1. Die Rückkehr des Studiopublikums!

Erst war es schlagartig weg, dann kurz wieder da, und so langsam haben wir uns daran gewöhnt, dass der Applaus in den Unterhaltungsshows des deutschen Fernsehens vom Band kommt, weil da aus Infektionsschutzgründen niemand rumatmen und Luftzirkulationsübungen mit seinen Händen praktizieren darf – aber schöner ist's schon, wenn im Studio irgendwann mal wieder live geklatscht werden kann!

2. Weniger Fußgängerzonenfernsehen!

Kein Bock auf Recherche mit Ecken und Kanten? Frag einfach Passanten! – so lautet ein altes (gerade von mir erfundenes) TV-Sprichwort. Ist ja in Ordnung, sich zu relevanten Themen auch mal mit der Kamera auf der Straße umzuhören. Aber langsam nervt es gewaltig, wie sehr sich RBB & Co. darauf spezialisiert haben, Fußgängerzonenumfragen als ernsthafte Regionalberichterstattung auszugeben.

3. Mehr Aufmerksamkeit für Alltagsrealitäten!

Die meisten guten Themen liegen vielleicht nicht auf der Straße, erstaunlich oft aber dort, wo das Fernsehen viel zu selten regelmäßig hinsieht: in kleineren Städten und Gemeinden, auf dem Land, im Osten Deutschlands. Dabei sind die Alltagsrealitäten der dort lebenden Menschen oft ähnlich interessant und vielschichtig wie das Weltgeschehen. Auch wenn der Auftakt holprig geriet: Mit ihrer "mittendrin"-Rubrik haben die "Tagesthemen" das registriert und anerkannt. Mehr davon!

4. Kürzere Werktagsshows!

Die Verlockung ist nachvollziehbar, liebes Pro Sieben; aber "Masked Singer" wäre noch ein bisschen toller, wenn ihr euer Publikum in der nächsten Staffel dabei unterstützen könntet, sich am Werktag nach der Ausstrahlung nicht völlig übermüdet ins Homeoffice rollen zu müssen, weil die Promi-Enttarnung am Abend zuvor schon wieder bis halb zwölf hinausgezögert wurde.

5. Eine ernsthafte Debatte über unsere Erwartungen an ARD und ZDF!

Die Blockade der Rundfunkbeitragserhöhung durch Sachsen-Anhalt ist vielleicht nicht der ideale Anlass, aber auf jeden Fall ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass die Politik es endlich hinkriegen muss, den Auftrag für ARD und ZDF so zu formulieren, dass er in die aktuelle Zeit passt – auch wenn das notwendige Einschränkungen für die Sender bedeutet. Packt das endlich an und lasst uns mitreden! (Und zwar nicht nur die, die am lautesten schreien.)

6. Ein Dauerauftrag für Carolin Kebekus!

Sie hat doch schon unzählige Male bewiesen, dass sie's kann, und das geradezu bravourös mit ihrer neuen Personality-Show im Ersten – also lasst Carolin Kebekus endlich regelmäßig ins Spätabendfernsehen, anstatt nach acht Ausgaben wieder monatelang Sendepause zu machen.

6. Wachsende Freude an der Relevanz!

RTL zeigt regelmäßig Nachrichten-Spezials zur besten Sendezeit, ProSieben räumt ganze Abende für gesellschaftskritische Dokumentationen frei – die neue Relevanz steht den Privatsendern hervorragend. Selbst wenn absehbar ist, dass künftig nicht alles davon mit Spitzenquoten belohnt werden wird: Ihr helft damit nicht nur, andere Zielgruppen zu erreichen als ARD und ZDF es könnten; sondern auch euch selbst dabei, endlich als Akteure im gesellschaftlichen Dialog wahr- und ernstgenommen zu werden.

7. Sendungen, die halten, was sie versprechen!

Als TVNow im vergangenen Jahr sein neues Late-Night-Format "Täglich frisch geröstet" vorankündigte, klang das stark nach Stefan-Raab-Reinkarnation, versendete sich aber merkwürdig uninspiriert in einer Ministaffel mit einem leisten Pffffft. Klar darf für neue Projekte auch etwas lauter getrommelt werden. Aber dann muss das Ergebnis auch halbwegs halten, was vorher versprochen ward. Gut, dass sich "TFG" im Januar nochmal neu beweisen kann.

8. Ein Aufhalten der RTLzwei-Werdung von Sat.1!

"Deutlich lauter" werden wollte Sender-Chef Kaspar Pflüger im vergangenen Jahr mit Sat.1 und startete dafür  ein Reality-Format nach dem nächsten. Das hat dem Ex-Kuschelsender ein paar beachtliche Quotenerfolge beschert – aber halt auch ein paar hässliche Schlagzeilen und ein handfestes Imageproblem. Im neuen Jahr scheint es so weitergehen zu sollen. Was kann Sat.1, das nicht auch einfach anderswo laufen könnte?

9. Ein eigenes TV-Zuhause für Gute-Laune-Garanten!

¡Hola, chicas! Egal ob als Juroren oder Gäste: Manche TV-Stars bringen verlässlich ansteckend gute Laune ins deutsche Fernsehen, also gebt Jorge González und Rea Garvey doch endlich eine (jeweils) eigene Show, in der sie sich zuhause fühlen können. Das Vox-Desaster "Chicas Walk Academy" und den ProSieben-Flop "Musicshake" haben wir längst vergessen und verziehen!

10. Noch konsequentere Mediatheken-Priorisierung!

Um die 30- bis 49-Jährigen nicht komplett an Netflix & Co. zu verlieren, haben sich ARD und ZDF auf die Fahnen geschrieben, ihre Mediatheken massiv zu stärken und dort Inhalte anzubieten, die den Interessen und Sehgewohnheiten der Mittelalten entsprechen. Ein Anfang ist gemacht. Damit die Strategie aber aufgeht, braucht es künftig eine sehr viel klarere Gleichberechtigung von linearen und non-linearen Kanälen.

11. Ein Jungbrunnen für RTL!

"Supertalent", "Bauer sucht Frau", "Versicherungsdetektive", "DSDS", "Schwiegertochter gesucht": Weite Strecken des RTL-Programms lasen sich im vergangenen Jahr wie ein Programmzeitschriften-Nachdruck von 2010. Ist ja schön, dass man in Köln so viele Dauerbrenner in petto hat. Sich für die Innovationspflicht reflexartig auf TVNow zu verlassen, wird auf Dauer aber schief gehen.

12. Echte Talentförderung!

Schockschwerenot: Es wollen gar nicht alle jungen Leute Influencer werden! Manchen würde Fernsehmoderatorin bzw. Fernsehmoderator völlig ausreichen. Man muss sie aber halt auch lassen, und am besten nicht nur in der Nische. Nix gegen Pflaume, Pilawa und Kerner – aber wenn die Sender dem Publikum keine neuen Gesichter zumuten, wird Fernsehen irgendwann endgültig zum Methusalem-Medium.

Und damit: Frohes neues Jahr und zurück nach Köln.