Etwas überraschend hat ProSiebenSat.1 am 22. April seine Geschäftszahlen für das erste Quartal 2020 veröffentlicht - damals noch in einer vorläufigen Version (DWDL.de berichtete). Eigentlich war das für den heutigen 7. Mai angekündigt. Nun hat man die damals veröffentlichten Zahlen noch einmal bestätigt. Kurz zusammengefasst: Der Konzern-Umsatz stieg leicht, obwohl die Erlöse in der SevenOne Entertainment Group wegen stark sinkender Werbeerlöse um drei Prozent zurückgingen. 

Bei der Vorstellung der endgültigen Zahlen verwies Rainer Beaujean, Vorstandssprecher & Finanzvorstand der ProSiebenSat.1 Media SE, auf die deutlich gestiegenen Nutzungszahlen seit Mitte März. Das Fernsehen sei das Medium der Stunde, so Beaujean. Umso bitterer ist es, dass die Werbeerlöse regelrecht wegbrechen. Allein im April gingen sie um rund 40 Prozent zurück. Weil die Situation derzeit sehr volatil ist, traut man sich in Unterföhring auch keinen Blick in die Zukunft zu. Der Konzern hat weder eine neue Prognose für das Gesamtjahr noch für das zweite Quartal, das ja immerhin schon fast zur Hälfte vorüber ist, abgegeben. 

Beaujean zeigte sich am Donnerstag aber recht zuversichtlich, dass Deutschland und Österreich schneller aus der Krise kommen werden als andere Länder. In diesem Zusammenhang lobte er auch das schnelle Krisenmanagement der Regierungen in Berlin und Wien. Gleichzeitig versuchte er, hörbar aufgeregt und mit vielen Verhasplern, die Gesamtsituation einzuordnen. So sagte Beaujean, der Weltwirtschaft drohe die größte Rezession seit den 30er Jahren. Das geht natürlich auch an ProSiebenSat.1 nicht spurlos vorbei. 

Immerhin keine wichtigen Sportrechte

Das kurzfristige Ziel von ProSiebenSat.1 ist daher nun auch erst einmal, so gut wie möglich durch die Krise zu kommen. Angekündigt hatte man deshalb ja auch erste Kostensenkungen, so setzt man in der NuCom Group auf Kurzarbeit, im Entertainment-Bereich kürzt man 50 Millionen Euro an geplanten Programm-Investitionen. Dazu sagte Rainer Beaujean unter anderem, dass er keinen negativen Effekt auf Reichweite oder Marktanteile erwarte. Auch RTL und die Öffentlich-Rechtlichen hätten nach Angaben des Vorstandssprechers schließlich Einschränkungen - Beaujean verweist hier auf Sportevents, die derzeit nicht stattfinden und daher auch nicht übertragen werden können. In diesem Fall wird es für ProSiebenSat.1 also zum Vorteil, selbst keine wirklich hochkarätigen Spot-Rechte zu besitzen.

Gleichzeitig bestätigte Beaujean den zuletzt angekündigten Strategieschwenk mit einem stärkeren Fokus auf das eigentliche Kerngeschäft Entertainment. Man habe in den deutschsprachigen Ländern marktführende Positionen inne und wolle mehr aus den Kernkompetenzen machen, so Beaujean. Wenn die Krise vorbei ist, will man daher auch überprüfen, wie viel die anderen Bereiche zum Kerngeschäft beitragen. Alle Segmente stehen also auf dem Prüfstand, auch ein Verkauf von Teilbereichen steht zur Diskussion. Das hatte man bereits im März bei der Abberufung von Max Conze angekündigt. Man werde hier aber den "optimalen Zeitpunkt" abwarten, um für die Aktionäre Werte zu schaffen, so Beaujean jetzt. 

Was macht Mediaset?

Interessante Einblicke hatte der neue Vorstandssprecher auch in Sachen Mediaset zu berichten. Die Italiener kauften zuletzt immer mehr ProSiebenSat.1-Anteile, erst vor einigen Tagen sicherte man sich eine faktische Sperrminorität (DWDL.de berichtete). Von Journalisten im Anschluss an die Zahlen-Vorstellung darauf angesprochen, wollte Beaujean erst wenig sagen - und gab auf Rückfrage einen spannenden Einblick. So erklärte er, Mediaset habe sich derzeit erst rund zehn Prozent direkt an ProSiebenSat.1 gesichert. Der Rest seien Derivate - also das Recht, Aktien zu einem späteren Zeitpunkt zu kaufen.

Wie die Mediaset-Strategie in Sachen ProSiebenSat.1 aussieht, wird wohl spätestens im Juni klar sein. Am 10. Juni hält der Konzern nämlich seine Hauptversammlung ab, die wie berichtet nur online stattfindet. Bis zum 3. Juni müssen die Stimmrechte für Abstimmungen bei der Hauptversammlung angemeldet werden. Dann wird man sehen, ob Mediaset sich tatsächlich nur mit einem Platz in der zweiten Reihe zufrieden gibt und sich ansieht, was ProSiebenSat.1 zu berichten hat. Oder ob die Italiener tatsächlich ihre rund 25 Prozent geltend machen - dann ist davon auszugehen, das sie auch mitreden wollen. 

Cash, Cash, Cash

Neben Mediaset wird man sich in Unterföhring aber vor allem darauf konzentrieren, die Liquidität des Konzerns aufrechtzuerhalten. Die oben beschriebenen Maßnahmen sollen ebenso dazu beitragen wie der geplante Ausfall der Dividende für das Geschäftsjahr 2019 und die im April angekündigte Inanspruchnahme einer syndizierten revolvierenden Kreditfazilität (DWDL.de berichtete). Zum Ende des ersten Quartals 2020 verfügte ProSiebenSat.1 über einen Barmittelbestand in Höhe von 898 Millionen Euro. Damit kommt man gut durch die nächsten Wochen. Im April 2021 wird allerdings eine 600-Millionen-Euro-Anleihe fällig. 

Mehr zum Thema