Bundesinnenminister Horst Seehofer übt in einer Reaktion auf die Entscheidung des Presserats, dass die in der "taz" erschienene Kolumne "All cops are berufsunfähig" von der Meinungsfreiheit gedeckt sei und keinen Verstoß gegen den Pressekodex darstelle, Kritik an dem Gremium. Polizistinnen und Polizisten würden darin öffentlich als Müll bezeichnet, so Seehofer. "Der Deutsche Presserat hält dies für eine Geschmacksfrage. Für mich ist diese Bewertung eine unerträgliche Verharmlosung."

Der Beschwerdeausschuss des Presserats hatte hingegen erklärt: "Die Interpretation einiger Beschwerdeführer, Polizisten würden mit Müll gleichgesetzt, ist aus Sicht des Gremiums nicht zwingend. Es handelt sich hier um ein drastisches Gedankenspiel, das aber – wie aus der Kolumne hervorgeht – Raum für unterschiedliche Interpretationen bietet und daher noch unter die Meinungsfreiheit fällt."

In Seehofers Statement heißt es: "Wenn eine ganze Berufsgruppe, die tagtäglich den Kopf für uns hinhält, in dieser brachialen Weise bewusst herabgesetzt und verunglimpft wird, geht es nicht mehr um Geschmack, sondern um unser gemeinsames Wertesystem. Wenn man sagen darf, dass Menschen auf den Müll gehören, ist dieses Wertesystem ganz offenkundig aus den Fugen geraten. Solche Haltungen sind für den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht förderlich, sondern wirken spaltend. Die Polizei muss scharfe Kritik aushalten, aber Kritik darf niemandem die Menschenwürde absprechen. Als Bundesinnenminister, als Mensch und als Christ werde ich eine solche Sprache niemals akzeptieren, sondern immer meine Stimme dagegen erheben."

Dieses Statement ruft nun wiederum Kritik durch den Deutschen Journalisten-Verband hervor. "Horst Seehofer hat nicht nur Aufgaben als Polizeiminister, sondern ist als Verfassungsminister auch
Hüter der Grundwerte. Einer dieser Grundwerte ist die Presse- und Meinungsfreiheit, die der
Innenminister in seiner Erklärung mit keinem Wort erwähnt", erklärt der DJV-Vorsitzende Frank Überall. Mit darauf, dass die Berliner Staatsanwaltschaft laut "Tagesspiegel" aufgrund eines fehlenden Anfangsverdachts die eingegangenen Strafanzeigen gegen die Autorin nicht weiter verfolgt, sagt Überall: "Horst Seehofer ist innerhalb von zwei Tagen zweimal gescheitert. Statt wild um sich zu schlagen, sollte er sein eigenes Wertesystem einer kritischen Prüfung unterziehen." Allerdings hatte Seehofer zwar zwischenzeitlich mit einer Strafanzeige gedroht, sie dann aber doch nicht gestellt.

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