Nach etwa zehn Minuten der neuen RTLzwei-Vorabendsoap "Waidendorf" platzt es aus Figur Robin heraus: "Der Horror hat einen Namen: 'Waidendorf'", sagt er zu seiner Serienhalbschwester Doro. Nun, Selbsterkenntnis?! In der Tat lässt die in einem bayerischen Dorf verortete Serie Raum für Kritik. Da wären etwa die überaus hölzernen Dialoge, klischeebehaftete Figuren und ähnlich geartete Bildkompositionen. Wieso diese von Youngest Media produzierte Serie mehr verfangen soll als das lang gelaufene und ebenfalls eine junge Zielgruppe im Fokus habende "Krass Schule" erschließt sich nicht.

Was auf der Autofahrt von Köln nach Waidendorf mit einem kuriosen Salami-Streit auf dem elterlichen Autorücksitz beginnt, setzt sich vor Ort angekommen mit einer Klischeeüberladung fort, die in einem vermeintlichen Magic-Moment zwischen Robin und einer hübsch vorbeifahrenden langhaarigen Blondine gipfelt. Gemäß der Story der Serie wird die Patchwork-Familie im Dorf schon sehnlichst erwartet. Jeder weiß von ihrer Ankunft, ist Vater Stefan doch schließlich der neue Polizist am Orte. So ist das eben am Dorf. Da passiert so wenig, dass die Ankunft des neuen Sheriffs die einzige relevante Nachricht ist, die es beim Bäcker zu besprechen gilt.

Weitaus größer fällt da schon die Überraschung der Kinder aus, für wie wenig Geld man doch auf dem Land beim Bäcker einkaufen kann oder dass es im kompletten Dorf offenbar kein vegetarisches Essen gibt. Für die Drehbuchschreibenden ist "Waidendorf" also vermutlich zwar nicht die Vorhölle, aber irgendwie doch kurz nach der Steinzeit stehen geblieben, geografisch zudem so etwas wie das einsamste Fleckchen überhaupt. Optisch irgendwo zwischen "Sturm der Liebe" und "Köln 50667" angesiedelt und musikalisch zwischen – kein Witz – ABBA und den wummernden Bässen des EDM-Hits "Lonely" (von Tujamo, Vize und Majan), ergießt sich eine schier unerträgliche Aneinanderreihung von Culture-Clash-Momenten, die so wenig überzeugend sind, dass man den Darstellenden fast keinen Vorwurf machen kann, sie schlecht gespielt zu haben. Da passt es ins Bild, dass es Katzen sind, die für den ersten wohlfühligen Moment der neuangekommenen Jugendlichen in ihrer künftigen Heimat sorgen…

15 Folgen haben Zuschauerinnen und Zuschauer nun Zeit, der Patchworkfamilie beim Bestehen der Herausforderungen (die auf dem Sofa sitzend wirklich eben solche sind!) zuzuschauen. Schade, dass das Leben auf dem Land und die dort beheimateten Menschen derart platt, rückständig und einfältig dargestellt werden.

Letztlich ist es der Sender RTLzwei selbst, der im Bereich der vorabendlichen Serien, die er selbst als authentische und innovative Soaps bezeichnet, wahre Innovationsfreude vermissen lässt und sich fragen muss, eventuell in Rückstand geraten zu sein. Vermutlich ist auch das der Grund, warum keiner der Versuche, den Erfolg von "Berlin – Tag & Nacht" sowie "Köln 50667" nochmals zu kopieren, bisher funktioniert hat, egal ob dieser im Krankenhaus, in Leipzig, auf Fuerteventura oder einer Influencer-WG angesiedelt war.

Gemäß der Storylines von "Waidendorf" müsste hinter eben jenem Ort sicherlich der große Bretterzaun kommen, hinter dem die Welt nicht weitergeht. Genau darüber kann man auch jenes Format hängen – und dort belassen.

"Waidendorf", 15 Folgen ab sofort werktags um 17:05 Uhr bei RTLzwei und on demand bei TVNow.