Als das Privatfernsehen in den 90er Jahren den Sex für sich entdeckte, schien es kaum ein Thema zu geben, über das nicht vor laufender Kamera gesprochen wurde. "Liebe Sünde" und "Wa(h)re Liebe" nannten sich die Formate, in denen ProSieben und Vox wöchentlich über Swingerclubs, Porno-Produktionen oder Schamhaar-Friseure berichteten. Und auch wenn mit Formaten wie "Big Brother" oder "Adam sucht Eva" mit der Zeit neue Tabus gebrochen wurden, scheint es, als sei das Fernsehen in den vergangenen Jahren zunehmend prüde geworden.

Seit geraumer Zeit versucht Paula Lambert dagegen anzukämpfen. "Es ist ja nicht nur das Fernsehen prüde, sondern die Gesellschaft selbst. Als wäre Sex etwas Schreckliches", sagt sie zu DWDL.de. "Uns ist völlig abhanden gekommen, die eigene Sexualität als etwas Natürliches und Schönes zu betrachten." Seit rund 15 Jahren schreibt Lambert, die mit bürgerlichem Namen Susanne Frömel heißt, Kolumen über Sexualität. Für das Fernsehen wurde sie zunächst von ZDFkultur entdeckt, ehe sie zum Frauensender Sixx wechselte, um dort regelmäßig ihre "Sex- und gute Nacktgeschichten" zu präsentieren.

Inzwischen ist bei Sixx gewissermaßen ein Paula-Universum entstanden, dessen erstaunliches Umfang sich von diesem Mittwoch an wieder betrachten lässt. Zusammen mit ihrem Kollegen Lukas Klaschinski ist sie ab sofort wöchentlich zur besten Sendezeit im "Paula kommt"-Ableger "Er sagt, sie sagt" zu sehen, wo es um Fremdgehen, Sexfantasien oder Selbstliebe geht – aus der Perspektive von Frauen und Männern. Später am Abend heißt es "Ein Mann für Paula – Lukas kommt" und weit nach 23 Uhr wartet auch noch der Anruftalk "Paula kommt... am Telefon", in dem in der jüngsten Staffel etwa über Kopfblockaden und SM-Sex gesprochen wurde. Gewissermaßen eine zeitgemäße Form von Erika Bergers legendärer "Chance für die Liebe".

Paula Lambert und Lukas Klaschinski © Sixx/Claudius Pflug
Paula Lambert und Lukas Klaschinski

Reichlich Sendezeit also für ein Thema, das vom Fernsehen zuletzt etwas unter den Teppich gekehrt wurde. Doch weshalb findet Sexualität im Fernsehen mittlerweile so selten statt? "Die Schwierigkeit des Fernsehens besteht bei dem Thema darin, Sex verbildlichen zu müssen, darum landet man schnell in Bereichen, die das Wesentliche gar nicht so sehr zeigen. Sondern eher Extremeres", weiß die Sex-Expertin. "Mich interessiert aber der Kern: Warum hast du Sex mit jemandem, wie geht es dir dabei? Was empfindest du? Das sind die Bereiche, in denen es spannend ist."

Das sei auch der Grund, weshalb sie ihren "Paula kommt"-Podcast liebe. "Da kann ich richtig popeln, ohne auf Bilder achten zu müssen." Doch nicht jedes Sex-Thema ist für die 44-Jährige zwangsläufig interessant. "Ich kann ganz viel unter erforschenden Gesichtspunkten betrachten. Aber wo es bei mir an die persönliche Verletzlichkeit und Scham geht, da ist Schluss", sagt Lambert, angesprochen auf persönliche Grenzen. "Exhibitionismus interessiert mich nicht." An Themen mangelt es ihr jedenfalls nicht – und in Workshops werden ständig neue Ideen entwickelt, um das Universum weiter auszudehnen.

Für die Zukunft hat Paula Lambert bereits Pläne geschmiedet, auch wenn ihr Sixx wohl kaum den Wunsch erfüllen wird, sich in Paula TV umzubenennen, wie sie lachend vorschlägt. "Ich möchte mehr in Richtung Paarberatung und Dating gehen", erzählt Lambert gegenüber DWDL.de. Auch Selbstfindung sei ein großes Thema. Nagt in ihr also womöglich Wunsch, nicht mehr ausschließlich auf die Rolle der Sex-Expertin reduziert zu werden? Mit Blick darauf gibt sich Lambert ungewohnt verschlossen: "Ich darf noch nichts sagen, aber warten wir doch einfach mal den Herbst ab."