Herr Vulić wohl fast jeder, der schon mal auf Mallorca war, dürfte mit dem Inselradio in Kontakt gekommen sein. Aber wie verrückt war die Idee vor 25 Jahren, einen solchen Sender zu starten?

Ganz neu war die Idee nicht, weil es schon in den 60er Jahren die ersten deutschsprachigen Programmfenster auf verschiedenen spanischen Inseln gab. Das war eine Art Grundversorgung für die deutschsprachige Community, die damals längst nicht so groß war wie heute. Diese Stundenprogramme hatten sich mit der Zeit allerdings erübrigt, weil die Satellitenverbreitung zunahm und Zeitungen schneller den Weg auf die Inseln schafften. Erst mit der wachsenden Zahl an Touristen kam in den 90er Jahren schließlich die Idee auf, diesen Menschen ein deutschsprachiges Radioprogramm anzubieten. Dass daraus 25 Jahre werden würden, hat damals natürlich niemand erwartet.

Sie sind von Beginn an dabei. Wie sah Ihr Leben aus, bevor es das Inselradio gab?

Ich bin Reiseverkehrskaufmann aus Düsseldorf und hatte zusammen mit meiner damaligen Lebenspartnerin gerade ein Projekt abgeschlossen. Eigentlich war unser Plan, für ein halbes Jahr in die Sonne zu fahren. So kamen wir nach Mallorca und haben uns sofort in die Insel verliebt. Am Ende wurden es mehr als zweieinhalb Jahre, in denen wir uns an verschiedenen Dingen ausprobierten. Und eigentlich waren wir gewillt, nach Deutschland zurückzukehren und etwas Vernünftiges zu machen, als ich vom Start dieses Inselradio-Projekts mitbekam. Also traf ich mich mit dem Radiourgestein Uwe Bahn, der noch heute für den NDR moderiert und von Beginn an in die Mallorca-Planungen involviert war. Wir waren uns sympathisch und haben kurz darauf einfach losgesendet – mehrere Stunden am Tag aus einem Studio ohne Fenster, auf einer Frequenz, die wir uns mit einem anderen Sender teilten.

Wie verlief der Start?

Anders als erhofft. Gestartet war der Sender unter dem Namen LaOla als reines Urlaubsradio mit dem Fokus auf die Szenerie rund um den sogenannten Ballermann 6. Alle gingen davon aus, dass das gut funktioniert, weil da ja viel los ist. Aber es kam anders.

Worin lag der Denkfehler?

Die Unternehmen, die ohnehin gut zu tun hatten, hatten gar keinen Grund, in der kurzen Urlaubssaison Werbung bei uns zu schalten. Und die Unternehmen, die Werbung benötigt hätten, besaßen kein ausreichendes Budget. Daher haben wir nach vier Monaten noch einmal einen kompletten Neustart vollzogen und uns nicht mehr primär an Urlauber gerichtet, sondern an Mallorca-Liebhaber, die temporär auf der Insel sind. 

Ist das auch der Grund dafür, weshalb im Inselradio keinerlei Ballermann-Musik läuft?

Ballermann-Musik haben wir ganz am Anfang gespielt. Da liefen Wolfgang Petry oder Karel Gott mit "Biene Maja". Aber für ein kulturgrenzüberschreitendes Projekt muss die Musik anders sein. Deshalb konzentrieren wir uns auf ein AC-Format mit mediterranem Einschlag, für das wir uns einen 30-prozentigen Anteil an spanisch-lateinamerikanischer Musik auferlegt haben. Damit zeigen wir dem Publikum, was die Spanier hören, und die Mallorquiner wiederum fühlen sich ebenfalls wohl bei uns, weil wir einen Teil ihrer Musik spielen.

Dennoch dürfte der Tourismus auch für Sie kein unwichtiger Faktor sein. Keine leichten Zeiten, wenn die Urlauber, wie jüngst in der Corona-Krise, plötzlich ausbleiben, oder?

Die Situation war herausfordernd, keine Frage. Allerdings war sie nicht so schlimm wie anfangs befürchtet, weil wir uns durch die vielen Unternehmen, die auf Mallorca im Luxus- und Immobiliengeschäft unterwegs sind, ganz gut durch die Krise manövrieren konnten. Dazu kommt, dass uns viele Liebhaber und Freunde der Insel treu geblieben sind, weil wir versucht haben, ihnen auch in diesen Zeiten die Insel näherzubringen. Gleichzeitig haben wir die Situation genutzt, um uns zu vergrößern.

Inwiefern?

Den Kopf in den Sand zu stecken, war für uns keine Option. In diesem Jahr sind wir innerhalb Palma umgezogen in ein 400 Quadratmeter großes Sendezentrum, auf dem wir ausreichend Platz haben, um neben dem Inselradio auch den vor sieben Jahren gestarteten englischsprachigen Schwestersender Mallorca Sunshine Radio weiter auszubauen. Hier haben wir zusätzliche Sendestudios eingerichtet und können unser Projekt Inselradio TV vorantreiben, etwa mit einer Fläche, die wir mit festen TV-Kameras ausgestattet haben, um künftig sogenannte Tiny Concerts zu veranstalten. Auf diese Weise wollen wir Musikerinnen und Musikern, die auf der Insel leben, ein Forum geben. Dem gesamten Team und mir ist es wirklich eine Herzensangelegenheit, die Mallorquiner mit den Urlaubern und Residenten zu verbinden. Das schaffen wir nicht nur über die Musik, sondern auch über Aktionen, und es ist uns gelungen, dass auch die Mallorquiner uns wegen des Anteils spanischer Musik gerne und viel hören. Bis zu drei Stunden am Tag. Wenn es wieder so richtig losgeht mit dem Urlaub auf Mallorca, dann werden wir bestens gewappnet sein

Herr Vulić, vielen Dank für das Gespräch.