Nach dem Erfolg der ersten beiden Staffeln von "Babylon Berlin" ist die Erwaltungshaltung an die dritte entsprechend hoch. Wie sind Sie mit dieser Herausforderung umgegangen?

Der große Vorteil war, dass die Autoren und wir über die dritte Staffel schon konkret nachgedacht hatten, bevor die erste überhaupt herauskam. Die äußeren Einflüsse haben nur bedingt eine Rolle gespielt, weil Achim, Henk und Tom immer eine klare Vision hatten. Insofern ging es bei der dritten Staffel darum, den bereits eingeschlagenen Weg unter Berücksichtigung aller Erfahrungen aus den ersten beiden Staffeln fortzuführen, der vermeintliche Druck von außen hat da keine große Rolle gespielt.

Haben diese Erfahrungen Ihnen die Produktionslogistik leichter gemacht?

Nein, leichter wird das nicht. Das liegt aber in der Natur der Sache, wenn man eine so komplexe historische Geschichte erzählt. In der Organisation der Produktion, für die vor allem Uwe Schott mit einem großartigen Produktionsteam verantwortlich ist, gibt es immer wieder neue Herausforderungen. Immerhin können wir mittlerweile auf einem gewissen Erfahrungsschatz aufbauen, was etwa geeignete Motive oder die Beschaffung von historischen Kostümen angeht.

Mit der Entwicklung der Miniserie "Die verlorene Tochter" hatten Sie schon 2013 begonnen. Warum hat es so lange gedauert?

Als mir Christian Jeltsch bei einem Treffen von der Idee erzählte, war ich sofort fasziniert. Wir haben das Projekt damals aber trotz aller Bemühungen nicht realisieren können. Vielleicht waren wir mit der Geschichte oder der Erzählstruktur einfach zu früh dran. Wir haben gemeinsam erst einmal die ARD-Vorabendserie "Unter Gaunern" für Radio Bremen gemacht. Ein paar Jahre später klingelte das Telefon und Axel Laustroer vom ZDF fragte mich: Was ist eigentlich aus diesem tollen Projekt geworden? Dann waren wir uns relativ schnell mit dem ZDF einig und haben die Entwicklung gemeinsam mit meinem Produzentenkollegen Uwe Urbas weitergeführt.

Nach vier Münchner und zwei Bremer "Tatorten" dürfen Sie aktuell den zweiteiligen Jubiläums-"Tatort" zum 50-Jährigen für WDR und BR produzieren – als Crossover zwischen den Ermittlerteams aus Dortmund und München. Wird man da von der ARD gefragt oder bewirbt man sich darum?

Die Verantwortlichen der beiden ARD-Anstalten haben uns gefragt. Durch unsere bisherigen Arbeiten an diesem Format hat man uns wohl zugetraut, dass wir in Zusammenarbeit mit den Kreativen die Richtigen sein könnten. Das freut mich besonders, weil wir mit unseren "Tatorten" immer wieder Grenzen ausgetestet haben, was aber wiederum auch viel mit der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Stephanie Heckner beim BR oder Annette Strelow bei Radio Bremen zu tun hat. Neu für mich ist bei diesem Projekt die Zusammenarbeit mit Frank Tönsmann, der für das Dortmunder Team beim WDR zuständig ist. Für den Jubiläums-Zweiteiler haben wir mit Bernd Lange einen sehr versierten Autor gewinnen können, der beide Teile geschrieben hat und für den großen Bogen verantwortlich zeichnet; mit Dominik Graf und Pia Strietmann haben wir zwei ganz unterschiedliche Regiehandschriften aus zwei verschiedenen Generationen bei dem Projekt. Das macht inhaltlich einen sehr großen Reiz aus.

Drehstart © WDR/X Filme/Frank Dicks
Crossover zum "Tatort"-Jubiläum: Produzent Michael Polle (r.) und Regisseur Dominik Graf (l.) rahmen die Kommissare aus München und Dortmund ein

Sie haben vorhin "Furia" angesprochen, Ihre erste internationale Serien-Koproduktion mit Monster Scripted aus Norwegen. Wie haben Sie zueinander gefunden?

Die Kollegen von Monster Scripted haben das Projekt auf der Suche nach Partnern beim "CoPro Series"-Pitch auf der Berlinale 2018 präsentiert. Ich bin direkt nach der Präsentation zu ihnen gegangen und habe unseren Hut in den Ring geworfen. Gjermund Eriksen hat einen ebenso brisanten wie relevanten Thriller über Rechtsterrorismus in Europa geschrieben. Als wir dazukamen, gab es zwei Drehbücher und ein Staffeldesign für acht Episoden – und die klare Vision einer starken deutschen Komponente. Wir fangen im Mai an zu drehen – die ersten drei Folgen in Norwegen mit Magnus Martens als Regisseur, die weiteren fünf überwiegend in Deutschland mit Lars Kraume. Mit dem ZDF auf deutscher Seite, der Streaming-Plattform Viaplay in Skandinavien und Keshet International als Weltvertrieb ist wieder eine Partnerschaft zusammengekommen, die es in dieser Konstellation noch nicht gab. 

Soll das für Sie der Auftakt zu mehr internationalen Koproduktionen sein?

Definitiv. Das ist ein Feld, in dem wir uns verstärkt engagieren wollen, nicht zuletzt inspiriert durch die Koproduktionen im Kinobereich. Wichtig ist uns dabei, dass wir mehr machen als reine Ko-Finanzierungen. Wir suchen bei jedem Projekt nach einem inhaltlich getriebenen Grund, warum es eine Koproduktion mit uns sein sollte. Vor "Furia" hatten wir viele Projekte gelesen, die durchaus auch spannend waren, aber diese Frage nicht zwingend beantworten konnten.

Herr Polle, herzlichen Dank für das Gespräch.

"Babylon Berlin" läuft freitags um 20:15 Uhr in Doppelfolgen auf Sky 1 sowie parallel auf Sky Ticket. Der "Tatort: Unklare Lage" ist am Sonntag um 20:15 Uhr im Ersten und in der ARD-Mediathek zu sehen. "Die verlorene Tochter" startet am Montag um 20:15 Uhr im ZDF und steht bereits mit allen sechs Folgen in der ZDF-Mediathek zum Abruf.

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