Aber unterm Strich läuft es darauf hinaus, dass weniger Platz für Werbung im Angebot sein wird.

An manchen Stellen wird es weniger, dafür kommen andere neue Flächen hinzu. Der Bedarf des Werbemarkts verändert sich ebenfalls: Wir brauchen auch in Zukunft mitunter maximale Reichweite, um den größtmöglichen Werbedruck zu erzeugen. Aber Volumen allein reicht definitiv nicht mehr aus. Wir müssen Marken viel stärker in passenden Content-Umfeldern inszenieren, um wirklich hohe Aufmerksamkeit zu erzielen. Der Stellenwert von Sonderwerbeformen und Sonderplatzierungen wird entsprechend wachsen. Ein Pre-Roll vor einer populären Netflix-Serie hätte definitiv einen sehr hohen Aufmerksamkeitsfaktor, vor allem wenn die Marke perfekt zum Inhalt der Serie passt.

Ihr Appell in Sachen On-Demand-Ausbau scheint ja bei den großen privaten Sendergruppen Gehör zu finden. Glauben Sie, dass die aktuellen Pläne für 7TV und TV Now in die richtige Richtung gehen?

Wir sehen in der Tat größere Veränderungen und die Richtung stimmt. Was ich allerdings vermisse, ist die Möglichkeit, alle Angebote auf einer Plattform abrufen zu können. Für den Nutzer ist die Orientierung dadurch viel schwieriger als beim linearen Lean-back. Ich muss mich aktiv in die Mediatheken hineinbegeben und am besten schon vorher wissen, welche Sendung von welchem Sender stammt. Sitze ich pünktlich um 20:15 Uhr vorm Fernseher, ist es einfach. Wenn ich aber erst um 20:32 Uhr starten möchte, muss ich mich zunächst durch meinen EPG oder die verschiedenen Mediatheken klicken. Darin ist beispielsweise die Schweiz deutlich voraus: Ein 7-Tage-Catch-up über alle Sender hinweg, etwa bei Zattoo oder Swisscom, ist dort längst Standard. Ein solches Angebot entspricht intuitiv eher dem Zappen durch lineare Kanäle. Das hält meiner Ansicht nach mehr Zuschauer in der Welt der linearen TV-Marken, wenn auch auf Abruf, und treibt sie weniger stark in die Arme von Netflix und Amazon. Wenn ich erstmal in der Netflix-App auf meinem Smart-TV bin, kann ich mich auch dort treiben lassen, mit immer neuen Empfehlungen und ohne die Notwendigkeit, meine Lean-back-Situation zu verlassen.

"Wenn ich erstmal in der Netflix-App auf meinem Smart-TV bin, kann ich mich auch dort treiben lassen, ohne meine Lean-back-Situation zu verlassen"

Klaus Nadler, CEO, Carat Deutschland

 

Als Reaktion auf die veränderten Marktbedürfnisse haben quasi alle großen Media-Networks eigene Content-Töchter gegründet, die mitunter in einem neuen Wettbewerbsverhältnis zu Produzenten und Sendern stehen. Bei Ihnen im Dentsu Aegis Network ist es The Story Lab, zu dessen bekanntesten Formaten "Ninja Warrior" oder "Game of Clones" zählen. Wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit der Konzernschwester aus?

Die Antwort auf diese Frage ist zweigeteilt. Im alltäglichen Kerngeschäft der Mediaberatung für unsere Agenturkunden ist The Story Lab unser Dienstleister für die Umsetzung von Sonderwerbeformen oder content-nahen Markeninszenierungen, jeweils in Kooperation mit den Medienpartnern. Geht es um eigenproduzierte oder lizenzierte Formate von The Story Lab, dann spricht The Story Lab direkt mit Sendern und Publishern. Hier agiert The Story Lab dann in der Tat als Produzent. Bei diesen von The Story Lab kommenden Contents haben wir dann vielfältige Sondernutzungen, in denen wir unsere Kunden unique inszenieren können.

Transparenz ist ja ein Stichwort, das die Media-Networks öfter zu hören bekommen. Werbekunden kritisieren, dass für sie nicht immer alle Geschäftsmodelle ersichtlich seien, etwa welche Margen aus Einkaufskonditionen gezogen werden.

Dieses Thema kann ich allmählich wirklich nicht mehr hören. Wir sind mittlerweile einer der Wirtschaftszweige, welcher am stärksten geauditet wird und so transparent ist wie kaum ein anderer. Übrigens kann ich Ihre These auch nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil: Das Vertrauen hat wieder deutlich zugenommen und wir sprechen mittlerweile auf Augenhöhe mit unseren Kunden ganz transparent über unsere Geschäftsmodelle.

Herr Nadler, herzlichen Dank für das Gespräch.

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