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RTL kann den Abwärtstrend nicht stoppen

Jahres-MA 2017 RTL

Nachdem sich der seit 2012 anhaltende Abwärtstrend in den letzten Jahren verlangsamt hatte, musste der Dauermarktführer in diesem Jahr wieder einen deutlicheren Abschlag von 0,6 Prozentpunkten auf nur noch 12,2 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen hinnehmen. Ebenso stark ging's beim Gesamtpublikum bergab, wo man die Zweistelligkeit mit nur noch 9,2 Prozent Marktanteil nun klar aus den Augen verloren. Besonders bitter lief's zum Jahresende: Im Dezember kam RTL nur noch auf einen Marktanteil von 10,9 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Schlechter sah es für den Sender in seiner Geschichte - von den ersten Wochen nach Sendestart mal abgesehen - nur in den EM/WM-Monaten 2016 und 2014 aus. Die gute Nachricht: Der Januar wird diesen Tiefpunkt mit Sicherheit wieder vergessen machen, dafür sorgt schon allein das Dschungelcamp.

Als größten Erfolg nimmt RTL aus diesem Jahr noch mit, dass es mit "Magda macht das schon" gelang, neben "Der Lehrer" und dem Dauerbrenner "Alarm für Cobra 11" noch eine dritte eigenproduzierte Serie erfolgreich zu etablieren. Mit den anderen Serien-Neustarts hatte RTL zwar weniger Glück, doch der Sender hat zuletzt so fleißig produziert, dass in den nächsten Wochen und Monaten eine ganze Reihe weiterer neuer deutscher Serien in den Startlöchern stehen. Das ist aber auch nötig, denn in Sachen US-Ware steht RTL nach dem Ende des zuletzt ohnehin nur noch mäßig laufenden "Bones" nun quasi völlig blank da. Da man sich das Geld für US-Deals gespart hat und stattdessen in Eigenentwicklungen investierte, ist der Sender hier nun immerhin wieder seines eigenen Glückes Schmied - ob sich das auszahlt, werden schon die kommenden Wochen zeigen.

Dass es für RTL 2017 weiter bergab ging, lag auch am Schwächeln wichtiger Stützpfeiler. "DSDS" war während der Castingphase zwar wieder ein großer Erfolg - der Versuch, mit einer Konzeptänderung die Castings in die Recalls auszudehnen, ging aber völlig nach hinten los und drückte auch noch die Live-Shows in die Tiefe. Auch das "Supertalent" war in diesem Jahr nicht mehr so gefragt wie zuletzt - das Zugpferd Bohlen zeigt also offensichtlich Verschleißerscheinungen. Eine Pause kann RTL ihm aber angesichts der schieren Menge an Sendezeit, die er füllt, kaum zugestehen, zumal auch andere Shows wie "Die Puppenstars", "The Wall", "5 gegen Jauch" oder "Dance Dance Dance" allenfalls tiefes Mittelmaß waren. Einer der wenigen durchschlagenden Erfolge der letzten Jahre im Showbereich war "Ninja Warrior Germany".Nun hofft man, das mit "Big Bounce" wiederholen zu können. Doch nicht nur im Show-Bereich gab's Enttäuschungen, auch Formate wie "This time next Year" oder die Neuauflage von "Rach, der Restauranttester" enttäuschten. Da wird man aufatmen, dass zumindest auf Kuppelformate wie "Der Bachelor" und "Bauer sucht Frau" Verlass war.

Um den Abwärtstrend zu durchbrechen, wird es aber vor allem auf eines ankommen: Die Sanierung des Nachmittagsprogramms. Schon im Frühjahr hatte RTL angekündigt, sich hier u.a. vom "Blaulicht-Report" zu trennen. Dass das Format noch immer in Doppelfolgen im Programm ist, spricht Bände. Eigentlich müsste RTL hier längst kräftig experimentieren - doch die Sorge davor, die  verbliebenen Blaulicht-Zuschauer umgehend an Sat.1 zu verlieren, hemmt hier. Trotzdem: Lange kann RTL mit einer Neugestaltung des Nachmittags nicht mehr warten.

Sat.1: Schwaches Jahr mit Lichtblick am Ende

Jahres-MA 2017 Sat.1

Auch Sat.1 hat so seine Sorgen am Nachmittag: Die Versoßung des gesamten Tagesprogramms mit "Auf Streife" rächt sich nun schneller als man bei Sat.1 "Totsenden" buchstabieren kann. "Klinik am Südring" läuft zwar etwas besser, taugt aber auch nicht als alleiniges Allheilmittel, auch wenn Sat.1 schon wieder Gefahr läuft, mit der Ausdehnung der Sendezeit den gleichen Fehler zu begehen. Immerhin: So groß wie bei RTL ist der Veränderungsdruck am Nachmittag bei Sat.1 nicht, um so höher aber am Vorabend. Man darf gespannt sein, wie Kaspar Pflüger diesen in den kommenden Monaten neu aufstellen wird. Vom erfolgreichen "Frühstücksfernsehen" lernen heißt siegen lernen, ist dort die vage ausgegebene Hoffnung, ohne dass man bislang ins Detail ging. Man darf gespannt sein, ob dem Publikum ein ähnliches Rezept auch am Vorabend schmeckt.

Wichtig wäre ein Erfolg dort, um den Abwärtstrend des Senders endlich zu stoppen - von der Hoffnung auf zweistellige Werte hat man sich wohl ohnehin schon verabschiedet. 2017 hat man diese jedenfalls noch weiter aus den Augen verloren. 8,4 Prozent betrug der Jahresmarktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen noch, weitere 0,3 Prozentpunkte weniger als im Jahr zuvor. Beim Gesamtpublikum, wo der Marktanteil übrigens 2011 ebenfalls noch zweistellig war, ging es noch deutlicher auf nun 6,7 Prozent Marktanteil nach unten.

Die größeren Baustellen hat Sat.1 derzeit tatsächlich am Vorabend, während es in der Primetime meist passabel läuft. Die US-Krimis am Montag und Donnerstag bringen Sat.1 zwar nicht voran, laufen alles in allem aber solide, die Wiederbelebung des Fun-Freitags zahlt sich aus, auch wenn weitere Formate benötigt werden, Luke Mockridge erweist sich als Glücksgriff für den Sender und "The Voice" sowie dessen Kids-Ableger bestehen auch am Sonntagabend - wo es allerdings nicht gelang, mit anderen Shows zu punkten, was im Frühjahr reihenweise Flops produzierte. Inzwischen hat man's aufgegeben und zeigt in der "Voice"-losen Zeit eben Filme. Schwach auf der Brust ist Sat.1 unterdessen weiterhin in Sachen eigenproduzierter Serien, wo mit "Einstein" derzeit nur eine einzige im Portfolio ist, die solide läuft, ohne wirklich zu glänzen. Wenn es aber zumindest gelingt, einige Film-Reihen am Dienstagabend erfolgreich zu platzieren, dann ist das schonmal ein Anfang.

Immerhin: Nach einem schwachen Start in den Herbst lief es in den letzten drei Monaten des Jahres mit im Schnitt 8,7 Prozent so gut wie schon länger nicht mehr. Auf dieses Fundament müsste man jetzt nur aufbauen - was ohne "The Voice" und gegen das im Januar stets starke RTL aber zumindest im kommenden Monat nicht leicht werden dürfte.


Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.5; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;