Unter dem Titel "Bedingt sendefähig" hat der "Spiegel" über die angeblich langsame Berichterstattung von ARD und ZDF in Bezug auf die jüngsten Ereignisse in den USA berichtet. In dem Text beruft man sich auch auf eine anonyme Quelle von ARD aktuell. Demnach habe man in Hamburg, wo "Tagesschau" und "Tagesthemen" entstehen, eine schnellere Unterbrechung im Ersten gefordert, als ein von Donald Trump angestachelter Mob das Kapitol stürmte. Der Flaschenhals aber liege in der Münchner Programmdirektion - und damit bei Volker Herres. 

Der will die Anschuldigungen nun allerdings nicht auf sich sitzen lassen und hat sich in einer Pressemitteilung zu den Vorwürfen geäußert. "Dass diese angebliche Aussage anonym ist, verwundert nicht, denn sie ist schlichtweg falsch", sagt der Programmdirektor des Ersten. Nach den ersten Meldungen aus Washington habe es eine kontinuierliche Abstimmung mit Marcus Bornheim, Chefredakteur ARD aktuell, gegeben. "Es wurden der Breaking-News-Crawl im laufenden Spielfilm und das ‘Tagesthemen extra’ um 21.45 Uhr verabredet."

Herres weiter: "Wegen der unsicheren Situation in Washington war ARD aktuell erst ab 23.00 Uhr im Ersten sendebereit." Daraufhin sei der Spielfilm um 23 Uhr abgebrochen und in den vorgezogenen 'Tagesthemen' direkt in die US-Hauptstadt geschaltet worden. Dass Herres von "angeblichen Aussagen" im "Spiegel" spricht, ist durchaus brisant. Er wirft dem Nachrichtenmagazin damit indirekt vor, die Informationen möglicherweise erfunden zu haben. 

In dem "Spiegel"-Bericht geht es auch um ZDF-Journalist Claus Kleber, der seinen fast 370.000 Followern am Abend des Aufstands empfahl, CNN einzuschalten - und eben nicht beispielsweise die Online-Berichterstattung der "heute"-Kollegen. Gegenüber dem "Spiegel" erklärte Kleber, er hätte besser auch auf "ZDF heute" verwiesen. "Die waren gut und waren dran". Das Online-Angebot müsse noch bekannter werden, sagte unterdessen ZDF-Vize-Chefredakteurin Bettina Schausten. 

Kritik an ARD und ZDF gab es am Tag des Aufstands auch von Ulrich Deppendorf, ehemaliger Chefredakteur von ARD aktuell und Ex-Studioleiter des ARD-Hauptstadtbüros. "In Washington gibt es einen Anschlag auf die US-Demokratie und Das Erste sendet Hans Albers! Verstehen tue ich das nicht mehr. Auch nicht das ZDF", twitterte Deppendorf. Wulf Schmiese, Redaktionsleiter des "heute journals", erklärte gegenüber dem "Spiegel", dass man schon vergleichsweise früh am Abend technisch in der Lage war, das Programm zu unterbrechen. Man habe sich aber bewusst dagegen entschieden. "Wenn man alles stehen und liegen lässt, um schnell auf Sendung zu gehen, kommt man über das pure Draufhalten nicht hinaus. Wir müssen sorgfältig sein, nicht nur schnell."

Und es ist nicht so, als hätten ARD und ZDF den ganzen Abend über hinweg Dokus gesendet. Das Erste sendete um 21:45 Uhr ein "Tagesthemen extra", die reguläre Ausgabe der Nachrichtensendung wurde später verlängert. Das ZDF nahm nach dem "heute journal" noch ein Spezial der Sendung ins Programm, auch bei "Markus Lanz" ging es um die Ausschreitungen. Und dann war da ja auch noch Phoenix, der als erster deutscher Sender um 20:40 Uhr das laufende Programm unterbrach und über die Ereignisse berichtete. Man hätte besser auf das Programm von Phoenix hinweisen müssen, erklärte Marcus Bornheim im "Spiegel". Und da kann auch Volker Herres zustimmen: "Dieser Hinweis wäre gestern Abend richtig gewesen", wird er im "Spiegel" zitiert. 

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