Es war die teuerste Shoppingtour, die das deutsche Fernsehen in den vergangenen Jahren erlebt hat und das Tempo bemerkenswert: Finanzinvestor KKR unter operativer Führung von Medienmanager Fred Kogel übernahmen seit Ende Februar zunächst Herbert Kloibers Tele München Gruppe, kurz darauf folgten der Erwerb von Universum Film und Günther Jauchs Produktionsfirma i&u TV. Und dann kam Anfang April noch Wiedemann & Berg Film hinzu. Weniger als sieben Wochen waren da vergangen, dass der Finanzinvestor nach seinem Ausstieg bei ProSiebenSat.1 im Jahr 2014 seine Rückkehr in den deutschen Medienmarkt ankündigte und mit ihm der frühere Sat.1-Chef, Produzent und Constantin-CEO Fred Kogel wieder die Bühne betritt. 

"Wir freuen uns sehr, die erste Phase unseres Unternehmensaufbaus gemeinsam mit Fred Kogel erfolgreich abzuschließen“, sagte Philipp Freise, Partner und Leiter des europäischen Investmentteams für Technologie, Medien und Telekommunikation bei KKR vor gut einem Monat, als man die Übernahme des Film-Geschäfts von Wiedemann & Berg vermeldete. Für den Juni erwarte man den formalen Abschluss aller Transaktionen. Man konzentriere sich jetzt darauf, die Expertise und das Know-how aller vier Unternehmen so zusammenzubringen, "dass wirklich Innovatives entsteht". Ziel sei es immer gewesen, ein "Entertainment-Haus für audiovisuelle Inhalte aufzubauen und nicht nur einzelne Unternehmen zu kaufen".

Ein unabhängiges deutsches Medienunternehmen aufzubauen, ist das von Fred Kogel erklärte Vorhaben. In den Bereichen Produktion und Distribution ist man mit den Zukäufen nun bereits prominent aufgestellt. Welche Rolle aber wird eigentlich das Broadcasting für das noch namenlose neue Medienhaus spielen? Immerhin gehört der Fernsehsender Tele 5 gänzlich zum Unternehmen. Und gemeinsam mit der Walt Disney Company hält man 31,5 Prozent an RTL II. Ist das werbefinanzierte Fernsehen im Jahr 2019 noch ein Investment mit Wachstumsfantasie? KKR investiert bekanntlich nicht aus Sendungsbewusstsein, sondern mit Wachstumszielen und lukrativem Exit im Sinn, wann immer er auch kommen möge.

Mit sieben Werten zum Erfolg?

Natürlich: Sowohl Tele 5 als auch RTL II erwirtschaften Gewinne, die man gerne mitnimmt. Ob jedoch ein quirliger Minisender mit exzentrischem Geschäftsführer und eine Minderheitsbeteiligung beim jungen Reality-Sender RTL II in jetziger Form auf Dauer strategische Assets sind, darf man bezweifeln. Könnte sich also zum ersten Mal seit Gründung von RTL II etwas im Gesellschafterkreis verändern? Greift die RTL Group bzw. Mediengruppe RTL Deutschland nach der Mehrheit oder haben gar KKR und Kogel die Ambitionen, mit ihrem Medienhaus gleich zwei Fernsehsender mehrheitlich zu kontrollieren? Und geht es für Kai Blasbergs Tele 5 unter Kogel genauso weiter wie unter Kloiber?

Antworten auf diese Fragen gibt es aktuell noch nicht. In den kommenden Wochen wolle man sich äußern, heißt es derzeit bei Interview-Anfragen. Anfang Mai gab es immerhin schon einmal mehr Klarheit für die Mitarbeiter des entstehenden Medienhauses. Von der internen Veranstaltung am 2. Mai in München drang allerdings wenig nach außen. Vom "House of brilliant ideas" war auf der Bühne die Rede, wie das Medienmagazin DWDL.de erfuhr. Dies sei die Vision von KKR und Fred Kogel. Man baue dabei laut Präsentation auf sieben Werte: Bescheidenheit, Leidenschaft, Team, Kundennähe, Glaubwürdigkeit, Energie sowie - zusammengefasst - Kreativität & Disziplin. Was der Management-Sprech allerdings konkret im Tagesgeschäft bedeutet, bleibt abzuwarten. 

Es lässt aber erahnen: Bei so viel strategischem Überbau und der Vision will man offenbar das ganz große Rad drehen. Es sei ja auch nur die erste Phase des Unternehmensaufbaus abgeschlossen, hieß es im April. An denkbaren Übernahme-Kandidaten mangelt es schließlich nicht. Und ein Wiedersehen mit dem ein oder anderen zuletzt freigestellten deutschen Fernsehmacher bei der Unternehmung von KKR und Fred Kogel ist auch zu erwarten. Spätestens bis zu den Screenforce Days Ende Juni, dem großen TV-Vermarkter-Event, der sich schnell zum wichtigsten Branchentreff gemausert hat, soll mehr Klarheit herrschen über die Ambitionen des neuen Medienhauses.

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