung. Begeisterung sah anders aus. Auch weil ein journalistisches, textlastiges Angebot mit speziellem Fokus nicht gerade sexy war.

Ohne ein Ziel vor Augen zu haben, und ohne in den kühnsten Träumen daran zu denken, dass man später einmal davon leben könnte, begannen Daniel und ich die Website in mühsamen Einzelschritten zu optimieren, für permanent aktuelle Inhalte zu sorgen und sie mit den uns möglichen Mitteln bekannt zu machen. Meist durch Hinweise in Foren oder Gästebüchern. Eine Blogosphäre, die ein neues ambitioniertes Web-Projekt vielleicht unterstützt hätte, gab es damals noch nicht. Dafür aber so etwas wie die erste Social Media-Nachrichtenseite. Shortnews.de, ein von Usern erstelltes und bewertetes Nachrichtenportal, brachte DWDL.de bei guten Storys einige hundert Leser.

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Zum Jahreswechsel 2001/2002 konnten wir also schon steigende Leserzahlen verzeichnen. Unser Vorteil war oftmals, dass wir einfach schneller vermeldeten, wofür sich andere Branchendienste - wenn sie denn das Internet überhaupt schon ernst nahmen - viel mehr Zeit nahmen. Anders gesagt: DWDL.de war anfangs natürlich journalistisch nicht auf dem Level mancher Wettbewerber. Wir hatten ja auch gar nicht vor, den Wettbewerb aufzunehmen. Doch mit Breaking News aus der TV-Branche, die stundenlang exklusiv nur bei uns und erst dann bei den altgedienten Branchendiensten standen, fielen plötzlich hier und da Vergleiche.

Das war schmeichelhaft. Doch der eigentliche Kampf in diesem ersten Winter, wenige Wochen und Monate nach dem Start von DWDL.de, fand an einer ganz anderen Front statt: Wie erklärt man den Presseabteilungen der Medienkonzerne und TV-Sender, was ein Online-Medienmagazin ist? Ein journalistisches Online-Angebot ohne Verlag im Hintergrund? Ohne gedrucktes Magazin? Und auch noch von sehr jungen Machern. Das war vielen Ansprechpartnern suspekt. Manche trugen das offen, manche indirekt vor. Das ist heute kaum vorstellbar, war aber damals Realität.