Wie es aussieht, wenn sich Detlef Soost oder Angelo Kelly mit Klebe-Perücke und Billig-Perücke als "Promi Undercover Boss" unters Volk mischen, konnte man ja schon vor einigen Wochen bei RTL einigermaßen leidvoll begutachten. In seiner neuen Show hat der Sender jetzt wieder auf die Produktionsfirma Tower Productions zurückgegriffen, diesmal glücklicherweise aber auf einen echten Boss. Der hat allerdings keine Ahnung, wie ihm geschieht und findet sich plötzlich in einem Fernsehstudio wieder, in dem nicht nur muntere Claqueure sitzen, sondern auch die eigenen Mitarbeiter.

Entsprechend groß ist die Überraschung, als der Besitzer mehrerer Autohäuser vor laufenden Kameras in die Augen der Belegschaft blickt – mit dem eigentlich abgemachten Unternehmensporträt hat das freilich nicht mehr viel zu tun. Von nun an ist der Titel der Show Programm: "Der Chef bekommt die Quittung" nennt sich das Format, in dem der Chef beweisen muss, ob er abseits seines Büroalltags überhaupt weiß, was in seiner Firma vor sich geht. Dafür haben sich spitzfindige Redakteure eine Hand voll Spiele ausgedacht, die mehr oder weniger mit dem Unternehmen zu tun haben, in dem der Boss das Sagen hat.

Über mehrere Runden hinweg tritt er gegen sein Personal an. Verliert er, gibt’s Preise für die Arbeitnehmer – und der Chef muss sie bezahlen. Mal gilt es, Reifen mit Boxhandschuhen zu wechseln, ein anderes Mal müssen diverse Gegenstände möglichst sicher auf einem Dachgepäckträger befestigt werden. Schön auch, wie sich Chef und Lackierer gegenseitig im Autoscooter mit Farbe bespritzen. Das alles hat etwas von einem großen Kindergeburtstag, dem es durch den Wettbewerbscharakter und die Fallhöhe für den Chef nicht an Motivation mangelt. Gleichzeitig nehmen die mitunter absurden Preise der Show die Schwere: Ob Handwerker-Maniküre oder Powernap-Kissen – im Zweifel dürften die ausgelobten Hauptgewinne dann doch verzichtbar sein.

Was ganz amüsant klingt, erweist sich dann auch vor dem Fernseher als erstaunlich großer Spaß, zumal die Show mit einer Laufzeit von zwei Stunden erstaunlich kompakt geraten ist. Allerdings sind keineswegs nur die Spiele gelungen. Witzig wird’s nämlich auch immer dann, wenn sich die Belegschaft in den Einspielern auch mal kritisch über den Boss herzieht. Der sei ja eher ein "Hauruck-Typ" und habe ganz viele Ideen, die er nur dummerweise nicht zu Ende denke, sagt eine Mitarbeiterin ganz offen. Im Finalspiel muss der Chef schließlich erraten, wie die Arbeitnehmer über den obersten Manager denken. So erfährt er beispielsweise, dass ganze 85 Prozent der Belegschaft glauben, der Autohaus-Boss habe schon mal sein Auto geschrottet.

Der Chef bekommt die Quittung© MG RTL D / Christine Skowski

"Der Chef bekommt die Quittung" ist so kompakt, dass nicht mal Ralf Schmitz als hyperaktiver Moderator stört. Im Gegenteil: Der "Betriebsratsvorsitzende von RTL", wie er angekündigt wird, erweist sich als souveräner Gastgeber, der natürlich einen Heidenspaß dabei entwickelt, dem Chef nach jeder verlorenen Runde die Quittung zur Unterschrift vorzulegen. Tatsächlich wird es für den Manager kein ganz billiger Abend: Über 50.000 Euro muss er am Ende abdrücken, um seine Mitarbeiter zufriedenzustellen, auch wenn RTL für den im Finale gewonnenen Trip zum Formel-1-Rennen in Hockenheim womöglich noch den einen oder anderen Rabatt gewähren konnte.

Das Schöne an der neuen Sendung ist übrigens die Tatsache, dass es sich nicht etwa um ein eingekauftes und im Ausland ausreichend erprobtes Format, sondern um eine Eigenentwicklung handelt. Die wirkt schon bei der ersten Ausgabe erstaunlich rund. Man kann also nur hoffen, dass RTL noch ein paar weitere Chefs auftreiben kann, um die Quittungen für ihre Mitarbeiter bezahlen werden. Es muss ja nicht gleich Detlef Soost kommen.