Mit "Circus Halligalli" ist am Dienstagabend nicht nur eine ProSieben-Show zu Ende gegangen. Joko und Klaas haben eigentlich nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass das, was sie da seit 2013 machen, eigentlich nur die logische Fortsetzung von "MTV Home" und "neoParadise" ist. Während der Abschied von "TV Total" vor eineinhalb Jahren aber wenig denkwürdig war und vor Beliebigkeit nur so strotzte, machten es Joko und Klaas ganz anders. Schon ganz zu Beginn entschied man sich, noch einmal den Einspieler aus dem Februar zu zeigen, in dem die beiden Moderatoren erklärten, wieso sie die Show nun beenden wollen.

Innerhalb der ersten paar Minuten sah man schon, was "Circus Halligalli" und seiner Vorgänger ausgemacht haben, das hat sich durch die gesamte Sendung gezogen. So gab es neben Einspielern mit den Highlights der Sendung auch einen kurzen Talk mit Palina Rojinski, die das Format seit der ersten Stunde bei MTV begleitet hatte. Damals waren Joko und Klaas auch noch relativ häufig "draußen" für Aktionen, das war zuletzt nicht mehr so häufig der Fall. Als Countdown-Überraschung trat noch einmal Fritz "Thüringer Klöße" Wagner auf, der in der ersten Sendung 2013 schon einmal in dieser Rolle zu sehen war.


Insgesamt war es ein würde- und liebevoller Abschied, bei dem das Team von "Circus Halligalli" Liebe zum Detail bewiesen hat. Und auch wenn es gerade in den vergangenen Monaten eher viel Leerlauf gab, kann man sich eigentlich nicht über das Ende dieser Show freuen. ProSieben kommt ein Format mit großer Fanbase, übrigens auch online, abhanden. Joko und Klaas werden in ihren Shows zwar auch weiterhin zu sehen sein, die Schlagzahl wird sich aber erst einmal nicht aufrecht erhalten lassen. Und die beiden Moderatoren selbst verlieren eine Fläche, bei der sie machen konnten, was sie wollten. Sie hatten Narrenfreiheit wie einst Stefan Raab, nun verlassen sie ihre Experimentierfläche, ihre Spielwiese. Kleine Ideen können nun nicht mehr so einfach ausgetestet werden. Das kann eigentlich niemandem gefallen.

Natürlich ist eine wöchentliche TV-Show anstrengend, es ist aber auch ein Privileg. Nicht immer kann eine Sendung zu 100 Prozent gelingen, zuletzt kam "Circus Halligalli" aber immer öfter die Leidenschaft abhanden. Zu viel Udo Walz, zu viel Matthias Schweighöfer und zu viel "Aushalten: Nicht lachen" sind nur drei Beispiele, warum "Circus Halligalli" zuletzt so sehr an Zugkraft verloren hat. "Wir konnten machen was wir wollten", sagt Klaas am Ende der Sendung. Dass man am Ende offenbar kaum mehr wollte und sich wohl auch etwas zu viel Routine eingeschlichen hatte, ist schade. Und es läuft auch der Behauptung entgegen, man höre eben auf, wenn es am schönsten ist.

Doch es gab sie natürlich, die ganz großen "Halligalli"-Momente. Der Goldene Umberto etwa oder "Mein bester Feind", das später sogar eine eigene Sendung wurde. "Dawn of the Gag" war ebenfalls ein starkes Element, auch wenn sich die Jugendschützer über den Alkoholkonsum in der Sendung beschwerten. Joko als "Newstime"-Moderator oder Klaas im "Doppelpass" haben ebenfalls Kultcharakter, daneben natürlich viele Spiele, die vor allem Joko immer an den Rand des Erbrechens, und manchmal darüber hinaus, führten. Erst vor wenigen Monaten feierte das Team mit Goslinggate wohl einen ihrer größte Coups. Und auch "Aushalten: Nicht lachen" oder die ersten Interviews von Sabine mit internationalen Schauspielern hatten ihren Charme. Durch das ständige Wiederholen hat man sich seine kleinen aber feinen Rubriken aber irgendwann ein wenig selbst kaputt gemacht.

Circus Halligalli© Screenshot ProSieben
Dauergast Matthias Schweighöfer durfte natürlich auch in der letzten Ausgabe nicht fehlen.

Die letzte Sendung war übrigens nicht live, sie wurde vor mehr als einer Woche aufgezeichnet. Auch das ist ein wenig schade, hatte es doch zuletzt vermehrt Live-Ausgaben gegeben. James Blunt kam dennoch vorbei und sang die härtesten Kritiken und einige andere Musiker haben in einem eigens komponierten Disstrack noch einmal auf Joko und Klaas rumgehackt. Hier wurden übrigens auch der etwas unglückliche Sendeplatzwechsel auf den Dienstag und die zuletzt schwachen Quoten aufs Korn genommen.

Am Ende sitzen Joko und Klaas alleine an ihrem Schreibtisch, trinken Alkohol und verabschieden sich mit emotionalen Worten von den Zuschauern. Sie danken dabei nicht nur ihren jetzigen Mitarbeitern, sondern allen, die jemals für eine ihrer Sendungen gearbeitet haben. Am Ende kommen Joko sogar die Tränen. Es sind echte Emotionen und nicht gespielte, wie bei ihrer zur Schau gestellten Feindschaft. Nach einer Umarmung verlassen die beiden Moderatoren das Studio und die Kamera gewährt den Zuschauern noch einmal einen Blick hinter die Kulissen. Hier hat sich nahezu alles versammelt, das im "Circus Halligalli"-Kosmos zuletzt einen Namen hatte. Und plötzlich wird einem klar, was dem deutschen Fernsehen hier abhanden kommt.

Ganz zuletzt laufen noch die Namen derjenigen durch, die an der Show beteiligt waren - eine Seltenheit im deutschen Fernsehen. Es war ein würdiger Schlusspunkt einer Show, die bis zum Ende gut sein konnte, wenn sie es denn wollte. "Circus Halligalli" wird fehlen, auch wenn Joko und Klaas den Zuschauern erhalten bleiben. Dennoch kommt ihnen eine schöne Spielwiese abhanden, bei der sie sich austoben konnten und nicht in einem durchformatierten Format funktionieren mussten. Andererseits: Wirklich Lust auf diesen Spielplatz hatten sie zuletzt nicht mehr. Es könnte daher auch eine Chance für den Sender sein, andere Künstler mit diesen Freiheiten auszustatten.

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