*Spoiler-Warnung: Dieser Text setzt sich inhaltlich mit den ersten beiden Folgen der ORF-Serie "Walking on Sunshine" auseinander*

Da braut sich was zusammen am Wiener Küniglberg. Dort oben steht das ORF-Zentrum und der öffentlich-rechtliche Sender ist nach wie vor der Mittelpunkt so ziemlich jeder größeren medienpolitischen Auseinandersetzung in Österreich. Vor allem seit die rechtspopulistische FPÖ mit der konservativen ÖVP regiert, ist der ORF immer wieder Anfeindungen ausgesetzt. Der neueste Sturm, der sich auftut, hat aber nichts mit dem ORF an sich zu tun, sondern ist inhaltlicher Natur. Ab dem 7. Januar zeigt der Sender nämlich die neue Serie "Walking on Sunshine", in der der Sender die Zuschauer in den ORF hineinversetzt. Oder um genauer zu sein: In die ORF-Wetterredaktion.


Diese ist nämlich der Mittelpunkt der neuen Serie, die von Dor Film produziert wurde. Zehn Folgen wird der ORF künftig immer montags zur besten Sendezeit ausstrahlen. Was zunächst klingt wie eine billige inhaltliche Kopie von "The Newsroom" hat durchaus seinen Charme. Das Thema "Wetter" klingt ja zunächst einmal recht banal. Aber die Dialoge sind so detailverliebt, dass man selbst als unwissender Zuschauer schon bald mehr kennt als nur die simplen Hochs und Tiefs. "Wir haben eng mit der – sozusagen – echten Wetterredaktion des ORF zusammengearbeitet, die uns sehr gut betreut und beraten und uns auch auf den einen oder anderen Fehler hingewiesen hat", sagte Regisseur Andreas Kopriva vor einigen Tagen. Tatsächlich ist es faszinierend zu beobachten, wie die Charaktere lange debattieren, ob sie nun eine Eiswarnung herausgeben sollen oder nicht. Irgendwann entsteht tatsächlich der Eindruck, dass die Wetter-Redakteure beim ORF nicht nur über das Wetter berichten, sondern über Dinge mit größter weltpolitischer Bedeutung.

Nebenbei tun sich zudem allerlei Abgründe, um nicht zu sagen "Tiefs", auf. Da wäre zum Beispiel der abgehalfterte TV-Moderator Otto Czerny-Hohenburg, gespielt von Robert Palfrader. Nachdem der Alkohol ihn in eine jahrelange Pause zwang, will er jetzt endlich wieder zurück. Doch als der Generaldirektor des ORF, gespielt vom großartigen Martin Zauner, ihn nur noch das Lotto moderieren lassen will, lehnt er brüskiert ab. Er hält sich noch immer für was besseres. "Ich lasse mich von denen nicht demütigen, da gehe ich lieber zu Pink 4", sagt er. Anspielungen wie diese, hier auf den Privatsender Puls 4, finden sich immer wieder in der Serie. Schließlich übernimmt Czerny-Hohenburg die Wetter-Moderation, natürlich ohne sich beim Thema auszukennen. Das gefällt wiederum der Abteilungsleiterin Tilia Konstantin (Proschat Madani) nicht - auch, weil sie mal eine Affäre mit ihrem Neu-Moderator hatte.

Walking on Sunshine© ORF/Hubert Mican
Beim ORF gratuliert schon einmal der Generaldirektor höchstselbst nach einer erfolgreichen Wettersendung. 

Die Abteilungsleiterin hat aber selbst ein dunkles Geheimnis und so rücken Wetterprognosen und Übertragungen zwischenzeitlich in den Hintergrund. Die Dramedy ist teilweise mehr Drama als Comedy: Konstantin wird von einer mysteriösen Frau erpresst, die herausgefunden hat, dass die Wetter-Expertin in ihrem Lebenslauf geschummelt hat. Es stellt sich heraus, dass ihr Mann, ein einflussreicher Unternehmer, das Ziel der Erpressung ist. Gleichzeitig muss die Abteilungsleiterin ihre Tochter Selina (Conny Ulrich) in Schach halten, die ebenfalls in der Redaktion arbeitet und gerne eine bekannte Moderatorin werden würde - dafür aber wohl eher ungeeignet ist. Als Selina in der Auftaktfolge einen Radfahrer totfährt und anschließend Unfallflucht begeht, scheint ihr Schicksal ohnehin besiegelt zu sein.

Es sind diese großen Fallhöhen, die "Walking on Sunshine" so sehenswert machen. Drehbuchautor Mischa Zickler beschränkt sich nicht auf eine klassische Dramedy, also eine Drama-Serie mit Comedy-Elementen. In der neuen ORF-Serie geht es um Themen wie Liebe, Karriere, Eifersucht, gekränkte Egos und Betrug. Und so hat jeder in der Redaktion seine eigene Geschichte, niemand scheint überflüssig. Der junge Mitarbeiter Lukas (Aaron Karl) wird von der Abteilungsleiterin erst weggeschickt, weil sie ihn nicht mehr bezahlen kann (natürlich alles rein fiktiv und ohne Bezug zur Realität!). Später arbeitet er ohne Bezahlung, weil er von einer unbekannten Frau geerbt hat - auch das wird im Verlauf der Staffel noch für so einige spannende Momente sorgen. Schon in den ersten zwei Folgen sieht man, wie Lukas nach dem Termin beim Notar beschattet wird.

Österreich mit vielen ORF-Anspielungen

Sympathisch ist "Walking on Sunshine" auch immer speziell dann, wenn es sehr österreichisch wird. Etwa dann, wenn Lukas mit seinen zwei weiblichen Kolleginnen vom Hochkogel einen Live-Einstieg machen soll, der zunächst patzige Mitarbeiter im ORF-Zentrum aber kein Signal empfängt und auch keine Anstalten macht, dem jungen Kollegen zu helfen ("Einer von uns zwein chartet ein Raumschiff, fliegt rauf zum Satelliten und repariert den Scheiß - oder du kontrolliert den Wagen noch einmal.") In bester "MacGyver"-Manier repariert Lukas dann aber doch noch die kaputte Sicherung - und auch der Mitarbeiter in der Sendeabwicklung ist plötzlich freundlich.

Auch die Anspielungen auf den echten ORF sind sehenswert. Der Generaldirektor etwa schwebt über allem und lost Jobs zu, wie es ihm gerade in den Kram passt - ohne natürlich die (leitenden) Angestellten vorher um Rat zu fragen. Ein Schelm, wer das auf die Realität bezieht. Als dann später auch noch herauskommt, dass die Wetter-Chefin des ORF selbst Generaldirektorin werden will, fühlt man sich tatsächlich in die Realität versetzt. Vor einigen Jahren war es der Finanzchef, der vergeblich gegen ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz kandidierte.  

Manchmal trägt "Walking on Sunshine" aber auch zu dick auf. Etwa dann, wenn der Generaldirektor dem gefallenen Moderator Otto Czerny-Hohenburg gerade erst den neuen Job zugeschustert hat, dieser aber schon eine Stunde später im Studio steht. Auch die Story rund um die Tochter der Abteilungsleiterin wirkt etwas zu dick aufgetragen. Grundsätzlich hat der ORF mit "Walking on Sunshine" aber eine gute, weil auch dunkle Serie im Programm. So lustig fröhlich wie beim gleichnamigen Song von Katrina & The Waves geht es in der Serie jedenfalls nicht zu. Aber das kann man von einer Serie, die beim ORF spielt, wohl ohnehin nicht erwarten.

Die zehn Folgen von "Walking on Sunshine" sind ab dem 7. Januar immer montags ab 20:15 Uhr in ORF eins zu sehen. Zum Auftakt gibt es eine Doppelfolge.