Als vor zwei Jahren im April dort, wo der Südwestrundfunk (SWR) sein neues Medienzentrum in Baden-Baden plant, das Richtfest gefeiert wurde, herrschten noch Corona-Bedingungen. Auf eine große Party musste also verzichtet werden. Und auch jetzt, kurz vor dem Ende der Baumaßnahmen, ist vielen nicht nach Feiern zumute. Das hat nicht nur mit den gestiegenen Kosten zu tun: Bei 63,5 Millionen Euro liegt der Prognosewert inzwischen, teilte ein SWR-Sprecher gegenüber DWDL.de mit Verweis auf die "Entwicklungen im Bausektor" mit.

Der Preis liegt inzwischen fast doppelt so hoch wie vor genau zehn Jahren angenommen. Damals hatte der SWR noch von 35 Millionen Euro gesprochen, die man am Standort Baden-Baden investieren möchte. Tatsächlich hat sich am Konzept seither noch einmal einiges verändert: War man ursprünglich noch vom Verbleib einiger Gebäude auf dem Gelände ausgegangen, so war später von einer Konkretisierung die Rede - und von rund 50 Millionen Euro. Eine Zahl, die man nun also ebenfalls noch einmal deutlich überschreiten wird. 

Ob die Gegenfinanzierung ausreicht, ließ der Sender zuletzt offen. Doch ermöglicht werden soll der Bau etwa durch den Verkauf eines Grundstücks, auf dem nun hochwerte Wohnungen entstehen. An einen "Palast für gehobene Ansprüche" erinnere ihn das Medienzentrum, erklärte der Baden-Badener Stadtrat und FDP-Fraktionsvorsitzende Rolf Pilarski kürzlich gegenüber der "Berliner Zeitung" und bezeichnete den Umstand, dass auf dem vom SWR an den Höchstbietenden verkauften Grundstück nun vorwiegend Wohnraum für den gehobenen Mittelstand entstehen und nicht sehr günstige Wohnungen, als "sozial ungerecht".

Medienzentrum in Baden-Baden © SWR
Das Projekt selbst erforderte ebenfalls großen Aufwand, immerhin ging es zunächst darum, 42.000 Kubikmeter Stein mit Sprengstoff zu entfernen - weitere Sprengungen waren zudem nötig, um die insgesamt rund 400 neuen Wohnungen mit fast 600 unterirdischen Autostellplätzen errichten zu können. Immerhin: Die Eröffnung des SWR-Neubaus rückt näher: "Unmittelbar nach den Sommerferien in Baden-Württemberg" sei der Einzug geplant, heißt es vom Sender. Dann sollen für die mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier einziehen werden, 330 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. "Bei den Planungen wurde bereits von Anfang an Desk Sharing berücksichtigt", erklärt ein SWR-Sprecher. 

Konkret ist die Rede von "modernen Redaktions- und Büroarbeitsplätzen", daneben sollen auch ein Tagungs- und Eventbereich sowie eine Kantine Platz finden. "Vor allem der neu entstehende 24/7 Bereich mit Playout-Center (POC), Media Operations Center (MOC), Service Operations Center (SOC) und einem 24/7-Studio bündelt die Ressourcen und führt so zu mehr Effizienz und Synergien", stellt der Sender die Vorzüge dar. Vom POC laufe in Zukunft die Sendeabwicklung für die linearen Fernsehprogramme - und zwar nicht nur des SWR Fernsehen aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, sondern auch des SR Fernsehen sowie von ARD-alpha, BR Fernsehen und HR Fernsehen.

Im multimedialen und standortübergreifenden MOC wiederum werde zukünftig das Management aller Ein- und Ausgangssignale, die den SWR erreichen und verlassen, gebündelt. Im Gegenzug werden also die dezentralen Hörfunk- und Fernseh-Schalträume in Mainz und Stuttgart aufgelöst und in Baden-Baden zusammengefasst. Ein kleines Studio soll darüber hinaus für Schaltgespräche auch für andere Standorte oder Rundfunkanstalten sowie für Erklärstücke der hier beheimateten Fachredaktionen zur Verfügung stehen.  Darüber hinaus sollen weitere Redaktionen aus den Programmdirektionen Information und Kultur sowie aus den Hauptabteilungen Plattformen und Analytics sowie Information, Dokumentation und Archive in das Medienzentrum einziehen.

"Mit dem Neubau werden am Standort Baden-Baden sehr gute räumliche Voraussetzungen für die Redaktionen geschaffen, um ein gutes Umfeld für die programmliche Weiterentwicklung bieten zu können", betont ein Sendersprecher gegenüber DWDL.de. Dass zuletzt vermehrt SWR-Produktionen abgezogen und beendet wurden - darunter etwa das "Nachtcafé", das fortan in Mainz entstehen soll -, ist davon offenbar unberührt. Tatsächlich konnte zuletzt der Eindruck entstehen, dass der Standort Baden-Baden für den SWR an Relevanz verliert, was angesichts des millionenschweren Neubaus freilich bemerkenswert wäre.

In Mainz folgt die nächste Baustelle

Die nächste SWR-Baustelle kündigt sich bereits an, diesmal am rheinland-pfälzischen Standort in Mainz. Dort soll das "Multimediale Aktualitätshaus" entstehen, wie es der SWR formuliert. Zwar wurde auch eine eine Sanierung des sogenannten "Bauteils 1", der seit 1970 in Betrieb ist, geprüft. Ein Neubau hat sich jedoch als die wirtschaftlichere Alternative erwiesen, weil die Realisierung des Vorhabens parallel zum laufenden Betrieb durchgeführt werden könne.

Geplant ist nun eine Überbauung des Parkdecks. Das sei "der richtige Weg, die erforderliche Flächenerweiterung für multimediale Aufgaben am Standort Mainz kompakt und mit kurzen Wegen zu ermöglichen", erklärte SWR-Verwaltungsdirektor Jan Büttner vor einem Jahr, "ganz abgesehen von der Vermeidung einer zusätzlichen Bodenverdichtung oder -versiegelung, die ansonsten mit einem Neubau einherginge".

Aktualitätshaus © SWR Die Planungen für das "Aktualitätshaus" am SWR-Standort in Mainz.

Nach aktuellem Stand sei mit einer Inbetriebnahme im Jahr 2027 zu rechnen, heißt es von Seiten des Senders. Und weiter: "Durch den Neubau sollen auch am Standort Mainz moderne, multimediale Raumstrukturen geschaffen sowie Betriebs- und Instandhaltungskosten nachhaltig reduziert werden."

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