Herr Kons, RTL(plus) feiert 35-jähriges Bestehen. Sie selbst sind auch schon seit rund 28 Jahren dabei - woran denken Sie, wenn Sie auf diese Zeit zurückblicken?

Wolfram Kons: Für mich persönlich ist diese Zeit wahnsinnig schnell vorbeigerauscht und es war nie langweilig. Warum? Weil ich auf der einen Seite viele Konstante habe und dann aber auch immer neue Dinge hinzugekommen sind. Ich bin ja 4K-Fernsehen: Kons steht für Kaffee am Morgen, Kinder beim Spendenmarathon und für Kunst bei n-tv. "Inside Art" mache ich jetzt schon seit fünf Jahren, die Sendung ist leider zu unrecht etwas unbekannt. n-tv hat damit überhaupt die einzige Sendung über zeitgenössische Kunst im deutschen Privatfernsehen im Programm, eine wunderbare Sendung übrigens. Das alles ist für mich die Mediengruppe RTL und so schnell gehen fast drei Jahrzehnte vorbei. Mein persönliches Lebensgefühl hat sich dabei nie verändert. Ich komme hier jeden Morgen mit richtig viel Bock hin und nach wie vor ist es so, dass jeder Tag anders läuft als geplant.

Ihr Lebensgefühl hat sich nicht verändert, wie aber hat sich RTL in den vergangenen 35 Jahren verändert?

RTL hat sich natürlich dramatisch verändert. Es gibt so viel mehr Spieler auf dem Platz, gegen die wir heute antreten müssen. Da treten uns inzwischen viel mehr Konkurrenten vors Schienbein und auch andere schießen Tore. Da waren wir früher anders unterwegs. Trotz der vielen Jahre ist RTL aber nie zu einer Behörde geworden, der besondere Spirit bei den Leuten ist da. Das merke ich jetzt wieder an der Jubiläumsshow, die wir machen. Alle haben richtig Lust darauf.

Sie moderieren Nachrichten, Shows, das Kunst-Format bei n-tv und leiten die "Stiftung RTL - Wir helfen Kindern". Das sind alles sehr unterschiedliche Dinge, wofür schlägt Ihr Herz am meisten?

Konstanz schreibt man ja auch mit "Kons" am Anfang. Da ist "Guten Morgen Deutschland" das Ding, was ich seit fast 30 Jahren begleite. Das macht mein Leben aus und hat mein Lebensgefühl- und rhythmus geprägt. Es gibt nicht so viele Menschen im deutschen Fernsehen, die so oft so früh aufgestanden sind wie ich. Es ist nach wie vor ein Erlebnis, wenn in der Früh um zwei Uhr der Wecker klingelt. Was mich besonders glücklich macht ist unsere einzigartige Stellung mit der RTL-Stiftung, so etwas gibt es sonst nicht im Fernsehen. Da hat der Sender wirklich ein Commitment abgegeben und in den letzten Jahren mehr als 170 Millionen Euro eingesammelt und 1:1 an ausgewählte Kinderhilfsprojekte gegeben. Das erfüllt mich mit einer richtigen Wärme, Demut und viel Glück.

Sie sind das prägende Gesicht der RTL-Frühschiene. Wie bringen Sie sich morgens um 2 Uhr in Schwung?

Ich habe ein festes Ritual. Es gibt zwei Wecker und der erste klingelt nebenan im Bad, sodass meine Frau und die Kinder nicht geweckt werden. Nach dem Aufstehen mache ich, ob Sie es glauben oder nicht, eine 20-minütige Einheit. Gymnastik, Liegestütze, Planking und all so ein Quatsch. Danach schaue ich mir digital die letzten Nachrichtensendungen an und um kurz vor 3 Uhr sitze ich im Auto und fahre ins Sendezentrum. Die Frage für mich war nie, wann ich aufstehe, sondern wofür.

Wann haben Sie zum ersten Mal gemerkt, dass Sie vor die Kamera wollen?

Das hat bei mir 1991 angefangen, als ich vom Putsch in Moskau berichtet habe. Da hatten sie niemanden, der früh morgens aus Moskau berichten konnte. Der Korrespondent, der damals im Dienst war, musste nach 24 Stunden auch mal eine Pause machen. Und da ich damals schon als freier Journalist Berichte für "Guten Morgen Deutschland" gemacht habe, wurde ich dorthin geschickt. Die erste Schalte war eigentlich eine Katastrophe: Ich war aus Moskau zugeschaltet und habe mich selbst mit einem Delay gehört. Ich habe deshalb deutlich langsamer gesprochen als üblich, aber offenbar war das trotzdem ganz okay. Ich bin dann vom Sender direkt aus Moskau nach Luxemburg umgebucht worden und nicht nach München, wo ich damals gearbeitet habe. Seitdem haben sie mich hier an der Hacke.

"Die Frage für mich war nie, wann ich aufstehe, sondern wofür."

Seitdem sind Sie ein Fernsehmensch. Aber eigentlich haben Sie ja alle klassischen Mediengattungen durch.

Ich habe am Anfang eine Schülerzeitung gemacht, danach für die "Welt" geschrieben und beim Radio gearbeitet, Fernsehen war damals insofern eine neue Erfahrung. Das Gesicht hat dann auch nicht weiter gestört. Es gibt ja Menschen die sagen, ich hätte ein sehr gutes Radiogesicht. Gerade am Morgen ist die Stimme sehr wichtig, da machen wir Radio mit Bildern. Ich war jedenfalls nie als Topmodel engagiert (lacht).

Sie haben im Laufe der Zeit diverse Show-Formate moderiert und kommentiert, sei es "1 gegen 100", "Domino Day" oder zuletzt die Neuauflage von "Der Preis ist heiß". Ist an Ihnen ein Entertainer verloren gegangen?

(lacht) Sagen wir mal so: Verloren gegangen nicht. Da waren ja nicht nur Erfolge dabei, es gab auch Misserfolge und Irrtümer. Dass ich das jetzt alles machen darf, freut mich natürlich sehr. Was "Guten Morgen Deutschland" ausmacht ist die Mischung aus den harten News, die ich für die besten am Morgen in ganz Deutschland halte, und den bunteren Themen. Da mache ich Blödsinn an der Weihnachtsbude und spreche mal mit Dschungelköniginnen und mal mit Gerhard Schröder. Das ist eine besondere Faszination. Ich kann dort die Menschen sowohl unterhalten als auch informieren. Die Bandbreite ist enorm, das liebe ich sehr.

Grundsätzlich sind Sie aber nicht abgeneigt, wenn man Ihnen eine passende Show anbieten würde?

Mein Schicksal im Show-Bereich hängt komplett am kommenden Freitag (lacht). Daher ist dieses Interview auch das wichtigste meines Lebens. Weil wir am Freitag natürlich die tollste ganze kleine große Show in 35 Jahren RTL abliefern. Das ist der Druck, den ich habe. Wenn das gut läuft, sehe ich alle Möglichkeiten (lacht).

Was wird denn in der Jubiläumsshow passieren, also abgesehen von den üblichen besten RTL-Momenten aus 35 Jahren?

Wir haben Top-Gäste und ich freue mich auf jeden einzelnen. Wir senden vier Stunden lang live aus unserer kleinen Dach-Butze aus der Sendezentrale. Die Nähe zum Sender war uns besonders wichtig. Da werden wir natürlich mit unglaublichen Zuschauermassen arbeiten. Lass es 40 sein, (überlegt kurz) ach komm, 50! Wir werden versuchen, den Charme der Anfangstage, wo wir ja auch aus einem kleinen Studio in Luxemburg für maximal 200.000 Leute draußen gesendet haben, noch einmal zu transportieren. Natürlich haben wir einiges geplant und werden aus allen Bereichen der RTL-Geschichte etwas zeigen, wenn wir aber merken, dass live alles anders läuft, werden wir den Sendeplan über den Haufen werfen.

Das hört sich spannend an. Normalerweise sind die Shows von RTL, auch wenn es um den Sender selbst geht, ja immer groß und mit viel Publikum. Shiny Floor eben.

Ja, Shiny Floor gibt es bei uns auch. Nur kleiner. Shiny Flörchen würde ich sagen.

"Wenn du glücklich bist, versuche nicht, noch glücklicher zu werden."

Sie haben eben Irrtümer angesprochen, für die Sie vor der Kamera standen. Welche waren das?

Wir haben mit "sonntags.live" mal versucht, und das war mir ein großes Anliegen, am Sonntagmittag eine informative Unterhaltungssendung zu machen. Dieses Format haben wir in der Adventszeit gestartet, das war schon der erste Irrsinn. Wir wollten ganz lange durchhalten und letztendlich lief die Sendung vier Mal. Am vierten Advent hatten wir im Gegenprogramm "Drei Nüsse für Aschenbrödel" in einem Dritten Programm, das war dann Marktführer. Zum Glück lief in der Woche davor nicht noch "Der kleine Lord". Mein Learning von damals ist: Wenn man Sonntagmittags erfolgreich eine Sendung machen will, braucht man mehr als zwei Nüsse (lacht).

Gab es in der ganzen Zeit eigentlich mal Angebote von anderen Sendern? Haben Sie nie überlegt, auch mal den Sender zu wechseln?

Die Angebote gab es tatsächlich. Übrigens nicht nur für die Bereiche Unterhaltung und Nachrichten, sondern auch für Themen rund um Corporate Social Responsibility. Andere Sender haben das nicht und wollten, dass ich das für sie aufbaue. Insgesamt ist das Familiengefühl hier bei RTL aber so groß, dass ein Wechsel für mich bisher nicht infrage kam. Wenn du glücklich bist, versuche nicht, noch glücklicher zu werden.

Das ist ein schöner Satz. Aber wann ist man im glücklichsten? Das ist doch wie mit Aktien: Es läuft gerade gut, aber es könnte noch besser laufen, wenn…

Ja. Wobei ich sagen kann, und das klingt jetzt ein bisschen pathetisch, dass ich gerade die schönste Zeit meines Lebens habe. Ich habe mit 48 Jahren recht spät geheiratet und bin dann Vater geworden. Mit meinen Kindern erlebe ich jetzt meine eigene Kindheit noch einmal sehr intensiv, übrigens auch das Thema Kinderfernsehen, wo ich inzwischen schon ein paar Ideen habe. Die Kombination zwischen diesen ganz frischen Impulsen und der Kontinuität bei RTL beschert mir ein seit Jahren andauerndes Hochgefühl. Das kann so noch mindestens 35 Jahre weitergehen.

Herr Kons, vielen Dank für das Gespräch!

RTLplus zeigt die Jubiläumsshow "35 Jahre RTLplus - Der große Kultabend" am Freitag (1. Februar) ab 20:15 Uhr.