Dass unter der Maske des Faultiers nur Stefan Raab stecken konnte, war für etliche Zuschauer der zweiten "The Masked Singer"-Staffel ausgemachte Sache. Der von ProSieben gern genährte Irrglaube zeigte deutlich, wie schmerzlich das Publikum den Entertainment-Frührentner vermisst. Was seine Anhänger nicht ahnen konnten: Als Geschäftsmann hat Raab durchaus eine Verbindung zu "The Masked Singer". Immerhin ist die Erfolgsshow eine Produktion seiner Firmengruppe.

Was im Detail "sein" ist, hat sich in jüngster Vergangenheit verändert. Seit Anfang November ist Raab nämlich nicht mehr direkt an seiner langjährigen Produktionsfirma Brainpool TV beteiligt. Dafür hält er inzwischen aber zehn Prozent der Anteile an deren neuer Konzernmutter, der Banijay Germany GmbH. Eine DWDL.de-Anfrage, ob er sich als Gesellschafter jenseits seiner eigenen Produktionen nun auch in strategische Fragen des Konzerns einbringe, ließen Raab und Banijay unbeantwortet.

Mit der notariellen Feststellung der neuen Gesellschafterliste der Brainpool Beteiligungsgesellschaft mbH endete am 5. November ein langwieriges Kapitel: Nach Übertragung von Raabs Anteilen auf die Banijay Germany GmbH ist letztere jetzt alleinige Gesellschafterin bei Brainpool. Eigentlich hatte Raab seine 12,5 Prozent bereits im Februar 2018 an die französische Produktionsgruppe veräußern wollen – und damit bekanntlich einen heftigen Rechtsstreit zwischen Banijay und den übrigen Brainpool-Altgesellschaftern ausgelöst. Im Mai 2019 zogen diese ihren Widerspruch gegen den Anteilsverkauf schließlich zurück, und im Juni 2020 kündigte Banijay an, auch die Anteile von Jörg Grabosch, Ralf Günther und Andreas Scheuermann zu übernehmen. Notariell vollzogen wurde dieser Schritt freilich erst am 4. November, einen Tag vor Übertragung der Raab-Anteile.

Marcus Wolter © Steffen Z Wolff Banijay-Boss Marcus Wolter
Operativ bleibt Raabs Rolle unverändert: Als Produzent der 100-prozentigen Brainpool-Tochter Raab TV bringt er Formate wie "Täglich frisch geröstet" (RTL) oder "Schlag den Star" (ProSieben) auf den Bildschirm und hält sich selbst strikt hinter der Kamera auf. Im Gesellschafterkreis von Banijay Germany hat er es mit zwei Firmen zu tun: Die Pariser Holding Banijay Entertainment hält 80 Prozent der Anteile, weitere zehn Prozent liegen bei der Woltertainment GmbH. Letztere gehört Banijay- und Brainpool-Geschäftsführer Marcus Wolter, der sie im Februar 2018 – unmittelbar nach seinem Ausscheiden als Endemol-Shine-Geschäftsführer – zum "Halten und Verwalten eigenen Vermögens" gegründet hatte.

Die Gesellschafter der Banijay Germany GmbH

 Gesellschafter Sitz Anteil
Banijay Entertainment S.A.S. Paris 80,0 %
       ⇧ Banijay Group S.A.S. Paris 100,0 % 
                      ⇧ LDH S.A.S. Paris  67,1 % 
                      ⇧ Vivendi S.E. Paris  32,9 % 
Woltertainment GmbH Köln 10,0 % 
       ⇧ Marcus Wolter Hamburg  100,0 % 
Stefan Raab  Köln  10,0 % 

Quelle: Handelsregister / Banijay Germany / Banijay Group

Zusammengenommen legen die Ereignisse aus jenem Februar vor drei Jahren nahe, wie synchron Wolter, Raab und Banijay von Beginn an ihre künftige Aufstellung geplant haben: Während Wolter sich für seine Rolle als Geschäftsführer und Mitgesellschafter bereit machte, die zwei Monate später offiziell verkündet wurde, öffnete Raab mit seinem geplanten Anteilsverkauf ein wichtiges Einfallstor für die Franzosen. Wie eng die beiden Weggefährten, die ihre TV-Karrieren Mitte der 90er gemeinsam als Producer bzw. Moderator der Viva-Kultshow "Vivasion" starteten, bis heute verbunden sind, zeigt auch die Tatsache, dass Wolter seit Februar 2019 zusätzlich zu seinen Aufgaben bei Banijay Geschäftsführer von Raabs persönlicher Unternehmergesellschaft Entera ist.

Als Banijay-Gesellschafter ist Raab nun mittelbar nicht nur an Brainpool beteiligt, sondern auch an den weiteren deutschen Konzerntöchtern. Der Banijay Germany GmbH, die ihren Geschäftssitz vor wenigen Tagen von Köln-Lindenthal zum Brainpool-Sitz in Köln-Mülheim verlegt hat, gehört ebenfalls zu 100 Prozent die Good Times Fernsehproduktion. Zu 72,5 Prozent ist die Holding an der Banijay Productions Germany beteiligt, an der Wolter über seine Woltertainment weitere 22,5 Prozent hält.

Zwar übt Wolter auch die faktische Aufsicht über Endemol Shine Germany aus, doch formell ist der "Masked Singer"-Produzent keine Banijay-Germany-Beteiligung. Alleingesellschafterin der Endemol Shine Group Germany GmbH ist die niederländische Endemol Shine OpCo Holding, die über mehrere Zwischengesellschaften zur Banijay Group gehört. Gesellschafterbeschlüsse wie die Berufung von Ute März und Fabian Tobias zu Geschäftsführern im Juli 2020 unterzeichnet daher nicht Wolter, sondern Nicolas Chazarain, Chief Legal Officer der Pariser Zentrale.

Die Beteiligungen der Banijay Germany GmbH

 Firma Sitz Anteil
Banijay Productions Germany GmbH Köln 72,5 %
       ⇧ Woltertainment GmbH Köln 22,5 % 
                      ⇧ Marcus Wolter Hamburg  100,0 % 
       ⇧ argo Entertainment GmbH Köln  5,0 % 
                      ⇧ Arno Schneppenheim Köln 100,0 % 
Brainpool Beteiligungsgesellschaft mbH Köln  100,0 % 
Endemol Shine Group Germany GmbH Köln - - - - -  
       ⇧ Endemol Shine OpCo Holding B.V. Amsterdam 100,0 % 
Good Times Fernsehproduktions-GmbH  Köln  100,0 % 
Only Good People Künstlermanagement GmbH Köln 51,0 %
       ⇧ Nina Brkan Köln 49,0 %
SR Management GmbH Köln 53,0 %
       ⇧ Sascha Rinne Köln 47,0 %

Quelle: Handelsregister / Banijay Germany

Legt man die Geschäftszahlen von 2019 zugrunde, so ist Brainpool die größte der Banijay-Einheiten. Mit 77,4 Millionen Euro Umsatz und einem Jahresüberschuss von 7,6 Millionen Euro verzeichnete die Brainpool Beteiligungsgesellschaft einen deutlichen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr, während Endemol Shine Germany mit 66,1 Millionen Euro Umsatz leicht schrumpfte, aber mit einem Nachsteuerergebnis von 14,1 Millionen Euro die bessere Rendite erwirtschaftete. Dem Vernehmen nach sind Umsätze und Erlöse im Jahr 2020 trotz Pandemie gewachsen, sowohl bei Brainpool und Endemol Shine als auch in der Gruppe insgesamt.

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